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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

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Cap. 3. Von der Einrichtung
Daß man
die An-
zahl der
Leute in
jedem
Stande
zu deter-
minir
en
hat.
§. 282.

Da nun nicht möglich ist, daß
alle genung Arbeit haben, so viel nemlich
als zu ihrem Unterhalt erfordert wird, wenn
in einem gewissen Stande, er mag Nah-
men haben wie er will, z. E. in einem Hand-
wercke, der Leute zu viel werden; so hat
man auch die Anzahl in einem jeden Stan-
de nach Erforderung der Umstände zu de-
terminir
en.

Daß die
Gelegen-
heit zum
Müßig-
gange zu
beneh-
men.
§. 283.

Damit ein jeder, der arbeiten
kan, so viel arbeite als er sol, und über-
haupt ein jeder fleißig in acht nehme, was
seines Amtes ist; so hat man alle Gelegen-
heit zu benehmen, wodurch wollüstige Leu-
te zum Müßiggange können verleitet wer-
den, als wodurch sie nicht allein verabsäu-
men, was sie hätten erwerben können, son-
dern auch unnöthig verschwenden, was sie
hätten erspaaren sollen, und dadurch öff-
ters sich und die ihrigen muthwillig in Ar-
muth setzen.

Noth-
wendig-
keit der
Schulen
und Aca-
demien.
§. 284.

Ein jeder Mensch ist verbunden
nach Erkänntniß dessen zu trachten, was
ihm in denen Verrichtungen, die er ver-
möge seiner Lebens-Art vorzunehmen hat,
dienlich ist (§. 256 Mor.), und sonderlich
nach der Erkäntniß des guten und bösen zu
streben (§. 263 Mor.). Derowegen da
man im gemeinen Wesen davor zu sorgen
hat, daß es niemanden an Gelegenheit feh-
le, zu dieser Erkänntniß zu gelangen; so hat

man
Cap. 3. Von der Einrichtung
Daß man
die An-
zahl der
Leute in
jedem
Stande
zu deter-
minir
en
hat.
§. 282.

Da nun nicht moͤglich iſt, daß
alle genung Arbeit haben, ſo viel nemlich
als zu ihrem Unterhalt erfordert wird, wenn
in einem gewiſſen Stande, er mag Nah-
men haben wie er will, z. E. in einem Hand-
wercke, der Leute zu viel werden; ſo hat
man auch die Anzahl in einem jeden Stan-
de nach Erforderung der Umſtaͤnde zu de-
terminir
en.

Daß die
Gelegen-
heit zum
Muͤßig-
gange zu
beneh-
men.
§. 283.

Damit ein jeder, der arbeiten
kan, ſo viel arbeite als er ſol, und uͤber-
haupt ein jeder fleißig in acht nehme, was
ſeines Amtes iſt; ſo hat man alle Gelegen-
heit zu benehmen, wodurch wolluͤſtige Leu-
te zum Muͤßiggange koͤnnen verleitet wer-
den, als wodurch ſie nicht allein verabſaͤu-
men, was ſie haͤtten erwerben koͤnnen, ſon-
dern auch unnoͤthig verſchwenden, was ſie
haͤtten erſpaaren ſollen, und dadurch oͤff-
ters ſich und die ihrigen muthwillig in Ar-
muth ſetzen.

Noth-
wendig-
keit der
Schulen
und Aca-
demien.
§. 284.

Ein jeder Menſch iſt verbunden
nach Erkaͤnntniß deſſen zu trachten, was
ihm in denen Verrichtungen, die er ver-
moͤge ſeiner Lebens-Art vorzunehmen hat,
dienlich iſt (§. 256 Mor.), und ſonderlich
nach der Erkaͤntniß des guten und boͤſen zu
ſtreben (§. 263 Mor.). Derowegen da
man im gemeinen Weſen davor zu ſorgen
hat, daß es niemanden an Gelegenheit feh-
le, zu dieſer Erkaͤnntniß zu gelangen; ſo hat

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[208/0226] Cap. 3. Von der Einrichtung §. 282.Da nun nicht moͤglich iſt, daß alle genung Arbeit haben, ſo viel nemlich als zu ihrem Unterhalt erfordert wird, wenn in einem gewiſſen Stande, er mag Nah- men haben wie er will, z. E. in einem Hand- wercke, der Leute zu viel werden; ſo hat man auch die Anzahl in einem jeden Stan- de nach Erforderung der Umſtaͤnde zu de- terminiren. §. 283.Damit ein jeder, der arbeiten kan, ſo viel arbeite als er ſol, und uͤber- haupt ein jeder fleißig in acht nehme, was ſeines Amtes iſt; ſo hat man alle Gelegen- heit zu benehmen, wodurch wolluͤſtige Leu- te zum Muͤßiggange koͤnnen verleitet wer- den, als wodurch ſie nicht allein verabſaͤu- men, was ſie haͤtten erwerben koͤnnen, ſon- dern auch unnoͤthig verſchwenden, was ſie haͤtten erſpaaren ſollen, und dadurch oͤff- ters ſich und die ihrigen muthwillig in Ar- muth ſetzen. §. 284.Ein jeder Menſch iſt verbunden nach Erkaͤnntniß deſſen zu trachten, was ihm in denen Verrichtungen, die er ver- moͤge ſeiner Lebens-Art vorzunehmen hat, dienlich iſt (§. 256 Mor.), und ſonderlich nach der Erkaͤntniß des guten und boͤſen zu ſtreben (§. 263 Mor.). Derowegen da man im gemeinen Weſen davor zu ſorgen hat, daß es niemanden an Gelegenheit feh- le, zu dieſer Erkaͤnntniß zu gelangen; ſo hat man

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/226>, abgerufen am 28.03.2024.