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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

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Arten des gemeinen Wesens.
dert werden sol; so beruhet es auf dem
blossen Glücke, wenn er dergleichen bekom-
met (§. 1002 Met.). Und demnach ist es
besser, wenn der Monarche selbst so beschaf-
fen, wie er vorhin beschrieben worden.

§. 248.

Jndem wir diejenigen GründeWoher
Tyran-
ney kom-
met.

erwegen, warumb eine Monarchie möglich
ist (§. 247); so können wir daraus zugleich
erkennen, woraus die Tyranney kommet,
als welche ihr entgegen gesetzet ist (§. 234),
nemlich aus Unverstande, Untugend und
Mangel der Liebe zu den Unterthanen. Da
nun hier ein grosser Unterscheid bey verschie-
denen Personen sich befinden kan; so ist
auch die Tyranney dem Grade nach gar
sehr unterschieden, und wird daher die ge-
meine Wahlfahrt und Sicherheit bald
mehr, bald weniger gekräncket. Es ist
nicht nöthig ausführlicher hiervon zu reden:
wer aus der Sitten-Lehre die Untugenden
der Menschen und böse Affecten verstehet,
dabey aber erweget, wie sie demjenigen zu
wieder sind, was von einem guten Monar-
chen (§. 247) erfordert wird; der wird vor
sich finden können, was hier könte weiter ge-
saget werden.

§. 249.

Man muß sich aber wohl inBehut-
samkeit/
die bey
Beur-
theilung
der Ty-
ranney
zuge-
brauchen.

acht nehmen, daß man nicht gleich ein je-
des Versehen oder Abweichen von den Re-
geln der Monarchie zur Tyranney rechnet.
Denn da es unmöglich ist, daß ein Mo-

nar-
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Arten des gemeinen Weſens.
dert werden ſol; ſo beruhet es auf dem
bloſſen Gluͤcke, wenn er dergleichen bekom-
met (§. 1002 Met.). Und demnach iſt es
beſſer, wenn der Monarche ſelbſt ſo beſchaf-
fen, wie er vorhin beſchrieben worden.

§. 248.

Jndem wir diejenigen GruͤndeWoher
Tyran-
ney kom-
met.

erwegen, warumb eine Monarchie moͤglich
iſt (§. 247); ſo koͤnnen wir daraus zugleich
erkennen, woraus die Tyranney kommet,
als welche ihr entgegen geſetzet iſt (§. 234),
nemlich aus Unverſtande, Untugend und
Mangel der Liebe zu den Unterthanen. Da
nun hier ein groſſer Unterſcheid bey verſchie-
denen Perſonen ſich befinden kan; ſo iſt
auch die Tyranney dem Grade nach gar
ſehr unterſchieden, und wird daher die ge-
meine Wahlfahrt und Sicherheit bald
mehr, bald weniger gekraͤncket. Es iſt
nicht noͤthig ausfuͤhrlicher hiervon zu reden:
wer aus der Sitten-Lehre die Untugenden
der Menſchen und boͤſe Affecten verſtehet,
dabey aber erweget, wie ſie demjenigen zu
wieder ſind, was von einem guten Monar-
chen (§. 247) erfordert wird; der wird vor
ſich finden koͤnnen, was hier koͤnte weiter ge-
ſaget werden.

§. 249.

Man muß ſich aber wohl inBehut-
ſamkeit/
die bey
Beur-
theilung
der Ty-
ranney
zuge-
brauchen.

acht nehmen, daß man nicht gleich ein je-
des Verſehen oder Abweichen von den Re-
geln der Monarchie zur Tyranney rechnet.
Denn da es unmoͤglich iſt, daß ein Mo-

nar-
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[181/0199] Arten des gemeinen Weſens. dert werden ſol; ſo beruhet es auf dem bloſſen Gluͤcke, wenn er dergleichen bekom- met (§. 1002 Met.). Und demnach iſt es beſſer, wenn der Monarche ſelbſt ſo beſchaf- fen, wie er vorhin beſchrieben worden. §. 248.Jndem wir diejenigen Gruͤnde erwegen, warumb eine Monarchie moͤglich iſt (§. 247); ſo koͤnnen wir daraus zugleich erkennen, woraus die Tyranney kommet, als welche ihr entgegen geſetzet iſt (§. 234), nemlich aus Unverſtande, Untugend und Mangel der Liebe zu den Unterthanen. Da nun hier ein groſſer Unterſcheid bey verſchie- denen Perſonen ſich befinden kan; ſo iſt auch die Tyranney dem Grade nach gar ſehr unterſchieden, und wird daher die ge- meine Wahlfahrt und Sicherheit bald mehr, bald weniger gekraͤncket. Es iſt nicht noͤthig ausfuͤhrlicher hiervon zu reden: wer aus der Sitten-Lehre die Untugenden der Menſchen und boͤſe Affecten verſtehet, dabey aber erweget, wie ſie demjenigen zu wieder ſind, was von einem guten Monar- chen (§. 247) erfordert wird; der wird vor ſich finden koͤnnen, was hier koͤnte weiter ge- ſaget werden. Woher Tyran- ney kom- met. §. 249.Man muß ſich aber wohl in acht nehmen, daß man nicht gleich ein je- des Verſehen oder Abweichen von den Re- geln der Monarchie zur Tyranney rechnet. Denn da es unmoͤglich iſt, daß ein Mo- nar- Behut- ſamkeit/ die bey Beur- theilung der Ty- ranney zuge- brauchen. M 3

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/199>, abgerufen am 19.04.2024.