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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

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Arten des gemeinen Wesens.
cherheit herschet: hingegen die Tyranney
ist eine Regierungs-Forme, da ein eini-
ger zu Beförderung seines besonderen In-
teresses
herrschet.

§. 235.

Wenn die Sorge für die ge-Was die
Aristo-
cratie
und Oli-
garchie
ist.

meine Wohlfahrt und Sicherheit einigen
aufgetragen wird, und zwar abermahl
schlechter Dinges, so daß sie ohne der übri-
gen Einwilligung anordnen können, was
sie für gut befinden; so nennet man die
Regierungs-Forme eine Aristocratie:
welche zur Olichargie wird, wenn die re-
gierenden Personen wieder die gemejne
Wohlfahrt und Sicherheit mit Vorsatz
handeln und nur ihr besonderes Interes-
se
zu ihrer Haupt-Absicht machen. Sol-
chergestalt ist die Aristocratie eine Re-
gierungs-Forme, da einige zu Beförde-
rung der gemeinen Wohlfahrt und Si-
cherheit herrschen: Hingegen die Oligar-
chie
ist eine Regierungs-Forme, da eini-
ge zu Beförderung ihres besonderen In-
teresses
mit Hintansetzung der gemeinen
Wohlfahrt und Sicherheit herrschen.

§. 236.

Wenn die Sorge für die ge-Was die
Politie
und De-
mocratie
ist.

meine Wohlfahrt und Sicherheit der gan-
tzen Gemeine verbleibet, dergestalt, daß nichts
ohne aller Einwilligung verordnet werden
kan; so nennet man es eine Politie: wel-
che zu einer Democratie wird, wo es bloß
nach dem gehet, was der gemeine Pöbel

ihm

Arten des gemeinen Weſens.
cherheit herſchet: hingegen die Tyranney
iſt eine Regierungs-Forme, da ein eini-
ger zu Befoͤrderung ſeines beſonderen In-
tereſſes
herrſchet.

§. 235.

Wenn die Sorge fuͤr die ge-Was die
Ariſto-
cratie
und Oli-
garchie
iſt.

meine Wohlfahrt und Sicherheit einigen
aufgetragen wird, und zwar abermahl
ſchlechter Dinges, ſo daß ſie ohne der uͤbri-
gen Einwilligung anordnen koͤnnen, was
ſie fuͤr gut befinden; ſo nennet man die
Regierungs-Forme eine Ariſtocratie:
welche zur Olichargie wird, wenn die re-
gierenden Perſonen wieder die gemejne
Wohlfahrt und Sicherheit mit Vorſatz
handeln und nur ihr beſonderes Intereſ-
ſe
zu ihrer Haupt-Abſicht machen. Sol-
chergeſtalt iſt die Ariſtocratie eine Re-
gierungs-Forme, da einige zu Befoͤrde-
rung der gemeinen Wohlfahrt und Si-
cherheit herrſchen: Hingegen die Oligar-
chie
iſt eine Regierungs-Forme, da eini-
ge zu Befoͤrderung ihres beſonderen In-
tereſſes
mit Hintanſetzung der gemeinen
Wohlfahrt und Sicherheit herrſchen.

§. 236.

Wenn die Sorge fuͤr die ge-Was die
Politie
und De-
mocratie
iſt.

meine Wohlfahrt und Sicherheit der gan-
tzen Gemeine veꝛbleibet, deꝛgeſtalt, daß nichts
ohne aller Einwilligung verordnet werden
kan; ſo nennet man es eine Politie: wel-
che zu einer Democratie wird, wo es bloß
nach dem gehet, was der gemeine Poͤbel

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[171/0189] Arten des gemeinen Weſens. cherheit herſchet: hingegen die Tyranney iſt eine Regierungs-Forme, da ein eini- ger zu Befoͤrderung ſeines beſonderen In- tereſſes herrſchet. §. 235.Wenn die Sorge fuͤr die ge- meine Wohlfahrt und Sicherheit einigen aufgetragen wird, und zwar abermahl ſchlechter Dinges, ſo daß ſie ohne der uͤbri- gen Einwilligung anordnen koͤnnen, was ſie fuͤr gut befinden; ſo nennet man die Regierungs-Forme eine Ariſtocratie: welche zur Olichargie wird, wenn die re- gierenden Perſonen wieder die gemejne Wohlfahrt und Sicherheit mit Vorſatz handeln und nur ihr beſonderes Intereſ- ſe zu ihrer Haupt-Abſicht machen. Sol- chergeſtalt iſt die Ariſtocratie eine Re- gierungs-Forme, da einige zu Befoͤrde- rung der gemeinen Wohlfahrt und Si- cherheit herrſchen: Hingegen die Oligar- chie iſt eine Regierungs-Forme, da eini- ge zu Befoͤrderung ihres beſonderen In- tereſſes mit Hintanſetzung der gemeinen Wohlfahrt und Sicherheit herrſchen. Was die Ariſto- cratie und Oli- garchie iſt. §. 236.Wenn die Sorge fuͤr die ge- meine Wohlfahrt und Sicherheit der gan- tzen Gemeine veꝛbleibet, deꝛgeſtalt, daß nichts ohne aller Einwilligung verordnet werden kan; ſo nennet man es eine Politie: wel- che zu einer Democratie wird, wo es bloß nach dem gehet, was der gemeine Poͤbel ihm Was die Politie und De- mocratie iſt.

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/189>, abgerufen am 19.04.2024.