WEnn die Menschen allen Pflichten gegen die Seele, den Leib und ihren äusseren Zustand, die wir anderswo ausführlich abgehandelt (part. 2 Mor.) ein Gnügen thun und alle Bequem- lichkeiten des Lebens, die sie zu erlangen fä- hig sind, geniessen wollen; so müssen die vielfältigen Verrichtungen, die hierzu er- fordert werden, unter viele Menschen ein- getheilet werden. Die Menge und Man- nigfaltigkeit der Verrichtungen zeiget, wie vielerley Lebens-Arten und Handthierun- gen man von nöthen hat. Man bedencke nur, was für Bemühungen der Menschen dazu sind erfordert worden, daß einer sei- ne Kleidung erhalten, daß er eine Mahlzeit genossen, daß er zu einer Wissenschafft ge- langet, und so weiter fort. Gewiß man erstaunet, daß zu einer dem Ansehen nach öffters gantz kleinen Sache so viele Sorge,
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Der andere Theil Von dem gemeinen Weſen.
Das 1. Capitel/ Von dem gemeinen Weſen uͤberhaupt.
§. 210.
WEnn die Menſchen allen Pflichten gegen die Seele, den Leib und ihren aͤuſſeren Zuſtand, die wir anderswo ausfuͤhrlich abgehandelt (part. 2 Mor.) ein Gnuͤgen thun und alle Bequem- lichkeiten des Lebens, die ſie zu erlangen faͤ- hig ſind, genieſſen wollen; ſo muͤſſen die vielfaͤltigen Verrichtungen, die hierzu er- fordert werden, unter viele Menſchen ein- getheilet werden. Die Menge und Man- nigfaltigkeit der Verrichtungen zeiget, wie vielerley Lebens-Arten und Handthierun- gen man von noͤthen hat. Man bedencke nur, was fuͤr Bemuͤhungen der Menſchen dazu ſind erfordert worden, daß einer ſei- ne Kleidung erhalten, daß er eine Mahlzeit genoſſen, daß er zu einer Wiſſenſchafft ge- langet, und ſo weiter fort. Gewiß man erſtaunet, daß zu einer dem Anſehen nach oͤffters gantz kleinen Sache ſo viele Sorge,
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Der andere Theil
Von dem gemeinen
Weſen.
Das 1. Capitel/
Von dem gemeinen Weſen
uͤberhaupt.
§. 210.
WEnn die Menſchen allen Pflichten
gegen die Seele, den Leib und
ihren aͤuſſeren Zuſtand, die wir
anderswo ausfuͤhrlich abgehandelt (part. 2
Mor.) ein Gnuͤgen thun und alle Bequem-
lichkeiten des Lebens, die ſie zu erlangen faͤ-
hig ſind, genieſſen wollen; ſo muͤſſen die
vielfaͤltigen Verrichtungen, die hierzu er-
fordert werden, unter viele Menſchen ein-
getheilet werden. Die Menge und Man-
nigfaltigkeit der Verrichtungen zeiget, wie
vielerley Lebens-Arten und Handthierun-
gen man von noͤthen hat. Man bedencke
nur, was fuͤr Bemuͤhungen der Menſchen
dazu ſind erfordert worden, daß einer ſei-
ne Kleidung erhalten, daß er eine Mahlzeit
genoſſen, daß er zu einer Wiſſenſchafft ge-
langet, und ſo weiter fort. Gewiß man
erſtaunet, daß zu einer dem Anſehen nach
oͤffters gantz kleinen Sache ſo viele Sorge,
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/169>, abgerufen am 24.11.2024.
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