Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
Das 4. Cap. Von der
Nöthige
Errinne-
rung.
§. 174.

Damit nun aber ein Gesinde
wisse, was ihm zuthun oblieget, so muß
man es gleich anfangs zu allem anhalten,
und mit nichts verschonen: denn wenn man
einige Verrichtungen ihnen anfangs nicht
zugemuthet, nach diesem aber erst anfänget,
da sie derselben entwohnet sind; so ist es e-
ben so viel als wenn man ihnen zumuthete,
was ihnen zu thun nicht gebührete. Da-
her denn auch alles dasjenige erfolgen muß,
was in dem andern Falle erfolgen wür-
de.

Wie
Herr-
schafft
das Ge-
sinde zu
thren
Diensten
anzuhal-
ten.
§. 175.

Wenn einer in der Gesellschafft
nicht thun wil, was ihm oblieget, so hat
man Recht alle Mittel anzuwenden, wie
man ihn zu Beobachtung seiner Pflicht
bringet (§. 10). Derowegen wenn das
Gesinde seine Dienste nicht verrichten wil,
wie sichs gebühret; so ist auch der Herr-
schafft erlaubet alle Mittel zu gebrauchen,
wodurch sie es zu Verrichtung ihrer Dien-
ste bringen kan. Die besonderen Umstän-
de müssen es geben, was für welche man
zu erwehlen. Unterdessen gielt auch hier,
daß man nicht zum härteren schreiten muß,
so lange gelindere vorhanden (§. 871 Mor.).
Auch wird man leicht begreiffen, daß ver-
nünfftige Herrschafft, die des Gesindes be-
stes suchet (§. 13), mit dem Gesinde, wie
mit den Kindern, verfahren, und auf den
Unterscheid der Gemüther acht haben wird,

ob
Das 4. Cap. Von der
Noͤthige
Eꝛꝛinne-
rung.
§. 174.

Damit nun aber ein Geſinde
wiſſe, was ihm zuthun oblieget, ſo muß
man es gleich anfangs zu allem anhalten,
und mit nichts verſchonen: denn wenn man
einige Verrichtungen ihnen anfangs nicht
zugemuthet, nach dieſem aber erſt anfaͤnget,
da ſie derſelben entwohnet ſind; ſo iſt es e-
ben ſo viel als wenn man ihnen zumuthete,
was ihnen zu thun nicht gebuͤhrete. Da-
her denn auch alles dasjenige erfolgen muß,
was in dem andern Falle erfolgen wuͤr-
de.

Wie
Herr-
ſchafft
das Ge-
ſinde zu
thren
Dienſten
anzuhal-
ten.
§. 175.

Wenn einer in der Geſellſchafft
nicht thun wil, was ihm oblieget, ſo hat
man Recht alle Mittel anzuwenden, wie
man ihn zu Beobachtung ſeiner Pflicht
bringet (§. 10). Derowegen wenn das
Geſinde ſeine Dienſte nicht verrichten wil,
wie ſichs gebuͤhret; ſo iſt auch der Herr-
ſchafft erlaubet alle Mittel zu gebrauchen,
wodurch ſie es zu Verrichtung ihrer Dien-
ſte bringen kan. Die beſonderen Umſtaͤn-
de muͤſſen es geben, was fuͤr welche man
zu erwehlen. Unterdeſſen gielt auch hier,
daß man nicht zum haͤrteren ſchreiten muß,
ſo lange gelindere vorhanden (§. 871 Mor.).
Auch wird man leicht begreiffen, daß ver-
nuͤnfftige Herrſchafft, die des Geſindes be-
ſtes ſuchet (§. 13), mit dem Geſinde, wie
mit den Kindern, verfahren, und auf den
Unterſcheid der Gemuͤther acht haben wird,

ob
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0140" n="122"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das 4. Cap. Von der</hi> </fw><lb/>
              <note place="left">No&#x0364;thige<lb/>
E&#xA75B;&#xA75B;inne-<lb/>
rung.</note>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 174.</head>
              <p>Damit nun aber ein Ge&#x017F;inde<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;e, was ihm zuthun oblieget, &#x017F;o muß<lb/>
man es gleich anfangs zu allem anhalten,<lb/>
und mit nichts ver&#x017F;chonen: denn wenn man<lb/>
einige Verrichtungen ihnen anfangs nicht<lb/>
zugemuthet, nach die&#x017F;em aber er&#x017F;t anfa&#x0364;nget,<lb/>
da &#x017F;ie der&#x017F;elben entwohnet &#x017F;ind; &#x017F;o i&#x017F;t es e-<lb/>
ben &#x017F;o viel als wenn man ihnen zumuthete,<lb/>
was ihnen zu thun nicht gebu&#x0364;hrete. Da-<lb/>
her denn auch alles dasjenige erfolgen muß,<lb/>
was in dem andern Falle erfolgen wu&#x0364;r-<lb/>
de.</p><lb/>
              <note place="left">Wie<lb/>
Herr-<lb/>
&#x017F;chafft<lb/>
das Ge-<lb/>
&#x017F;inde zu<lb/>
thren<lb/>
Dien&#x017F;ten<lb/>
anzuhal-<lb/>
ten.</note>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 175.</head>
              <p>Wenn einer in der Ge&#x017F;ell&#x017F;chafft<lb/>
nicht thun wil, was ihm oblieget, &#x017F;o hat<lb/>
man Recht alle Mittel anzuwenden, wie<lb/>
man ihn zu Beobachtung &#x017F;einer Pflicht<lb/>
bringet (§. 10). Derowegen wenn das<lb/>
Ge&#x017F;inde &#x017F;eine Dien&#x017F;te nicht verrichten wil,<lb/>
wie &#x017F;ichs gebu&#x0364;hret; &#x017F;o i&#x017F;t auch der Herr-<lb/>
&#x017F;chafft erlaubet alle Mittel zu gebrauchen,<lb/>
wodurch &#x017F;ie es zu Verrichtung ihrer Dien-<lb/>
&#x017F;te bringen kan. Die be&#x017F;onderen Um&#x017F;ta&#x0364;n-<lb/>
de mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en es geben, was fu&#x0364;r welche man<lb/>
zu erwehlen. Unterde&#x017F;&#x017F;en gielt auch hier,<lb/>
daß man nicht zum ha&#x0364;rteren &#x017F;chreiten muß,<lb/>
&#x017F;o lange gelindere vorhanden (§. 871 <hi rendition="#aq">Mor.</hi>).<lb/>
Auch wird man leicht begreiffen, daß ver-<lb/>
nu&#x0364;nfftige Herr&#x017F;chafft, die des Ge&#x017F;indes be-<lb/>
&#x017F;tes &#x017F;uchet (§. 13), mit dem Ge&#x017F;inde, wie<lb/>
mit den Kindern, verfahren, und auf den<lb/>
Unter&#x017F;cheid der Gemu&#x0364;ther acht haben wird,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ob</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[122/0140] Das 4. Cap. Von der §. 174.Damit nun aber ein Geſinde wiſſe, was ihm zuthun oblieget, ſo muß man es gleich anfangs zu allem anhalten, und mit nichts verſchonen: denn wenn man einige Verrichtungen ihnen anfangs nicht zugemuthet, nach dieſem aber erſt anfaͤnget, da ſie derſelben entwohnet ſind; ſo iſt es e- ben ſo viel als wenn man ihnen zumuthete, was ihnen zu thun nicht gebuͤhrete. Da- her denn auch alles dasjenige erfolgen muß, was in dem andern Falle erfolgen wuͤr- de. §. 175.Wenn einer in der Geſellſchafft nicht thun wil, was ihm oblieget, ſo hat man Recht alle Mittel anzuwenden, wie man ihn zu Beobachtung ſeiner Pflicht bringet (§. 10). Derowegen wenn das Geſinde ſeine Dienſte nicht verrichten wil, wie ſichs gebuͤhret; ſo iſt auch der Herr- ſchafft erlaubet alle Mittel zu gebrauchen, wodurch ſie es zu Verrichtung ihrer Dien- ſte bringen kan. Die beſonderen Umſtaͤn- de muͤſſen es geben, was fuͤr welche man zu erwehlen. Unterdeſſen gielt auch hier, daß man nicht zum haͤrteren ſchreiten muß, ſo lange gelindere vorhanden (§. 871 Mor.). Auch wird man leicht begreiffen, daß ver- nuͤnfftige Herrſchafft, die des Geſindes be- ſtes ſuchet (§. 13), mit dem Geſinde, wie mit den Kindern, verfahren, und auf den Unterſcheid der Gemuͤther acht haben wird, ob

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/140
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/140>, abgerufen am 21.11.2024.