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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

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Das 4. Capitel Von der
Wie weit
das Ge-
sinde
nichts
vor sich
thun sol.
§. 172.

Derowegen können sie auch zu
derselben Zeit, da sie ihre Dienste zu ver-
richten haben, nichts vornehmen, was sie
allein vor ihre Person angehet, wenn es
nicht mit Verwilligung der Herrschafft ge-
schiehet, und lieget ihnen dannenhero ob die
Herrschafft erst zu bitten, daß sie es er-
lauben wolle. So sie es aber nicht erlau-
ben will, müssen sie sich es gefallen lassen,
weil in diesem Stücke der Wille der Herr-
schafft ihr Wille seyn muß (§. 171). Ob
nun zwar Herrschafft nicht nöthig hat ih-
nen Rede und Antwort zugeben, warumb
sie es nicht erlauben wil; so dienet es doch
das Gesinde williger zu erhalten, wenn
man ihnen zeiget, daß es mit Grunde ge-
schehe, zumahl wenn sich Gelegenheiten er-
eignen, da das beste des Gesindes selbst er-
fordert, daß man in ihre Bitte nicht wil-
liget. Unterdessen wenn sie sich gleich nicht
wolten weissen lassen, so muß die Herr-
schafft sich bloß auf ihren Willen beruffen,
damit sie erkennen, daß sie gehalten sind in
diesem Stücke den Willen der Herrschafft
ihren Willen seyn zu lassen (§. 171).

Was
Herr-
schafft
dem Ge-
sindenicht
zumuthen
sol.
§. 173.

Weil die Herrschafft nicht wei-
ter Macht hat dem Gesinde zu befehlen, als
was seine Dienste sind, zu denen es sich ver-
miethet (§. 171); so muß es ihm auch nichts
zumuthen, was dazu nicht gehöret, und
zwar umb so vielmehr, da sonst das Gesin-

de
Das 4. Capitel Von der
Wie weit
das Ge-
ſinde
nichts
vor ſich
thun ſol.
§. 172.

Derowegen koͤnnen ſie auch zu
derſelben Zeit, da ſie ihre Dienſte zu ver-
richten haben, nichts vornehmen, was ſie
allein vor ihre Perſon angehet, wenn es
nicht mit Verwilligung der Herrſchafft ge-
ſchiehet, und lieget ihnen dannenhero ob die
Herrſchafft erſt zu bitten, daß ſie es er-
lauben wolle. So ſie es aber nicht erlau-
ben will, muͤſſen ſie ſich es gefallen laſſen,
weil in dieſem Stuͤcke der Wille der Herr-
ſchafft ihr Wille ſeyn muß (§. 171). Ob
nun zwar Herrſchafft nicht noͤthig hat ih-
nen Rede und Antwort zugeben, warumb
ſie es nicht erlauben wil; ſo dienet es doch
das Geſinde williger zu erhalten, wenn
man ihnen zeiget, daß es mit Grunde ge-
ſchehe, zumahl wenn ſich Gelegenheiten er-
eignen, da das beſte des Geſindes ſelbſt er-
fordert, daß man in ihre Bitte nicht wil-
liget. Unterdeſſen wenn ſie ſich gleich nicht
wolten weiſſen laſſen, ſo muß die Herr-
ſchafft ſich bloß auf ihren Willen beruffen,
damit ſie erkennen, daß ſie gehalten ſind in
dieſem Stuͤcke den Willen der Herrſchafft
ihren Willen ſeyn zu laſſen (§. 171).

Was
Herr-
ſchafft
dem Ge-
ſindenicht
zumuthē
ſol.
§. 173.

Weil die Herrſchafft nicht wei-
ter Macht hat dem Geſinde zu befehlen, als
was ſeine Dienſte ſind, zu denen es ſich ver-
miethet (§. 171); ſo muß es ihm auch nichts
zumuthen, was dazu nicht gehoͤret, und
zwar umb ſo vielmehr, da ſonſt das Geſin-

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[120/0138] Das 4. Capitel Von der §. 172.Derowegen koͤnnen ſie auch zu derſelben Zeit, da ſie ihre Dienſte zu ver- richten haben, nichts vornehmen, was ſie allein vor ihre Perſon angehet, wenn es nicht mit Verwilligung der Herrſchafft ge- ſchiehet, und lieget ihnen dannenhero ob die Herrſchafft erſt zu bitten, daß ſie es er- lauben wolle. So ſie es aber nicht erlau- ben will, muͤſſen ſie ſich es gefallen laſſen, weil in dieſem Stuͤcke der Wille der Herr- ſchafft ihr Wille ſeyn muß (§. 171). Ob nun zwar Herrſchafft nicht noͤthig hat ih- nen Rede und Antwort zugeben, warumb ſie es nicht erlauben wil; ſo dienet es doch das Geſinde williger zu erhalten, wenn man ihnen zeiget, daß es mit Grunde ge- ſchehe, zumahl wenn ſich Gelegenheiten er- eignen, da das beſte des Geſindes ſelbſt er- fordert, daß man in ihre Bitte nicht wil- liget. Unterdeſſen wenn ſie ſich gleich nicht wolten weiſſen laſſen, ſo muß die Herr- ſchafft ſich bloß auf ihren Willen beruffen, damit ſie erkennen, daß ſie gehalten ſind in dieſem Stuͤcke den Willen der Herrſchafft ihren Willen ſeyn zu laſſen (§. 171). §. 173.Weil die Herrſchafft nicht wei- ter Macht hat dem Geſinde zu befehlen, als was ſeine Dienſte ſind, zu denen es ſich ver- miethet (§. 171); ſo muß es ihm auch nichts zumuthen, was dazu nicht gehoͤret, und zwar umb ſo vielmehr, da ſonſt das Geſin- de

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/138>, abgerufen am 27.04.2024.