dergleichen mehr ist. Absonderlich müssen sie auch bey Zeiten lernen, wie Geld sich bald verthun lässet, und, wenn es weg ist, nicht so gleich und so leichte wider zu erlangen stehet. Es haben Eltern um so vielmehr in diesem Stücke für ihre Kinder zu sorgen, je gewisser es ist, daß ein gros- ser Theil ihrer Glückseeligkeit hierauf beru- het; auch leider! die tägliche Erfahrung lehret, wie viele Menschen bloß dadurch verderben, daß sie nicht mit dem Gelde recht umzugehen wissen. Es ist öffters mehr daran gelegen, daß Eltern Kinder Geld erwerben und damit recht umgehen lernen, als daß sie ihnen grosses Gut hinterlassen. Wer dasjenige wohlbedächtig erweget, was von den Pflichten des Menschen in Ansehung ih- res Vermögens (§. 516 & seqq. Mor.) weitläufftig erwiesen worden; der wird noch gar vieles sehen, was man mit den Kindern vorzunehmen hat, wenn sie mit dem Gelde recht umzugehen lernen sollen.
Wie man ihnen Ruhm- Begierde beybrin- get.
§. 111.
Da die Ruhm-Begierde den Menschen antreibet ohne Interesse Gutes zu thun, ihnen ihre saure Mühe versüsset, und bey entstehenden Schwierigkeiten Muth machet, daß sie nicht nachlassen, bis sie das, was löblich ist, ausgeführet (§. 467 Met.) diese Begierde aber nichts anders ist als die Lust und Freude über dem Urtheile anderer von dem Guten, was wir gethan haben,
und
Das 3. Capitel Von der
dergleichen mehr iſt. Abſonderlich muͤſſen ſie auch bey Zeiten lernen, wie Geld ſich bald verthun laͤſſet, und, wenn es weg iſt, nicht ſo gleich und ſo leichte wider zu erlangen ſtehet. Es haben Eltern um ſo vielmehr in dieſem Stuͤcke fuͤr ihre Kinder zu ſorgen, je gewiſſer es iſt, daß ein groſ- ſer Theil ihrer Gluͤckſeeligkeit hierauf beru- het; auch leider! die taͤgliche Erfahrung lehret, wie viele Menſchen bloß dadurch verderben, daß ſie nicht mit dem Gelde recht umzugehen wiſſen. Es iſt oͤffters mehr daran gelegen, daß Eltern Kinder Geld erwerben und damit recht umgehen lernen, als daß ſie ihnen groſſes Gut hinterlaſſen. Wer dasjenige wohlbedaͤchtig erweget, was von den Pflichten des Menſchen in Anſehung ih- res Vermoͤgens (§. 516 & ſeqq. Mor.) weitlaͤufftig erwieſen worden; der wird noch gar vieles ſehen, was man mit den Kindern vorzunehmen hat, wenn ſie mit dem Gelde recht umzugehen lernen ſollen.
Wie man ihnen Ruhm- Begierde beybrin- get.
§. 111.
Da die Ruhm-Begierde den Menſchen antreibet ohne Intereſſe Gutes zu thun, ihnen ihre ſaure Muͤhe verſuͤſſet, und bey entſtehenden Schwierigkeiten Muth machet, daß ſie nicht nachlaſſen, bis ſie das, was loͤblich iſt, ausgefuͤhret (§. 467 Met.) dieſe Begierde aber nichts anders iſt als die Luſt und Freude uͤber dem Urtheile anderer von dem Guten, was wir gethan haben,
und
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Das 3. Capitel Von der
dergleichen mehr iſt. Abſonderlich muͤſſen
ſie auch bey Zeiten lernen, wie Geld ſich
bald verthun laͤſſet, und, wenn es weg
iſt, nicht ſo gleich und ſo leichte wider
zu erlangen ſtehet. Es haben Eltern um ſo
vielmehr in dieſem Stuͤcke fuͤr ihre Kinder
zu ſorgen, je gewiſſer es iſt, daß ein groſ-
ſer Theil ihrer Gluͤckſeeligkeit hierauf beru-
het; auch leider! die taͤgliche Erfahrung
lehret, wie viele Menſchen bloß dadurch
verderben, daß ſie nicht mit dem Gelde recht
umzugehen wiſſen. Es iſt oͤffters mehr daran
gelegen, daß Eltern Kinder Geld erwerben
und damit recht umgehen lernen, als daß
ſie ihnen groſſes Gut hinterlaſſen. Wer
dasjenige wohlbedaͤchtig erweget, was von
den Pflichten des Menſchen in Anſehung ih-
res Vermoͤgens (§. 516 & ſeqq. Mor.)
weitlaͤufftig erwieſen worden; der wird
noch gar vieles ſehen, was man mit den
Kindern vorzunehmen hat, wenn ſie mit
dem Gelde recht umzugehen lernen ſollen.
§. 111.Da die Ruhm-Begierde den
Menſchen antreibet ohne Intereſſe Gutes
zu thun, ihnen ihre ſaure Muͤhe verſuͤſſet,
und bey entſtehenden Schwierigkeiten Muth
machet, daß ſie nicht nachlaſſen, bis ſie das,
was loͤblich iſt, ausgefuͤhret (§. 467 Met.)
dieſe Begierde aber nichts anders iſt als die
Luſt und Freude uͤber dem Urtheile anderer
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/100>, abgerufen am 22.11.2024.
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