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Wolff, Sabattia Joseph: Ausverkauf meiner schriftstellerischen Arbeiten. Berlin, 1824.

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der Wahrheit ward die Erlaubniß, sich wieder an-
zukleiden und seinen vorigen Platz im Wagen
einzunehmen. Lachend fragte ihn der Fürst, wie
ihm die Lection bekommen sey? Mit dem ruhigsten
Gesichte von der Welt, antwortete der Narr: Mein
Trost war es, daß Ew. Durchlaucht sich in einer
Lage befanden, die der meinigen, wenn auch im um-
gekehrten Verhältniß, ganz ähnlich war.

Wie so? -- fragte der überraschte Fürst.

Ew. Durchlaucht hatten den ganzen Körper ge-
gen die Kälte wohl verwahrt, nur mit der Nase
wollte es nicht gelingen; diese mußte alles Unge-
mach erdulden. Mit mir war es umgekehrt der
Fall; den ganzen Leib mußte ich dem Froste Preis
geben, während ein gewisser Theil, auf dem ich saß,
nichts davon empfand. Wie gern hätte ich meinem
gnädigsten Herrn damit aus der Noth geholfen!

Der Fürst und der Postillon.

Ein Fürst reiste incognito unter dem Namen
eines gewissen Barons. Eilboten flogen vor ihm
her, um auf jeder Station für die nöthigen Pferde
zu sorgen, damit die Reise durch nichts verzögert
würde. Einem Postillon ward von seinem Postmei-
ster angekündigt, daß er sich bereit halten solle, um
einen durchreisenden Fürsten zu fahren. Die besten



der Wahrheit ward die Erlaubniß, ſich wieder an-
zukleiden und ſeinen vorigen Platz im Wagen
einzunehmen. Lachend fragte ihn der Fürſt, wie
ihm die Lection bekommen ſey? Mit dem ruhigſten
Geſichte von der Welt, antwortete der Narr: Mein
Troſt war es, daß Ew. Durchlaucht ſich in einer
Lage befanden, die der meinigen, wenn auch im um-
gekehrten Verhältniß, ganz ähnlich war.

Wie ſo? — fragte der überraſchte Fürſt.

Ew. Durchlaucht hatten den ganzen Körper ge-
gen die Kälte wohl verwahrt, nur mit der Naſe
wollte es nicht gelingen; dieſe mußte alles Unge-
mach erdulden. Mit mir war es umgekehrt der
Fall; den ganzen Leib mußte ich dem Froſte Preis
geben, während ein gewiſſer Theil, auf dem ich ſaß,
nichts davon empfand. Wie gern hätte ich meinem
gnädigſten Herrn damit aus der Noth geholfen!

Der Fuͤrſt und der Poſtillon.

Ein Fürſt reiſte incognito unter dem Namen
eines gewiſſen Barons. Eilboten flogen vor ihm
her, um auf jeder Station für die nöthigen Pferde
zu ſorgen, damit die Reiſe durch nichts verzögert
würde. Einem Poſtillon ward von ſeinem Poſtmei-
ſter angekündigt, daß er ſich bereit halten ſolle, um
einen durchreiſenden Fürſten zu fahren. Die beſten

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[37/0053] der Wahrheit ward die Erlaubniß, ſich wieder an- zukleiden und ſeinen vorigen Platz im Wagen einzunehmen. Lachend fragte ihn der Fürſt, wie ihm die Lection bekommen ſey? Mit dem ruhigſten Geſichte von der Welt, antwortete der Narr: Mein Troſt war es, daß Ew. Durchlaucht ſich in einer Lage befanden, die der meinigen, wenn auch im um- gekehrten Verhältniß, ganz ähnlich war. Wie ſo? — fragte der überraſchte Fürſt. Ew. Durchlaucht hatten den ganzen Körper ge- gen die Kälte wohl verwahrt, nur mit der Naſe wollte es nicht gelingen; dieſe mußte alles Unge- mach erdulden. Mit mir war es umgekehrt der Fall; den ganzen Leib mußte ich dem Froſte Preis geben, während ein gewiſſer Theil, auf dem ich ſaß, nichts davon empfand. Wie gern hätte ich meinem gnädigſten Herrn damit aus der Noth geholfen! Der Fuͤrſt und der Poſtillon. Ein Fürſt reiſte incognito unter dem Namen eines gewiſſen Barons. Eilboten flogen vor ihm her, um auf jeder Station für die nöthigen Pferde zu ſorgen, damit die Reiſe durch nichts verzögert würde. Einem Poſtillon ward von ſeinem Poſtmei- ſter angekündigt, daß er ſich bereit halten ſolle, um einen durchreiſenden Fürſten zu fahren. Die beſten

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Zitationshilfe: Wolff, Sabattia Joseph: Ausverkauf meiner schriftstellerischen Arbeiten. Berlin, 1824, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_ausverkauf_1824/53>, abgerufen am 05.05.2024.