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Wolff, Sabattia Joseph: Ausverkauf meiner schriftstellerischen Arbeiten. Berlin, 1824.

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von hier über Hamburg nach Amsterdam gehen, ohne
irgend eine Aussicht auf Geld. Das, denke ich, kann
man bei meinem Alter doch wohl eine Kunstreise nen-
nen, welche so leicht Niemand nachahmen wird.

Das sinkende Haus.

Als ebenderselbe eine Zeit lang in Deutschland
gewesen war, ohne daß er Lust geäußert hätte, nach
Hause zurückzukehren, schrieb ihm seine alte Frau,
sie lebe in nicht geringer Angst, denn das Haus,
worin sie wohne, sinke sichtlich. Sichtlich! schrieb
er ihr zur Antwort, das will ich wohl glauben;
aber es wird sich wahrscheinlich bei der Untersu-
chung ergeben, daß nicht das Haus sinkt, sondern
der Unflath vor dem Hause sich häuft.

Sprachlos, und doch noch witzig.

Vom Schlage getroffen lag N. ganz sprachlos
da. Man reichte ihm eine Tafel hin, und er schrieb
mit vieler Mühe mehrere Schuldner darauf. Man
gab ihm zu verstehen, er möchte auch Gläubiger, die
er doch wahrscheinlich auch haben würde, aufzeich-
nen. Das mögen meine Gläubiger thun, schrieb er
wieder, wenn sie so sprachlos, wie ich, daliegen
werden.

B



von hier über Hamburg nach Amſterdam gehen, ohne
irgend eine Ausſicht auf Geld. Das, denke ich, kann
man bei meinem Alter doch wohl eine Kunſtreiſe nen-
nen, welche ſo leicht Niemand nachahmen wird.

Das ſinkende Haus.

Als ebenderſelbe eine Zeit lang in Deutſchland
geweſen war, ohne daß er Luſt geäußert hätte, nach
Hauſe zurückzukehren, ſchrieb ihm ſeine alte Frau,
ſie lebe in nicht geringer Angſt, denn das Haus,
worin ſie wohne, ſinke ſichtlich. Sichtlich! ſchrieb
er ihr zur Antwort, das will ich wohl glauben;
aber es wird ſich wahrſcheinlich bei der Unterſu-
chung ergeben, daß nicht das Haus ſinkt, ſondern
der Unflath vor dem Hauſe ſich häuft.

Sprachlos, und doch noch witzig.

Vom Schlage getroffen lag N. ganz ſprachlos
da. Man reichte ihm eine Tafel hin, und er ſchrieb
mit vieler Mühe mehrere Schuldner darauf. Man
gab ihm zu verſtehen, er möchte auch Gläubiger, die
er doch wahrſcheinlich auch haben würde, aufzeich-
nen. Das mögen meine Gläubiger thun, ſchrieb er
wieder, wenn ſie ſo ſprachlos, wie ich, daliegen
werden.

B
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[17/0033] von hier über Hamburg nach Amſterdam gehen, ohne irgend eine Ausſicht auf Geld. Das, denke ich, kann man bei meinem Alter doch wohl eine Kunſtreiſe nen- nen, welche ſo leicht Niemand nachahmen wird. Das ſinkende Haus. Als ebenderſelbe eine Zeit lang in Deutſchland geweſen war, ohne daß er Luſt geäußert hätte, nach Hauſe zurückzukehren, ſchrieb ihm ſeine alte Frau, ſie lebe in nicht geringer Angſt, denn das Haus, worin ſie wohne, ſinke ſichtlich. Sichtlich! ſchrieb er ihr zur Antwort, das will ich wohl glauben; aber es wird ſich wahrſcheinlich bei der Unterſu- chung ergeben, daß nicht das Haus ſinkt, ſondern der Unflath vor dem Hauſe ſich häuft. Sprachlos, und doch noch witzig. Vom Schlage getroffen lag N. ganz ſprachlos da. Man reichte ihm eine Tafel hin, und er ſchrieb mit vieler Mühe mehrere Schuldner darauf. Man gab ihm zu verſtehen, er möchte auch Gläubiger, die er doch wahrſcheinlich auch haben würde, aufzeich- nen. Das mögen meine Gläubiger thun, ſchrieb er wieder, wenn ſie ſo ſprachlos, wie ich, daliegen werden. B

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Zitationshilfe: Wolff, Sabattia Joseph: Ausverkauf meiner schriftstellerischen Arbeiten. Berlin, 1824, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_ausverkauf_1824/33>, abgerufen am 24.11.2024.