Wolff, Christian von: Der Anfangs-Gründe Aller Mathematischen Wissenschafften. Bd. 1. Halle (Saale), 1710.von der Matem. Methode. che dasjenige anzutreffen ist/ was die Bedin-gung in sich fasset; so kommt ihr auch das an- dere zu/ welches die Aussage von ihr bekräf- tiget/ oder es kan ihr nicht zugeeignet werden/ was dieselbe von ihr verlanget. Solcher ge- stalt ist klahr/ daß man bey jedem Lehr-Satze sich zweyerley von einer Sache gedencket/ und zwar das andere umb des erstern willen/ o- der auch daß man sich das andere von einer Sache nicht gedencken kan/ gesetzt man dencke sich das erste von derselben. z. E. Wenn ich den Lehrsatz vor mir habe; Ein Triangel/ der mit einem Parallleogrammo einerley Grund-Linie und Höhe hat/ ist die Helfte des- selben; so gedencke ich mir erstlich von dem Triangel/ er habe einerley Grund-Linie und Höhe mit einem Parallelogrammo; dar- nach/ er sey die Helfte desselben. Das letzte- re gedencke ich mir umb des ersten willen. §. 39. Sol nun der Satz richtig seyn/ soBeschaf- noth- B 3
von der Matem. Methode. che dasjenige anzutreffen iſt/ was die Bedin-gung in ſich faſſet; ſo kom̃t ihr auch das an- dere zu/ welches die Ausſage von ihr bekraͤf- tiget/ oder es kan ihr nicht zugeeignet werden/ was dieſelbe von ihr verlanget. Solcher ge- ſtalt iſt klahr/ daß man bey jedem Lehr-Satze ſich zweyerley von einer Sache gedencket/ und zwar das andere umb des erſtern willen/ o- der auch daß man ſich das andere von einer Sache nicht gedencken kan/ geſetzt man dencke ſich das erſte von derſelben. z. E. Wenn ich den Lehrſatz vor mir habe; Ein Triangel/ der mit einem Parallleogrammo einerley Grund-Linie und Hoͤhe hat/ iſt die Helfte deſ- ſelben; ſo gedencke ich mir erſtlich von dem Triangel/ er habe einerley Grund-Linie und Hoͤhe mit einem Parallelogrammo; dar- nach/ er ſey die Helfte deſſelben. Das letzte- re gedencke ich mir umb des erſten willen. §. 39. Sol nun der Satz richtig ſeyn/ ſoBeſchaf- noth- B 3
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von der Matem. Methode.
che dasjenige anzutreffen iſt/ was die Bedin-
gung in ſich faſſet; ſo kom̃t ihr auch das an-
dere zu/ welches die Ausſage von ihr bekraͤf-
tiget/ oder es kan ihr nicht zugeeignet werden/
was dieſelbe von ihr verlanget. Solcher ge-
ſtalt iſt klahr/ daß man bey jedem Lehr-Satze
ſich zweyerley von einer Sache gedencket/ und
zwar das andere umb des erſtern willen/ o-
der auch daß man ſich das andere von einer
Sache nicht gedencken kan/ geſetzt man dencke
ſich das erſte von derſelben. z. E. Wenn ich
den Lehrſatz vor mir habe; Ein Triangel/
der mit einem Parallleogrammo einerley
Grund-Linie und Hoͤhe hat/ iſt die Helfte deſ-
ſelben; ſo gedencke ich mir erſtlich von dem
Triangel/ er habe einerley Grund-Linie und
Hoͤhe mit einem Parallelogrammo; dar-
nach/ er ſey die Helfte deſſelben. Das letzte-
re gedencke ich mir umb des erſten willen.
§. 39. Sol nun der Satz richtig ſeyn/ ſo
muß ſich eine nothwendige Verknuͤpfung
meiner Gedancken finden/ ſo daß/ wenn ich
mir das gedencke/ welches die Bedingung in
der Sache erfordert/ es mir unmoͤglich faͤllt/
das Wiederſpiel deſſen von ihr zu gedencken/
was in der Ausſage von ihr bekraͤftiget wird.
Oder auch wenn ich mir gedencke/ was diẽ
Bedingung in der Sache ſetzet/ muß ich mir
unmoͤglich von ihr gedencken koͤnnen/ was in
der Ausſage von ihr verneinet wird. Der
Beweiß nun entdecket in dem erſten Falle die
noth-
Beſchaf-
fenheit
des Be-
weiſes.
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