einzigen trägen Nachbars willen, dieses Stück Land einige Wochen später besäen muß. Beim Sommergetreide ist dieser Schaden vornemlich groß, da es bekannt, daß manchmahl wenige Tage bei der Bestellung einen merklichen Un- terschied des Gedeiens machen, auch die Gerste und Hafer auf einen Ahnewend öfters noch grün sind, wenn alles übrige auf dem Felde schon geerndtet wird. Auch dies fällt von selbst weg, wenn jeder seinen Acker auf eine Stelle beisammen und eingeschlossen hat. End- lich so sind auch
3) die bisher gänzlich offenen Felder allen Beschädigungen der wilden und zahmen Thiere ausgesetzt. An Oertern, wo es viel Hirsche und Sauen giebt, sind die Dörfer genöthiget, einen besondern Wächter zu halten, welcher das Wild des Nachts wegscheuchen muß. Wie kan aber ein einziger Mensch eine ganze weit- läuftige Flur vor solche schnellfüßige Feinde sichern? Ferner, wie ofte brechen nicht Pferde und Ochsen, aus ihren Nachthütungen, wo sie eingesperret sind, heraus, und gehen Heer- denweise auf die Kornfelder? Rechnen wir endlich noch etwas auf die Nachläßigkeit oder die Boßheit der mancherlei Hirten, sonderlich von fremden Dörfern, die ihr Vieh dem Ge- treide zu nahe kommen lassen, so erhellet aus allen diesen, daß es keine Klelnigkeit sei, wenn
wir
einzigen traͤgen Nachbars willen, dieſes Stuͤck Land einige Wochen ſpaͤter beſaͤen muß. Beim Sommergetreide iſt dieſer Schaden vornemlich groß, da es bekannt, daß manchmahl wenige Tage bei der Beſtellung einen merklichen Un- terſchied des Gedeiens machen, auch die Gerſte und Hafer auf einen Ahnewend oͤfters noch gruͤn ſind, wenn alles uͤbrige auf dem Felde ſchon geerndtet wird. Auch dies faͤllt von ſelbſt weg, wenn jeder ſeinen Acker auf eine Stelle beiſammen und eingeſchloſſen hat. End- lich ſo ſind auch
3) die bisher gaͤnzlich offenen Felder allen Beſchaͤdigungen der wilden und zahmen Thiere ausgeſetzt. An Oertern, wo es viel Hirſche und Sauen giebt, ſind die Doͤrfer genoͤthiget, einen beſondern Waͤchter zu halten, welcher das Wild des Nachts wegſcheuchen muß. Wie kan aber ein einziger Menſch eine ganze weit- laͤuftige Flur vor ſolche ſchnellfuͤßige Feinde ſichern? Ferner, wie ofte brechen nicht Pferde und Ochſen, aus ihren Nachthuͤtungen, wo ſie eingeſperret ſind, heraus, und gehen Heer- denweiſe auf die Kornfelder? Rechnen wir endlich noch etwas auf die Nachlaͤßigkeit oder die Boßheit der mancherlei Hirten, ſonderlich von fremden Doͤrfern, die ihr Vieh dem Ge- treide zu nahe kommen laſſen, ſo erhellet aus allen dieſen, daß es keine Klelnigkeit ſei, wenn
wir
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einzigen traͤgen Nachbars willen, dieſes Stuͤck
Land einige Wochen ſpaͤter beſaͤen muß. Beim
Sommergetreide iſt dieſer Schaden vornemlich
groß, da es bekannt, daß manchmahl wenige
Tage bei der Beſtellung einen merklichen Un-
terſchied des Gedeiens machen, auch die Gerſte
und Hafer auf einen Ahnewend oͤfters noch
gruͤn ſind, wenn alles uͤbrige auf dem Felde
ſchon geerndtet wird. Auch dies faͤllt von
ſelbſt weg, wenn jeder ſeinen Acker auf eine
Stelle beiſammen und eingeſchloſſen hat. End-
lich ſo ſind auch
3) die bisher gaͤnzlich offenen Felder allen
Beſchaͤdigungen der wilden und zahmen Thiere
ausgeſetzt. An Oertern, wo es viel Hirſche
und Sauen giebt, ſind die Doͤrfer genoͤthiget,
einen beſondern Waͤchter zu halten, welcher
das Wild des Nachts wegſcheuchen muß. Wie
kan aber ein einziger Menſch eine ganze weit-
laͤuftige Flur vor ſolche ſchnellfuͤßige Feinde
ſichern? Ferner, wie ofte brechen nicht Pferde
und Ochſen, aus ihren Nachthuͤtungen, wo
ſie eingeſperret ſind, heraus, und gehen Heer-
denweiſe auf die Kornfelder? Rechnen wir
endlich noch etwas auf die Nachlaͤßigkeit oder
die Boßheit der mancherlei Hirten, ſonderlich
von fremden Doͤrfern, die ihr Vieh dem Ge-
treide zu nahe kommen laſſen, ſo erhellet aus
allen dieſen, daß es keine Klelnigkeit ſei, wenn
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Wöllner, Johann Christoph von: Die Aufhebung der Gemeinheiten in der Marck Brandenburg. Berlin, 1766, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/woellner_aufhebung_1766/84>, abgerufen am 03.07.2024.
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