Wirth, Johann Georg August: Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach. Heft 1. Neustadt, 1832.voll Joch in blut'gem Kampfe kühn zerbrach? Bist du es nicht mehr deut- Es ist Zeit, hohe Zeit, daß jeder Einzelne nicht mehr für sich, für Damals, als die Donner der Juli-Kanonen Deutschland aus seinem voll Joch in blut’gem Kampfe kühn zerbrach? Biſt du es nicht mehr deut- Es iſt Zeit, hohe Zeit, daß jeder Einzelne nicht mehr für ſich, für Damals, als die Donner der Juli-Kanonen Deutſchland aus ſeinem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0068" n="60"/> voll Joch in blut’gem Kampfe kühn zerbrach? Biſt du es nicht mehr deut-<lb/> ſches Volk, das für der Freiheit Siegeskrone glorreich focht? Du biſt<lb/> es noch, doch wehe deinem allzuſträflichen Schlummer! Mahnend<lb/> ſpricht zu dir mein Mund: Du ſollſt die Frevel an dem verworfenen<lb/> Schänder meiner Schöpfung endlich rächen oder untergehen.“ — Schon<lb/> ſind dem Vaterlande furchtbare Wetter an dem Horizonte aufgeſtiegen;<lb/> ſchon ſind jene Vorboten der göttlichen Drohung ſichtbar. Schauen wir<lb/> um uns her, von allen Seiten droht dem zerriſſenen Vaterlande Ge-<lb/> fahr; von Preußen, dem die Vergrößerung als Staat ein Bedürfniß<lb/> geworden, von Oeſterreich, das ſich im ungeſtörten Beſitze ſeiner despo-<lb/> tiſchen Herrſchaft für die Dauer ſichern möchte. Hinter beiden der<lb/> würgende Czar, der, noch bluttriefend vom Morde des heldenmüthigen<lb/> Polens, aller Freiheit und Civiliſation den Herzſtoß verſetzen will; von<lb/> dieſem dreifachen Feinde ſehen wir das Vaterland bedroht. Selbſt<lb/> Frankreichs hochherzige Nation möchte nach erfochtenem Siege der Frei-<lb/> heit im deutſchen Rheine das Blut der Barbaren von ſeinen Waffen<lb/> abſpülen und an dem blühenden Geſtade ſein Panier aufpflanzen. Für-<lb/> wahr, die Gefahr iſt groß, unter der das zerriſſene Vaterland ſeufzet,<lb/> die Gefahr nahe, die ſeinen theilweiſen oder ganzen Untergang herbei-<lb/> führen könnte. Kräftig erſtehen muß es darum zu glorreicher That,<lb/> will es nicht ſchmachvoll untergehen. Es iſt Zeit, daß die zerſtreuten<lb/> Kinder des getrennten Vaterlandes ſich vereinigen, ſich enger an einan-<lb/> derſchließen, ſich verbrüdern zu einem ſtarken Ganzen, deſſen ſchöne,<lb/> muthige Haltung Schrecken dem nordiſchen Tiger, Furcht den innern<lb/> Feinden und Achtung ſeiner Nationalität den civiliſirten Nationen ein-<lb/> flößen ſoll. Es iſt Zeit, daß alle Furcht, Lauheit, Gleichgültigkeit,<lb/> Unentſchloſſenheit, Eigennutz und Zwieſpalt reinem Patriotismus und<lb/> warmem Erglühen für Freiheit und ſelbſtſtändige Nationalität weichen.</p><lb/> <p>Es iſt Zeit, hohe Zeit, daß jeder Einzelne nicht mehr für ſich, für<lb/> ſeine Familie, für ſeine Stadt, ſeine Gemeinde, ſein Fürſtenthum, ſein<lb/> Herzogthum, ſein Königreich lebe und wirke, ſondern ſich mit all’ dem<lb/> Seinen dem leidenden Vaterlande widme, für Freiheit und Einheit<lb/> ſchaffe und ringe, dieſe hohen Güter mit ſeinem Herzblute, mit dem<lb/> Blute ſeiner Kinder, ſollt’ es noth thun, erkaufe.</p><lb/> <p>Damals, als die Donner der Juli-Kanonen Deutſchland aus ſeinem<lb/> Schlummer erweckten, damals, als die heiligen Schaaren der verbann-<lb/> ten Polen durch Deutſchland zogen und die fremde Erde ſich beeiferte, den<lb/> blutigen Staub von den Edlen zu küſſen, deren Unglück unſer Vater-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [60/0068]
voll Joch in blut’gem Kampfe kühn zerbrach? Biſt du es nicht mehr deut-
ſches Volk, das für der Freiheit Siegeskrone glorreich focht? Du biſt
es noch, doch wehe deinem allzuſträflichen Schlummer! Mahnend
ſpricht zu dir mein Mund: Du ſollſt die Frevel an dem verworfenen
Schänder meiner Schöpfung endlich rächen oder untergehen.“ — Schon
ſind dem Vaterlande furchtbare Wetter an dem Horizonte aufgeſtiegen;
ſchon ſind jene Vorboten der göttlichen Drohung ſichtbar. Schauen wir
um uns her, von allen Seiten droht dem zerriſſenen Vaterlande Ge-
fahr; von Preußen, dem die Vergrößerung als Staat ein Bedürfniß
geworden, von Oeſterreich, das ſich im ungeſtörten Beſitze ſeiner despo-
tiſchen Herrſchaft für die Dauer ſichern möchte. Hinter beiden der
würgende Czar, der, noch bluttriefend vom Morde des heldenmüthigen
Polens, aller Freiheit und Civiliſation den Herzſtoß verſetzen will; von
dieſem dreifachen Feinde ſehen wir das Vaterland bedroht. Selbſt
Frankreichs hochherzige Nation möchte nach erfochtenem Siege der Frei-
heit im deutſchen Rheine das Blut der Barbaren von ſeinen Waffen
abſpülen und an dem blühenden Geſtade ſein Panier aufpflanzen. Für-
wahr, die Gefahr iſt groß, unter der das zerriſſene Vaterland ſeufzet,
die Gefahr nahe, die ſeinen theilweiſen oder ganzen Untergang herbei-
führen könnte. Kräftig erſtehen muß es darum zu glorreicher That,
will es nicht ſchmachvoll untergehen. Es iſt Zeit, daß die zerſtreuten
Kinder des getrennten Vaterlandes ſich vereinigen, ſich enger an einan-
derſchließen, ſich verbrüdern zu einem ſtarken Ganzen, deſſen ſchöne,
muthige Haltung Schrecken dem nordiſchen Tiger, Furcht den innern
Feinden und Achtung ſeiner Nationalität den civiliſirten Nationen ein-
flößen ſoll. Es iſt Zeit, daß alle Furcht, Lauheit, Gleichgültigkeit,
Unentſchloſſenheit, Eigennutz und Zwieſpalt reinem Patriotismus und
warmem Erglühen für Freiheit und ſelbſtſtändige Nationalität weichen.
Es iſt Zeit, hohe Zeit, daß jeder Einzelne nicht mehr für ſich, für
ſeine Familie, für ſeine Stadt, ſeine Gemeinde, ſein Fürſtenthum, ſein
Herzogthum, ſein Königreich lebe und wirke, ſondern ſich mit all’ dem
Seinen dem leidenden Vaterlande widme, für Freiheit und Einheit
ſchaffe und ringe, dieſe hohen Güter mit ſeinem Herzblute, mit dem
Blute ſeiner Kinder, ſollt’ es noth thun, erkaufe.
Damals, als die Donner der Juli-Kanonen Deutſchland aus ſeinem
Schlummer erweckten, damals, als die heiligen Schaaren der verbann-
ten Polen durch Deutſchland zogen und die fremde Erde ſich beeiferte, den
blutigen Staub von den Edlen zu küſſen, deren Unglück unſer Vater-
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