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Wirth, Johann Georg August: Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach. Heft 1. Neustadt, 1832.

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ropa sich befindenden südteutschen constitutionellen Staaten, Frankreich etc.
seitdem die Scheidewand (Polen) geworfen, und der Barbarei Thür
und Thor zur Unterstützung unserer Despoten geöffnet ist, daß dieser
Kampf auf blutigem Wege beginnen wird.

Daher kann der Menschenfreund noch einzig in dem Anschließen und
vereinten Wirken der Völker Hoffnung schöpfen, daß dieser Kampf zur
Ehre und zum Wohl der Menschheit, mit Erstehung eines deutschen
Vaterlandes beendigt werden möchte. Halten die Völker Teutschlands,
Frankreichs und aller Staaten, welche Volksbefreiung von der verächt-
lichsten Tyrannei verlangen, nicht zusammen, lassen sie getheilt den
Despoten Zeit, eine Nation nach der andern zu schlachten, zu unter-
jochen, wie Polen, wie Italien, wie Spanien und Portugal, und
wenn ihnen das Spiel gelingt, auch Belgien und Holland, so ist Eu-
ropa für immer in die Nacht der ewigen Sclaverei geworfen.

Unter solchen traurigen Voraussichten müssen Unternehmungen wie
das bevorstehende Volksfest, neues Leben, neuen Trost der gekränkten
Menschheit geben. Wird das Volk klüger und besser als in der ersten
französischen Revolution seine eigenen Rechte, sein eigenes Glück bewa-
chen, und statt sich zur Unterjochung der Völker als Mordknechte von
der Despotie gebrauchen zu lassen, für sein eigenes Recht, für sein
eigenes Wohl Blut und Leben ins Spiel setzen, so ist der Sieg für
Recht und Wahrheit gewiß, so darf der Teutsche in der sichern Hoff-
nung leben, wieder ein Vaterland, ein vereintes Teutschland mit Kraft
und Macht erstehen zu sehen.

Von dieser Seite aus betrachtet, sollte das Maifest zu Hambach in
der Geschichte Teutschlands und seiner politischen Wiedergeburt eine noch
höhere Wichtigkeit erlangen, als die Wartburg in der kirchlichen Refor-
mationszeit.

Da sollen sich die Völker aller Gauen Teutschlands das heilige
Wort in echt deutschem Sinn geben, vereint und fest zusammen zu hal-
ten, und für Recht und Wahrheit zu kämpfen, wo es der Augenblick
erfordert.

Dank daher den edeln Männern Rheinbaierns, die diesen hohen
Gedanken in Anregung brachten, er goß Balsam in die gekränkte Brust
des Greises, belebte den rüstigen Mann mit Muth, feuerte das Herz
des Jünglings zum muthigen Kampfe an und schafft, so zu sagen, schon
zum voraus in geistigem Sinne ein neues verbrüdertes Teutschland.

Der Himmel segne mit einem günstigen Erfolg dieses große Wahr-
zeichen der Volksbefreiung, er stärke und erleuchte die teutschen Heroen,

ropa ſich befindenden ſüdteutſchen conſtitutionellen Staaten, Frankreich ꝛc.
ſeitdem die Scheidewand (Polen) geworfen, und der Barbarei Thür
und Thor zur Unterſtützung unſerer Despoten geöffnet iſt, daß dieſer
Kampf auf blutigem Wege beginnen wird.

Daher kann der Menſchenfreund noch einzig in dem Anſchließen und
vereinten Wirken der Völker Hoffnung ſchöpfen, daß dieſer Kampf zur
Ehre und zum Wohl der Menſchheit, mit Erſtehung eines deutſchen
Vaterlandes beendigt werden möchte. Halten die Völker Teutſchlands,
Frankreichs und aller Staaten, welche Volksbefreiung von der verächt-
lichſten Tyrannei verlangen, nicht zuſammen, laſſen ſie getheilt den
Despoten Zeit, eine Nation nach der andern zu ſchlachten, zu unter-
jochen, wie Polen, wie Italien, wie Spanien und Portugal, und
wenn ihnen das Spiel gelingt, auch Belgien und Holland, ſo iſt Eu-
ropa für immer in die Nacht der ewigen Sclaverei geworfen.

Unter ſolchen traurigen Vorausſichten müſſen Unternehmungen wie
das bevorſtehende Volksfeſt, neues Leben, neuen Troſt der gekränkten
Menſchheit geben. Wird das Volk klüger und beſſer als in der erſten
franzöſiſchen Revolution ſeine eigenen Rechte, ſein eigenes Glück bewa-
chen, und ſtatt ſich zur Unterjochung der Völker als Mordknechte von
der Despotie gebrauchen zu laſſen, für ſein eigenes Recht, für ſein
eigenes Wohl Blut und Leben ins Spiel ſetzen, ſo iſt der Sieg für
Recht und Wahrheit gewiß, ſo darf der Teutſche in der ſichern Hoff-
nung leben, wieder ein Vaterland, ein vereintes Teutſchland mit Kraft
und Macht erſtehen zu ſehen.

Von dieſer Seite aus betrachtet, ſollte das Maifeſt zu Hambach in
der Geſchichte Teutſchlands und ſeiner politiſchen Wiedergeburt eine noch
höhere Wichtigkeit erlangen, als die Wartburg in der kirchlichen Refor-
mationszeit.

Da ſollen ſich die Völker aller Gauen Teutſchlands das heilige
Wort in echt deutſchem Sinn geben, vereint und feſt zuſammen zu hal-
ten, und für Recht und Wahrheit zu kämpfen, wo es der Augenblick
erfordert.

Dank daher den edeln Männern Rheinbaierns, die dieſen hohen
Gedanken in Anregung brachten, er goß Balſam in die gekränkte Bruſt
des Greiſes, belebte den rüſtigen Mann mit Muth, feuerte das Herz
des Jünglings zum muthigen Kampfe an und ſchafft, ſo zu ſagen, ſchon
zum voraus in geiſtigem Sinne ein neues verbrüdertes Teutſchland.

Der Himmel ſegne mit einem günſtigen Erfolg dieſes große Wahr-
zeichen der Volksbefreiung, er ſtärke und erleuchte die teutſchen Heroen,

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[21/0029] ropa ſich befindenden ſüdteutſchen conſtitutionellen Staaten, Frankreich ꝛc. ſeitdem die Scheidewand (Polen) geworfen, und der Barbarei Thür und Thor zur Unterſtützung unſerer Despoten geöffnet iſt, daß dieſer Kampf auf blutigem Wege beginnen wird. Daher kann der Menſchenfreund noch einzig in dem Anſchließen und vereinten Wirken der Völker Hoffnung ſchöpfen, daß dieſer Kampf zur Ehre und zum Wohl der Menſchheit, mit Erſtehung eines deutſchen Vaterlandes beendigt werden möchte. Halten die Völker Teutſchlands, Frankreichs und aller Staaten, welche Volksbefreiung von der verächt- lichſten Tyrannei verlangen, nicht zuſammen, laſſen ſie getheilt den Despoten Zeit, eine Nation nach der andern zu ſchlachten, zu unter- jochen, wie Polen, wie Italien, wie Spanien und Portugal, und wenn ihnen das Spiel gelingt, auch Belgien und Holland, ſo iſt Eu- ropa für immer in die Nacht der ewigen Sclaverei geworfen. Unter ſolchen traurigen Vorausſichten müſſen Unternehmungen wie das bevorſtehende Volksfeſt, neues Leben, neuen Troſt der gekränkten Menſchheit geben. Wird das Volk klüger und beſſer als in der erſten franzöſiſchen Revolution ſeine eigenen Rechte, ſein eigenes Glück bewa- chen, und ſtatt ſich zur Unterjochung der Völker als Mordknechte von der Despotie gebrauchen zu laſſen, für ſein eigenes Recht, für ſein eigenes Wohl Blut und Leben ins Spiel ſetzen, ſo iſt der Sieg für Recht und Wahrheit gewiß, ſo darf der Teutſche in der ſichern Hoff- nung leben, wieder ein Vaterland, ein vereintes Teutſchland mit Kraft und Macht erſtehen zu ſehen. Von dieſer Seite aus betrachtet, ſollte das Maifeſt zu Hambach in der Geſchichte Teutſchlands und ſeiner politiſchen Wiedergeburt eine noch höhere Wichtigkeit erlangen, als die Wartburg in der kirchlichen Refor- mationszeit. Da ſollen ſich die Völker aller Gauen Teutſchlands das heilige Wort in echt deutſchem Sinn geben, vereint und feſt zuſammen zu hal- ten, und für Recht und Wahrheit zu kämpfen, wo es der Augenblick erfordert. Dank daher den edeln Männern Rheinbaierns, die dieſen hohen Gedanken in Anregung brachten, er goß Balſam in die gekränkte Bruſt des Greiſes, belebte den rüſtigen Mann mit Muth, feuerte das Herz des Jünglings zum muthigen Kampfe an und ſchafft, ſo zu ſagen, ſchon zum voraus in geiſtigem Sinne ein neues verbrüdertes Teutſchland. Der Himmel ſegne mit einem günſtigen Erfolg dieſes große Wahr- zeichen der Volksbefreiung, er ſtärke und erleuchte die teutſchen Heroen,

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Zitationshilfe: Wirth, Johann Georg August: Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach. Heft 1. Neustadt, 1832, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wirth_nationalfest01_1832/29>, abgerufen am 02.05.2024.