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Wirth, Johann Georg August: Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach. Heft 1. Neustadt, 1832.

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Weise zu deuten und auszubilden. Die Schmähungen des Amtseifers
muß man der zärtlichen Besorgniß für bestehende Institutionen verzei-
hen; die einzige Antwort sei: unsere würdevolle Haltung.

Aber indem ich mich anschicke, von der Idee dieses Festes zu reden,
such' ich, von deren Unermeßlichkeit durchdrungen, vergebens den rechten
Ausdruck für die Bilder, die schon bei einer andern Feier (am 29.
Januar *) vor meiner Seele standen, und die in stets lichterer Klarheit
hervordringen aus den Tiefen der Zukunft.

Ich werde kurz seyn, am Tage, wo Aller Herzen voll sind; ich
werde schlicht seyn, denn ich rede zu Allen; ich werde wahr seyn, nur
für die Wahrheit ist dieser Redestuhl errichtet. Wer reden will in die-
ser kreisenden Zeit der Völkergeburt, der rede frei und offen wie des
Himmels Sonne frisch hineinleuchtet in die sündenvolle Nacht. Diener
der Gewalt mögen im Finstern schleichen oder am hellen Tage die viel-
farbige Larve der Heuchelei und Lüge vornehmen; der Patriot, wer
sein Vaterland liebt und die Freiheit liebt, wer die Menschenwürde
trägt im Busen, der tritt in seiner eigensten Gestalt auf: er kann irren,
aber nimmermehr sich und Andere belügen; nicht jene Selbstsucht wird
ihn beherrschen, die in verschleierter Halbheit sich für jeden Ausgang
des großen Kampfes das Löse- und Bindemittel retten will, nicht jene
Selbstsucht, die die bessere Ueberzeugung an die Furcht verräth oder um
schnöden Gewinn tauscht, nicht jene Selbstsucht, die, wie das Gift der
Cholera, die Lippen in stotternden Krampf setzt und den Pulsschlag des
Herzens tödtend erstarrt; sondern der Gottesfunke der Menschheit möge
sein Gemüth bewegen, seine Zunge begeistern, der Gottesfunke der
Liebe zum Vaterland, zur Freiheit.

*) S. Westbote 1832 Nr. 34, wo die Beschreibung des Schüler'schen
Festes also schließt: "Dies der vorläufige Bericht, den der Westbote ab-
stattet. Er selbst war Augenzeuge, er erzählt wahr und treu. Noch (am
Morgen nach dem Feste) ist er des gewaltigen Eindrucks kaum Herr;
aber er gewahrt in naher Ferne die immer grö-
ßere Entfaltung des Bürgerlebens
; er sah in der gestri-
gen Feier, in der Mitte der ausgezeichneteren Männer des Kreises, ein
Bürger- oder Volksfest, das, wie schon bemerkt, bald in ein wahres
Nationalfest übergehen wird. Jeder der Anwesenden wird den em-
pfangenen oder erweckten heiligen Funken der Freiheit und deutscher
Nationalität in die Herzen Aller übertragen und so eine Flamme
entzünden, in welcher das schmachvoll niedergetretene
deutsche Vaterland sich zu läutern und wie der Phönix
jugendlich zu erstehen hoffen darf
."

Weiſe zu deuten und auszubilden. Die Schmähungen des Amtseifers
muß man der zärtlichen Beſorgniß für beſtehende Inſtitutionen verzei-
hen; die einzige Antwort ſei: unſere würdevolle Haltung.

Aber indem ich mich anſchicke, von der Idee dieſes Feſtes zu reden,
ſuch’ ich, von deren Unermeßlichkeit durchdrungen, vergebens den rechten
Ausdruck für die Bilder, die ſchon bei einer andern Feier (am 29.
Januar *) vor meiner Seele ſtanden, und die in ſtets lichterer Klarheit
hervordringen aus den Tiefen der Zukunft.

Ich werde kurz ſeyn, am Tage, wo Aller Herzen voll ſind; ich
werde ſchlicht ſeyn, denn ich rede zu Allen; ich werde wahr ſeyn, nur
für die Wahrheit iſt dieſer Redeſtuhl errichtet. Wer reden will in die-
ſer kreiſenden Zeit der Völkergeburt, der rede frei und offen wie des
Himmels Sonne friſch hineinleuchtet in die ſündenvolle Nacht. Diener
der Gewalt mögen im Finſtern ſchleichen oder am hellen Tage die viel-
farbige Larve der Heuchelei und Lüge vornehmen; der Patriot, wer
ſein Vaterland liebt und die Freiheit liebt, wer die Menſchenwürde
trägt im Buſen, der tritt in ſeiner eigenſten Geſtalt auf: er kann irren,
aber nimmermehr ſich und Andere belügen; nicht jene Selbſtſucht wird
ihn beherrſchen, die in verſchleierter Halbheit ſich für jeden Ausgang
des großen Kampfes das Löſe- und Bindemittel retten will, nicht jene
Selbſtſucht, die die beſſere Ueberzeugung an die Furcht verräth oder um
ſchnöden Gewinn tauſcht, nicht jene Selbſtſucht, die, wie das Gift der
Cholera, die Lippen in ſtotternden Krampf ſetzt und den Pulsſchlag des
Herzens tödtend erſtarrt; ſondern der Gottesfunke der Menſchheit möge
ſein Gemüth bewegen, ſeine Zunge begeiſtern, der Gottesfunke der
Liebe zum Vaterland, zur Freiheit.

*) S. Weſtbote 1832 Nr. 34, wo die Beſchreibung des Schüler’ſchen
Feſtes alſo ſchließt: „Dies der vorläufige Bericht, den der Weſtbote ab-
ſtattet. Er ſelbſt war Augenzeuge, er erzählt wahr und treu. Noch (am
Morgen nach dem Feſte) iſt er des gewaltigen Eindrucks kaum Herr;
aber er gewahrt in naher Ferne die immer grö-
ßere Entfaltung des Bürgerlebens
; er ſah in der geſtri-
gen Feier, in der Mitte der ausgezeichneteren Männer des Kreiſes, ein
Bürger- oder Volksfeſt, das, wie ſchon bemerkt, bald in ein wahres
Nationalfeſt übergehen wird. Jeder der Anweſenden wird den em-
pfangenen oder erweckten heiligen Funken der Freiheit und deutſcher
Nationalität in die Herzen Aller übertragen und ſo eine Flamme
entzünden, in welcher das ſchmachvoll niedergetretene
deutſche Vaterland ſich zu läutern und wie der Phönix
jugendlich zu erſtehen hoffen darf
.“
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[32/0040] Weiſe zu deuten und auszubilden. Die Schmähungen des Amtseifers muß man der zärtlichen Beſorgniß für beſtehende Inſtitutionen verzei- hen; die einzige Antwort ſei: unſere würdevolle Haltung. Aber indem ich mich anſchicke, von der Idee dieſes Feſtes zu reden, ſuch’ ich, von deren Unermeßlichkeit durchdrungen, vergebens den rechten Ausdruck für die Bilder, die ſchon bei einer andern Feier (am 29. Januar *) vor meiner Seele ſtanden, und die in ſtets lichterer Klarheit hervordringen aus den Tiefen der Zukunft. Ich werde kurz ſeyn, am Tage, wo Aller Herzen voll ſind; ich werde ſchlicht ſeyn, denn ich rede zu Allen; ich werde wahr ſeyn, nur für die Wahrheit iſt dieſer Redeſtuhl errichtet. Wer reden will in die- ſer kreiſenden Zeit der Völkergeburt, der rede frei und offen wie des Himmels Sonne friſch hineinleuchtet in die ſündenvolle Nacht. Diener der Gewalt mögen im Finſtern ſchleichen oder am hellen Tage die viel- farbige Larve der Heuchelei und Lüge vornehmen; der Patriot, wer ſein Vaterland liebt und die Freiheit liebt, wer die Menſchenwürde trägt im Buſen, der tritt in ſeiner eigenſten Geſtalt auf: er kann irren, aber nimmermehr ſich und Andere belügen; nicht jene Selbſtſucht wird ihn beherrſchen, die in verſchleierter Halbheit ſich für jeden Ausgang des großen Kampfes das Löſe- und Bindemittel retten will, nicht jene Selbſtſucht, die die beſſere Ueberzeugung an die Furcht verräth oder um ſchnöden Gewinn tauſcht, nicht jene Selbſtſucht, die, wie das Gift der Cholera, die Lippen in ſtotternden Krampf ſetzt und den Pulsſchlag des Herzens tödtend erſtarrt; ſondern der Gottesfunke der Menſchheit möge ſein Gemüth bewegen, ſeine Zunge begeiſtern, der Gottesfunke der Liebe zum Vaterland, zur Freiheit. *) S. Weſtbote 1832 Nr. 34, wo die Beſchreibung des Schüler’ſchen Feſtes alſo ſchließt: „Dies der vorläufige Bericht, den der Weſtbote ab- ſtattet. Er ſelbſt war Augenzeuge, er erzählt wahr und treu. Noch (am Morgen nach dem Feſte) iſt er des gewaltigen Eindrucks kaum Herr; aber er gewahrt in naher Ferne die immer grö- ßere Entfaltung des Bürgerlebens; er ſah in der geſtri- gen Feier, in der Mitte der ausgezeichneteren Männer des Kreiſes, ein Bürger- oder Volksfeſt, das, wie ſchon bemerkt, bald in ein wahres Nationalfeſt übergehen wird. Jeder der Anweſenden wird den em- pfangenen oder erweckten heiligen Funken der Freiheit und deutſcher Nationalität in die Herzen Aller übertragen und ſo eine Flamme entzünden, in welcher das ſchmachvoll niedergetretene deutſche Vaterland ſich zu läutern und wie der Phönix jugendlich zu erſtehen hoffen darf.“

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Zitationshilfe: Wirth, Johann Georg August: Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach. Heft 1. Neustadt, 1832, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wirth_nationalfest01_1832/40>, abgerufen am 26.11.2024.