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Wirth, Johann Georg August: Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach. Heft 1. Neustadt, 1832.

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die diesen Kampf, der Verfolgungen durch Kerker und Interdikte ohn-
geachtet, bisher so unerschrocken fortsetzten, und den Muth hatten, den
großen Schritt zu einem Verbrüderungsfeste des teutschen Volkes, un-
ter Verboten und Bajonetten zu wagen.

Ich weiß zum Voraus, daß alles was der gegenwärtige gefahrdrohende
Zeitpunkt erfordert, von den bei dem Feste vereinten Vaterlands-Freunden
umfassend berathen wird, erlaube mir aber doch einige Gegenstände zu
berühren, die ich für dringend halte.

1. Welche Gesinnung herrscht in den teutschen Gauen in Hinsicht
des bisher von den Feinden der Volksrechte so sehr benutzten Franzosen-
hasses? Wird dieser wieder wie in den 1790r Jahren etc. der Despotie
die Hand reichen?

Wollen wir unsere Freiheit, wollen wir ein einziges Teutschland errin-
gen, so ist es nur dauerhaft möglich, wenn wir und das französische Volk für
einerlei Zweck zum Kampf gerüstet da stehen, und wenn es die Noth er-
fordert vereint für einerlei Zweck kämpfen. Die Idee von Eroberungs-
und Unterjochungskrieg durch die Franzosen, wenn der Kampf vom Volk
ausgeht, im Volkssinn geführt wird, soll uns nicht mehr als Schreckbild die-
nen. Völker, die für Freiheit kämpfen, die vereint für die gleiche Sache
streiten, können sich nicht gegenseitig der Freiheit berauben etc.

Daher laßt uns wenigstens in unserm Südteutschland dieses Schreck-
bild, womit die Aristokraten die teutschen Völker zu täuschen suchen, ver-
scheuchen, und unsere teutschen Brüder über das wahre Verhältniß dieses
Gegenstandes belehren.

2. Wie wird sich das südteutsche Volk verhalten, wenn Oestreich und
Preußen unter dem Vorwand die Regierungen gegen vorgeschützte Eingriffe
des Volkes, gegen Volks-Aufstände etc. zu schützen, und den Bundestags-
Beschlüssen, wenn sie auch noch so volksfeindlich sein sollten, Kraft und
Vollzug zu verschaffen, die südteutschen Staaten bis an die Grenzen
Frankreichs mit ihren Truppen überschwemmen, uns unter diesem Deck-
mantel wie ein schon occupirtes Land behandeln, uns auf diese Art mit
in den Kampf gegen Frankreich, gegen Freiheit und Volksrechte füh-
ren, unser schönes Land zum gräßlichsten Kriegsschauplatz umwandeln,
und dadurch unser Unglück auf den höchsten Grad steigern wollten.

Die Beantwortung dieser Frage mag allerdings sehr schwierig sein,
aber man sollte hierüber vor der That gefaßt, entschlossen und über das

die dieſen Kampf, der Verfolgungen durch Kerker und Interdikte ohn-
geachtet, bisher ſo unerſchrocken fortſetzten, und den Muth hatten, den
großen Schritt zu einem Verbrüderungsfeſte des teutſchen Volkes, un-
ter Verboten und Bajonetten zu wagen.

Ich weiß zum Voraus, daß alles was der gegenwärtige gefahrdrohende
Zeitpunkt erfordert, von den bei dem Feſte vereinten Vaterlands-Freunden
umfaſſend berathen wird, erlaube mir aber doch einige Gegenſtaͤnde zu
beruͤhren, die ich fuͤr dringend halte.

1. Welche Geſinnung herrſcht in den teutſchen Gauen in Hinſicht
des bisher von den Feinden der Volksrechte ſo ſehr benutzten Franzoſen-
haſſes? Wird dieſer wieder wie in den 1790r Jahren ꝛc. der Despotie
die Hand reichen?

Wollen wir unſere Freiheit, wollen wir ein einziges Teutſchland errin-
gen, ſo iſt es nur dauerhaft moͤglich, wenn wir und das franzoͤſiſche Volk fuͤr
einerlei Zweck zum Kampf geruͤſtet da ſtehen, und wenn es die Noth er-
fordert vereint fuͤr einerlei Zweck kaͤmpfen. Die Idee von Eroberungs-
und Unterjochungskrieg durch die Franzoſen, wenn der Kampf vom Volk
ausgeht, im Volksſinn gefuͤhrt wird, ſoll uns nicht mehr als Schreckbild die-
nen. Voͤlker, die fuͤr Freiheit kaͤmpfen, die vereint fuͤr die gleiche Sache
ſtreiten, können ſich nicht gegenſeitig der Freiheit berauben ꝛc.

Daher laßt uns wenigſtens in unſerm Suͤdteutſchland dieſes Schreck-
bild, womit die Ariſtokraten die teutſchen Voͤlker zu taͤuſchen ſuchen, ver-
ſcheuchen, und unſere teutſchen Bruͤder uͤber das wahre Verhaͤltniß dieſes
Gegenſtandes belehren.

2. Wie wird ſich das ſuͤdteutſche Volk verhalten, wenn Oeſtreich und
Preußen unter dem Vorwand die Regierungen gegen vorgeſchuͤtzte Eingriffe
des Volkes, gegen Volks-Aufſtaͤnde ꝛc. zu ſchuͤtzen, und den Bundestags-
Beſchluͤſſen, wenn ſie auch noch ſo volksfeindlich ſein ſollten, Kraft und
Vollzug zu verſchaffen, die ſuͤdteutſchen Staaten bis an die Grenzen
Frankreichs mit ihren Truppen uͤberſchwemmen, uns unter dieſem Deck-
mantel wie ein ſchon occupirtes Land behandeln, uns auf dieſe Art mit
in den Kampf gegen Frankreich, gegen Freiheit und Volksrechte fuͤh-
ren, unſer ſchoͤnes Land zum graͤßlichſten Kriegsſchauplatz umwandeln,
und dadurch unſer Ungluͤck auf den hoͤchſten Grad ſteigern wollten.

Die Beantwortung dieſer Frage mag allerdings ſehr ſchwierig ſein,
aber man ſollte hieruͤber vor der That gefaßt, entſchloſſen und uͤber das

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[22/0030] die dieſen Kampf, der Verfolgungen durch Kerker und Interdikte ohn- geachtet, bisher ſo unerſchrocken fortſetzten, und den Muth hatten, den großen Schritt zu einem Verbrüderungsfeſte des teutſchen Volkes, un- ter Verboten und Bajonetten zu wagen. Ich weiß zum Voraus, daß alles was der gegenwärtige gefahrdrohende Zeitpunkt erfordert, von den bei dem Feſte vereinten Vaterlands-Freunden umfaſſend berathen wird, erlaube mir aber doch einige Gegenſtaͤnde zu beruͤhren, die ich fuͤr dringend halte. 1. Welche Geſinnung herrſcht in den teutſchen Gauen in Hinſicht des bisher von den Feinden der Volksrechte ſo ſehr benutzten Franzoſen- haſſes? Wird dieſer wieder wie in den 1790r Jahren ꝛc. der Despotie die Hand reichen? Wollen wir unſere Freiheit, wollen wir ein einziges Teutſchland errin- gen, ſo iſt es nur dauerhaft moͤglich, wenn wir und das franzoͤſiſche Volk fuͤr einerlei Zweck zum Kampf geruͤſtet da ſtehen, und wenn es die Noth er- fordert vereint fuͤr einerlei Zweck kaͤmpfen. Die Idee von Eroberungs- und Unterjochungskrieg durch die Franzoſen, wenn der Kampf vom Volk ausgeht, im Volksſinn gefuͤhrt wird, ſoll uns nicht mehr als Schreckbild die- nen. Voͤlker, die fuͤr Freiheit kaͤmpfen, die vereint fuͤr die gleiche Sache ſtreiten, können ſich nicht gegenſeitig der Freiheit berauben ꝛc. Daher laßt uns wenigſtens in unſerm Suͤdteutſchland dieſes Schreck- bild, womit die Ariſtokraten die teutſchen Voͤlker zu taͤuſchen ſuchen, ver- ſcheuchen, und unſere teutſchen Bruͤder uͤber das wahre Verhaͤltniß dieſes Gegenſtandes belehren. 2. Wie wird ſich das ſuͤdteutſche Volk verhalten, wenn Oeſtreich und Preußen unter dem Vorwand die Regierungen gegen vorgeſchuͤtzte Eingriffe des Volkes, gegen Volks-Aufſtaͤnde ꝛc. zu ſchuͤtzen, und den Bundestags- Beſchluͤſſen, wenn ſie auch noch ſo volksfeindlich ſein ſollten, Kraft und Vollzug zu verſchaffen, die ſuͤdteutſchen Staaten bis an die Grenzen Frankreichs mit ihren Truppen uͤberſchwemmen, uns unter dieſem Deck- mantel wie ein ſchon occupirtes Land behandeln, uns auf dieſe Art mit in den Kampf gegen Frankreich, gegen Freiheit und Volksrechte fuͤh- ren, unſer ſchoͤnes Land zum graͤßlichſten Kriegsſchauplatz umwandeln, und dadurch unſer Ungluͤck auf den hoͤchſten Grad ſteigern wollten. Die Beantwortung dieſer Frage mag allerdings ſehr ſchwierig ſein, aber man ſollte hieruͤber vor der That gefaßt, entſchloſſen und uͤber das

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Zitationshilfe: Wirth, Johann Georg August: Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach. Heft 1. Neustadt, 1832, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wirth_nationalfest01_1832/30>, abgerufen am 27.11.2024.