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Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 2. Dresden, 1764.

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II Theil. Von der Griechischen Kunst
müssen, daß keine Statuen zerstümmelt und zerschlagen wurden 1). Denn
da die Christliche Religion anfieng mächtig zu werden, wurden die Heid-
nischen Tempel ausgeplündert, und die Verschnittenen, welche an der
Constantiner Höfe anstatt ihrer Herren regiereten, ziereten mit dem Mar-
mor der Tempel ihre Palläste aus 2). Diesen Unfug suchte Kaiser Ho-
norius in Rom zu steuern durch ein Gesetz, in welchem die Opfer unter-
saget, aber die Tempel selbst zu erhalten befohlen wurden 3). Berühm-
ten Männern aber wurden noch damals Statuen aufgerichtet, wie dem
Stilico, und dem Dichter Claudianus, unter dem Kaiser Honorius
diese Ehre wiederfuhr: von jener Statue fand sich vor zweyhundert Jah-
ren noch die Base 4). Zu Constantinopel haben sich noch zwo Säulen,
nach Art der Trajanischen in Rom, erhalten, welche unter der Regie-
rung des Arcadius gearbeitet, und aufgerichtet worden sind 5). Die er-
hobenen Arbeiten an der einen, sind nach den Zeichnungen in Kupfer ge-
stochen, welche der Venetianische Maler Bellino, den Mohammed II.
nach Constantinopel kommen ließ, verfertiget, und es scheint, daß
der Künstler die Arbeit an derselben nach seiner Vorstellung verschö-
nert habe. Denn das wenige, was von der andern Säule gezeichnet
ist, giebt einen sehr schlechten Begriff, und ist unendlich weit von jener
Arbeit verschieden.

I.
Von dem Ver-
fall der Stadt
Athen, und
von der Zer-
störung von
Rom.

Athen war, wie Synesius berichtet 6), etliche sechzig Jahre, nach-
dem Byzanz der Sitz des Römischen Reichs geworden war, aller seiner
Herrlichkeit beraubet, und es war nichts merkwürdiges mehr daselbst,

als
1) v. Vales. Not. ad Ammian. L. 16. c. 6. C.
2) v. Ibid. ad L. 22. c. 4. p. 299. b.
3) Cod. Theodos. de Pagan. L. 15.
4) Marlian. Topogr. Rom. L. 2. c. 10. p. 29.
5) v. Bandur. Imp. Orient. T. 2. p. 508.
6) Ep. 235.

II Theil. Von der Griechiſchen Kunſt
muͤſſen, daß keine Statuen zerſtuͤmmelt und zerſchlagen wurden 1). Denn
da die Chriſtliche Religion anfieng maͤchtig zu werden, wurden die Heid-
niſchen Tempel ausgepluͤndert, und die Verſchnittenen, welche an der
Conſtantiner Hoͤfe anſtatt ihrer Herren regiereten, ziereten mit dem Mar-
mor der Tempel ihre Pallaͤſte aus 2). Dieſen Unfug ſuchte Kaiſer Ho-
norius in Rom zu ſteuern durch ein Geſetz, in welchem die Opfer unter-
ſaget, aber die Tempel ſelbſt zu erhalten befohlen wurden 3). Beruͤhm-
ten Maͤnnern aber wurden noch damals Statuen aufgerichtet, wie dem
Stilico, und dem Dichter Claudianus, unter dem Kaiſer Honorius
dieſe Ehre wiederfuhr: von jener Statue fand ſich vor zweyhundert Jah-
ren noch die Baſe 4). Zu Conſtantinopel haben ſich noch zwo Saͤulen,
nach Art der Trajaniſchen in Rom, erhalten, welche unter der Regie-
rung des Arcadius gearbeitet, und aufgerichtet worden ſind 5). Die er-
hobenen Arbeiten an der einen, ſind nach den Zeichnungen in Kupfer ge-
ſtochen, welche der Venetianiſche Maler Bellino, den Mohammed II.
nach Conſtantinopel kommen ließ, verfertiget, und es ſcheint, daß
der Kuͤnſtler die Arbeit an derſelben nach ſeiner Vorſtellung verſchoͤ-
nert habe. Denn das wenige, was von der andern Saͤule gezeichnet
iſt, giebt einen ſehr ſchlechten Begriff, und iſt unendlich weit von jener
Arbeit verſchieden.

I.
Von dem Ver-
fall der Stadt
Athen, und
von der Zer-
ſtoͤrung von
Rom.

Athen war, wie Syneſius berichtet 6), etliche ſechzig Jahre, nach-
dem Byzanz der Sitz des Roͤmiſchen Reichs geworden war, aller ſeiner
Herrlichkeit beraubet, und es war nichts merkwuͤrdiges mehr daſelbſt,

als
1) v. Valeſ. Not. ad Ammian. L. 16. c. 6. C.
2) v. Ibid. ad L. 22. c. 4. p. 299. b.
3) Cod. Theodoſ. de Pagan. L. 15.
4) Marlian. Topogr. Rom. L. 2. c. 10. p. 29.
5) v. Bandur. Imp. Orient. T. 2. p. 508.
6) Ep. 235.
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[426/0114] II Theil. Von der Griechiſchen Kunſt muͤſſen, daß keine Statuen zerſtuͤmmelt und zerſchlagen wurden 1). Denn da die Chriſtliche Religion anfieng maͤchtig zu werden, wurden die Heid- niſchen Tempel ausgepluͤndert, und die Verſchnittenen, welche an der Conſtantiner Hoͤfe anſtatt ihrer Herren regiereten, ziereten mit dem Mar- mor der Tempel ihre Pallaͤſte aus 2). Dieſen Unfug ſuchte Kaiſer Ho- norius in Rom zu ſteuern durch ein Geſetz, in welchem die Opfer unter- ſaget, aber die Tempel ſelbſt zu erhalten befohlen wurden 3). Beruͤhm- ten Maͤnnern aber wurden noch damals Statuen aufgerichtet, wie dem Stilico, und dem Dichter Claudianus, unter dem Kaiſer Honorius dieſe Ehre wiederfuhr: von jener Statue fand ſich vor zweyhundert Jah- ren noch die Baſe 4). Zu Conſtantinopel haben ſich noch zwo Saͤulen, nach Art der Trajaniſchen in Rom, erhalten, welche unter der Regie- rung des Arcadius gearbeitet, und aufgerichtet worden ſind 5). Die er- hobenen Arbeiten an der einen, ſind nach den Zeichnungen in Kupfer ge- ſtochen, welche der Venetianiſche Maler Bellino, den Mohammed II. nach Conſtantinopel kommen ließ, verfertiget, und es ſcheint, daß der Kuͤnſtler die Arbeit an derſelben nach ſeiner Vorſtellung verſchoͤ- nert habe. Denn das wenige, was von der andern Saͤule gezeichnet iſt, giebt einen ſehr ſchlechten Begriff, und iſt unendlich weit von jener Arbeit verſchieden. Athen war, wie Syneſius berichtet 6), etliche ſechzig Jahre, nach- dem Byzanz der Sitz des Roͤmiſchen Reichs geworden war, aller ſeiner Herrlichkeit beraubet, und es war nichts merkwuͤrdiges mehr daſelbſt, als 1) v. Valeſ. Not. ad Ammian. L. 16. c. 6. C. 2) v. Ibid. ad L. 22. c. 4. p. 299. b. 3) Cod. Theodoſ. de Pagan. L. 15. 4) Marlian. Topogr. Rom. L. 2. c. 10. p. 29. 5) v. Bandur. Imp. Orient. T. 2. p. 508. 6) Ep. 235.

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Zitationshilfe: Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 2. Dresden, 1764, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte02_1764/114>, abgerufen am 25.11.2024.