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Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 2. Dresden, 1764.

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II Theil. Von der Griechischen Kunst
Von der Pracht derselben giebt ein silberner Hahn einen Beweis, aus wel-
chem das Wasser in den Bädern dieser Villa lief; es wurde derselbe vor
etwa vierzig Jahren an gedachtem Orte ausgegraben, und hielt dreyßig
bis vierzig Pfund am Gewichte, mit der Jnschrift: FAVSTINAE
NOSTRAE.
Jn den Bädern des Claudius lief auch das Wasser in
silbernen Röhren 1). Jn den Trümmern jener Villa wurde die schöne
Thetis des Herrn Cardinal Alex. Albani im Jahre 1714. entdecket, aber
ohne Kopf: es ist dieselbe bis auf die Schenkel unbekleidet, und hält ein
Ruder, welches auf einem Meerthiere ruhet: die Base, nebst dem einen
Fuße auf derselben, hat sich erhalten, und an derselben sieht man ein Ro-
strum
eines Schiffes. Diese Statue aber ist vermuthlich aus einer hö-
hern Zeit der Kunst, so wie es zwo unbekleidete Statuen mit Köpfen des
Lucius Verus 2) in der Villa Mattei und Farnese scheinen, unter welchen
diese eine der vollkommensten Männlichen Figuren aus dem Alterthume ist.
Marcus Aurelius ließ auf dem Foro Trajani allen tapfern Männern,
die in dem deutschen Kriege geblieben waren, Statuen aufrichten.

b.
Von einem
Colossalischen
Kopfe der
Faustina.

Eins der schönsten Werke dieser Zeit, ist ein Colossalischer Kopf von
Marmor, wie es scheint der jüngern Faustina; ich sage, wie es scheint:
denn die Aehnlichkeit, sonderlich Jugendlicher und Weiblicher Köpfe, wird
etwas unkenntlich in Colossalischen Köpfen; von dem Kinne an, bis an
die Haare auf der Stirne, hält derselbe zwo Spannen. Dieser Kopf
war, wie man sieht, nach der von mir angezeigten Art, in dessen Statue
eingefüget. Es muß dieselbe von Erzt, oder von Marmor, gewesen seyn:
denn einer von den Füßen, welcher sich erhalten hat, war ebenfalls einge-
füget; so daß die äußern Theile von Marmor waren; auch von den Ar-
men sind Stücke übrig. Dieser schöne Kopf, welcher nichts im geringsten
gelitten hat, wurde zu Porcigliano, ohnweit von Ostia, wie man glaubet,

in
1) Fabric. Rom. p. 205.
2) Maffei Stat. n. 106.

II Theil. Von der Griechiſchen Kunſt
Von der Pracht derſelben giebt ein ſilberner Hahn einen Beweis, aus wel-
chem das Waſſer in den Baͤdern dieſer Villa lief; es wurde derſelbe vor
etwa vierzig Jahren an gedachtem Orte ausgegraben, und hielt dreyßig
bis vierzig Pfund am Gewichte, mit der Jnſchrift: FAVSTINAE
NOSTRAE.
Jn den Baͤdern des Claudius lief auch das Waſſer in
ſilbernen Roͤhren 1). Jn den Truͤmmern jener Villa wurde die ſchoͤne
Thetis des Herrn Cardinal Alex. Albani im Jahre 1714. entdecket, aber
ohne Kopf: es iſt dieſelbe bis auf die Schenkel unbekleidet, und haͤlt ein
Ruder, welches auf einem Meerthiere ruhet: die Baſe, nebſt dem einen
Fuße auf derſelben, hat ſich erhalten, und an derſelben ſieht man ein Ro-
ſtrum
eines Schiffes. Dieſe Statue aber iſt vermuthlich aus einer hoͤ-
hern Zeit der Kunſt, ſo wie es zwo unbekleidete Statuen mit Koͤpfen des
Lucius Verus 2) in der Villa Mattei und Farneſe ſcheinen, unter welchen
dieſe eine der vollkommenſten Maͤnnlichen Figuren aus dem Alterthume iſt.
Marcus Aurelius ließ auf dem Foro Trajani allen tapfern Maͤnnern,
die in dem deutſchen Kriege geblieben waren, Statuen aufrichten.

b.
Von einem
Coloſſaliſchen
Kopfe der
Fauſtina.

Eins der ſchoͤnſten Werke dieſer Zeit, iſt ein Coloſſaliſcher Kopf von
Marmor, wie es ſcheint der juͤngern Fauſtina; ich ſage, wie es ſcheint:
denn die Aehnlichkeit, ſonderlich Jugendlicher und Weiblicher Koͤpfe, wird
etwas unkenntlich in Coloſſaliſchen Koͤpfen; von dem Kinne an, bis an
die Haare auf der Stirne, haͤlt derſelbe zwo Spannen. Dieſer Kopf
war, wie man ſieht, nach der von mir angezeigten Art, in deſſen Statue
eingefuͤget. Es muß dieſelbe von Erzt, oder von Marmor, geweſen ſeyn:
denn einer von den Fuͤßen, welcher ſich erhalten hat, war ebenfalls einge-
fuͤget; ſo daß die aͤußern Theile von Marmor waren; auch von den Ar-
men ſind Stuͤcke uͤbrig. Dieſer ſchoͤne Kopf, welcher nichts im geringſten
gelitten hat, wurde zu Porcigliano, ohnweit von Oſtia, wie man glaubet,

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1) Fabric. Rom. p. 205.
2) Maffei Stat. n. 106.
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[412/0100] II Theil. Von der Griechiſchen Kunſt Von der Pracht derſelben giebt ein ſilberner Hahn einen Beweis, aus wel- chem das Waſſer in den Baͤdern dieſer Villa lief; es wurde derſelbe vor etwa vierzig Jahren an gedachtem Orte ausgegraben, und hielt dreyßig bis vierzig Pfund am Gewichte, mit der Jnſchrift: FAVSTINAE NOSTRAE. Jn den Baͤdern des Claudius lief auch das Waſſer in ſilbernen Roͤhren 1). Jn den Truͤmmern jener Villa wurde die ſchoͤne Thetis des Herrn Cardinal Alex. Albani im Jahre 1714. entdecket, aber ohne Kopf: es iſt dieſelbe bis auf die Schenkel unbekleidet, und haͤlt ein Ruder, welches auf einem Meerthiere ruhet: die Baſe, nebſt dem einen Fuße auf derſelben, hat ſich erhalten, und an derſelben ſieht man ein Ro- ſtrum eines Schiffes. Dieſe Statue aber iſt vermuthlich aus einer hoͤ- hern Zeit der Kunſt, ſo wie es zwo unbekleidete Statuen mit Koͤpfen des Lucius Verus 2) in der Villa Mattei und Farneſe ſcheinen, unter welchen dieſe eine der vollkommenſten Maͤnnlichen Figuren aus dem Alterthume iſt. Marcus Aurelius ließ auf dem Foro Trajani allen tapfern Maͤnnern, die in dem deutſchen Kriege geblieben waren, Statuen aufrichten. Eins der ſchoͤnſten Werke dieſer Zeit, iſt ein Coloſſaliſcher Kopf von Marmor, wie es ſcheint der juͤngern Fauſtina; ich ſage, wie es ſcheint: denn die Aehnlichkeit, ſonderlich Jugendlicher und Weiblicher Koͤpfe, wird etwas unkenntlich in Coloſſaliſchen Koͤpfen; von dem Kinne an, bis an die Haare auf der Stirne, haͤlt derſelbe zwo Spannen. Dieſer Kopf war, wie man ſieht, nach der von mir angezeigten Art, in deſſen Statue eingefuͤget. Es muß dieſelbe von Erzt, oder von Marmor, geweſen ſeyn: denn einer von den Fuͤßen, welcher ſich erhalten hat, war ebenfalls einge- fuͤget; ſo daß die aͤußern Theile von Marmor waren; auch von den Ar- men ſind Stuͤcke uͤbrig. Dieſer ſchoͤne Kopf, welcher nichts im geringſten gelitten hat, wurde zu Porcigliano, ohnweit von Oſtia, wie man glaubet, in 1) Fabric. Rom. p. 205. 2) Maffei Stat. n. 106.

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Zitationshilfe: Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 2. Dresden, 1764, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte02_1764/100>, abgerufen am 21.11.2024.