Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764.I Theil. Viertes Capitel. c Aus Seide.Die Kleidung von Seide erkennet man auf alten Gemälden an der des 1) Bayardi Catal. Ercol. p. 47. n. 244. p. 117. n. 593. Pilt. Ercol. T. 2. tav. 5. p. 27. 2) Icon. L. 1. n. 10. p. 779. 3) Tacit. Annal. L. 2. c. 33.
I Theil. Viertes Capitel. c Aus Seide.Die Kleidung von Seide erkennet man auf alten Gemaͤlden an der des 1) Bayardi Catal. Ercol. p. 47. n. 244. p. 117. n. 593. Pilt. Ercol. T. 2. tav. 5. p. 27. 2) Icon. L. 1. n. 10. p. 779. 3) Tacit. Annal. L. 2. c. 33.
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I Theil. Viertes Capitel.
Die Kleidung von Seide erkennet man auf alten Gemaͤlden an der
verſchiedenen Farbe auf eben demſeben Gewande, welches man eine ſich
aͤndernde Farbe (Colore cangiante) nennet, wie dieſes deutlich auf
der ſogenannten Aldrovandiniſchen Hochzeit, und an den Copien von an-
dern in Rom gefundenen und vernichteten Gemaͤlden, welche der Herr
Cardinal Alexander Albani beſitzet, zu ſehen iſt; noch haͤufiger aber auf
vielen Herculaniſchen Gemaͤlden erſcheinet, wie in dem Verzeichniſſe und
in der Beſchreibung derſelben an einigen Orten angemerket worden 1).
Dieſe verſchiedene Farbe auf den Gewaͤndern verurſachet die glatte Flaͤche
der Seide und der krelle Widerſchein, und dieſe Wirkung macht weder
Tuch, noch Baumwolle, aus Urſache des wolligten Fadens und der rauchli-
chen Flaͤche. Dieſes will Philoſtratus anzeigen, wenn er von dem Man-
tel des Amphion ſaget, daß derſelbe nicht von einer Farbe geweſen, ſon-
dern ſich geaͤndert 2). Daß das Griechiſche Frauenzimmer in den beſten
Zeiten von Griechenland, ſeidene Kleider getragen, iſt aus Schriften
nicht bekannt; aber wir ſehen es in den Werken ihrer Kuͤnſtler, unter wel-
chen vier zuletzt im Herculano entdeckte Gemaͤlde, welche unten beſchrie-
ben ſind, vor der Kaiſer Zeiten gemalt ſeyn koͤnnen: man koͤnnte ſagen,
es haͤtten die Maler ein ſeidenes Gewand gehabt, ihre Modelle damit zu
bekleiden. In Rom wußte man bis unter den Kaiſern nichts von dieſer
Tracht; da aber die Pracht einriß, ließ man ſeidene Zeuge aus Indien
kommen, und es kleideten ſich auch Maͤnner in Seide 3), woruͤber unter
dem Tiberius ein Verboth gemacht wurde. Eine beſondere ſich aͤndernde
Farbe ſieht man auf vielen Gewaͤndern alter Gemaͤlde, nemlich roth
und violet, oder Himmelblau zugleich, oder roth in den Tiefen, und gruͤn
auf den Hoͤhen, oder violet in den Tiefen, und gelb auf den Hoͤhen;
welches ebenfalls ſeidene Zeuge andeutet, aber ſolche, an welchen der Faden
des
1) Bayardi Catal. Ercol. p. 47. n. 244. p. 117. n. 593. Pilt. Ercol. T. 2. tav. 5. p. 27.
2) Icon. L. 1. n. 10. p. 779.
3) Tacit. Annal. L. 2. c. 33.
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