Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764.I Theil. Viertes Capitel. aber vielmehr vorher eingenommen sich denselben nähern: denn in derVersicherung, viel schönes zu finden, werden sie dasselbe suchen, und eini- ges wird sich ihnen entdecken. Man kehre so oft zurück, bis man es ge- funden hat: denn es ist vorhanden. Zeichnung der Figuren der Thiere von Griechischen Meistern. In diesem zweyten Stücke von dem Wesentlichen der Griechischen Von Löwen und von Pferden haben sich ungemein schöne Stücke, theils In Pferden sind die alten Künstler von den Neueren vielleicht nicht in 1) Plin. L. 34. c. 19. 2) Id. L. 36. c. 5. 3) Refl. sur la poesie & sur la peint.
I Theil. Viertes Capitel. aber vielmehr vorher eingenommen ſich denſelben naͤhern: denn in derVerſicherung, viel ſchoͤnes zu finden, werden ſie daſſelbe ſuchen, und eini- ges wird ſich ihnen entdecken. Man kehre ſo oft zuruͤck, bis man es ge- funden hat: denn es iſt vorhanden. Zeichnung der Figuren der Thiere von Griechiſchen Meiſtern. In dieſem zweyten Stuͤcke von dem Weſentlichen der Griechiſchen Von Loͤwen und von Pferden haben ſich ungemein ſchoͤne Stuͤcke, theils In Pferden ſind die alten Kuͤnſtler von den Neueren vielleicht nicht in 1) Plin. L. 34. c. 19. 2) Id. L. 36. c. 5. 3) Refl. ſur la poeſie & ſur la peint.
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I Theil. Viertes Capitel.
aber vielmehr vorher eingenommen ſich denſelben naͤhern: denn in der
Verſicherung, viel ſchoͤnes zu finden, werden ſie daſſelbe ſuchen, und eini-
ges wird ſich ihnen entdecken. Man kehre ſo oft zuruͤck, bis man es ge-
funden hat: denn es iſt vorhanden.
In dieſem zweyten Stuͤcke von dem Weſentlichen der Griechiſchen
Kunſt iſt, nach der Zeichnung der Menſchlichen Figuren, mit wenigen die
Abbildung der Thiere, ſo wie im zweyten Capitel geſchehen, zu beruͤhren.
Die Unterſuchung und Kenntniß der Natur der Thiere iſt nicht weniger
ein Vorwurf der Kuͤnſtler der alten Griechen, als ihrer Weiſen, geweſen:
verſchiedene Kuͤnſtler haben ſich vornehmlich in Thieren zu zeigen geſuchet;
Calamis in Pferden, und Nicias in Hunden; ja die Kuh des Myron
iſt beruͤhmter, als ſeine andern Werke, und iſt durch viel Dichter beſungen,
deren Inſchriften ſich erhalten haben; auch ein Hund dieſes Kuͤnſtlers
war beruͤhmt, ſo wie ein Kalb des Menaͤchmus 1). Wir finden, daß
die alten Kuͤnſtler wilde Thiere nach dem Leben gearbeitet, und Paſite-
les 2) hatte einen lebendigen Loͤwen in Abbildung deſſelben vor Augen.
Von Loͤwen und von Pferden haben ſich ungemein ſchoͤne Stuͤcke, theils
freyſtehende, theils erhobene, und auf Muͤnzen und geſchnittenen Steinen,
erhalten. Der uͤber die Natur große ſitzende Loͤwe in weißem Marmor,
welcher an dem Pireaͤiſchen Hafen zu Athen ſtand, und itzo vor dem Ein-
gange des Arſenals zu Venedig ſtehet, iſt billig unter die vorzuͤglichen
Werke der Kunſt zu zaͤhlen, und der ſtehende Loͤwe im Pallaſte Barberini,
ebenfalls uͤber Lebensgroͤße, welcher von einem Grabmale weggenommen
iſt, zeiget dieſen Koͤnig der Thiere in ſeiner fuͤrchterlichen Großheit. Wie
ſchoͤn ſind die Loͤwen auf Muͤnzen der Stadt Velia gezeichnet und gepraͤget!
In Pferden ſind die alten Kuͤnſtler von den Neueren vielleicht nicht
uͤbertroffen, wie Duͤ Bos behauptet 3), weil er annimmt, daß die Pferde
in
1) Plin. L. 34. c. 19.
2) Id. L. 36. c. 5.
3) Refl. ſur la poeſie & ſur la peint.
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