te er die Meta Sudante vor dem Coliseo als ein Muster der alten Baukunst anführen können.
Einige haben aus einem einzigen Buchstaben den Meister kühnlich angegeben 1), und derjenige, welcher die Namen einiger Künstler an Statuen, wie bey dem gedachten Papirius, oder viel- mehr Hippolytus, und bey dem Germanicus geschehen, mit Still- schweigen übergangen, giebt uns den Mars von Johann Bologna in der Villa Medicis für eine Statue aus dem Alterthume an 2); dieses hat zugleich andere verführet 3). Ein anderer, um eine schlechte alte Statue, den vermeynten Narcissus in dem Pallaste Barberini 4), anstatt einer guten Figur, zu beschreiben, erzählet uns die Fabel desselben, und der Verfasser einer Abhandlung von drey Statuen im Campidoglio, der Roma, und zween Barbari- scher gefangener Könige, giebt uns wider Vermuthen eine Ge- schichte von Numidien 5): das heißt, wie die Griechen sagen, Leu- con trägt ein Ding, und sein Esel ein ganz anderes.
Aus Beschreibungen der übrigen Alterthümer, der Gallerien und Villen zu Rom, ist eben so wenig Unterricht für die Kunst zu ziehen; sie verführen mehr, als sie unterrichten. Zwo Statuen der Hersilia, der Frau des Romulus, und eine Venus vom Phi- dias beym Pinaroli6), gehören zu den Köpfen der Lucretia und des Cäsars nach dem Leben gemachet, in dem Verzeichnisse der Statuen des Grafen Pembroke, und des Cabinets des Car- dinals Polignac. Unter den Statuen Graf Pembrokes zu Wil-
ton
1)Capac. Antiq. Campon. p. 10.
2)Maffei Stat. ant. n. 30.
3)Montfauc. Diar. Ital. p. 222.
4)Tetii Aedes Barber. p. 185.
5)Braschius de trib. Stat. c. 13. p. 125.
6)Rom. ant. mod. T. 2. p. 316. p. 378. T. 3. p. 74.
b 3
Vorrede.
te er die Meta Sudante vor dem Coliſeo als ein Muſter der alten Baukunſt anfuͤhren koͤnnen.
Einige haben aus einem einzigen Buchſtaben den Meiſter kuͤhnlich angegeben 1), und derjenige, welcher die Namen einiger Kuͤnſtler an Statuen, wie bey dem gedachten Papirius, oder viel- mehr Hippolytus, und bey dem Germanicus geſchehen, mit Still- ſchweigen uͤbergangen, giebt uns den Mars von Johann Bologna in der Villa Medicis fuͤr eine Statue aus dem Alterthume an 2); dieſes hat zugleich andere verfuͤhret 3). Ein anderer, um eine ſchlechte alte Statue, den vermeynten Narciſſus in dem Pallaſte Barberini 4), anſtatt einer guten Figur, zu beſchreiben, erzaͤhlet uns die Fabel deſſelben, und der Verfaſſer einer Abhandlung von drey Statuen im Campidoglio, der Roma, und zween Barbari- ſcher gefangener Koͤnige, giebt uns wider Vermuthen eine Ge- ſchichte von Numidien 5): das heißt, wie die Griechen ſagen, Leu- con traͤgt ein Ding, und ſein Eſel ein ganz anderes.
Aus Beſchreibungen der uͤbrigen Alterthuͤmer, der Gallerien und Villen zu Rom, iſt eben ſo wenig Unterricht fuͤr die Kunſt zu ziehen; ſie verfuͤhren mehr, als ſie unterrichten. Zwo Statuen der Herſilia, der Frau des Romulus, und eine Venus vom Phi- dias beym Pinaroli6), gehoͤren zu den Koͤpfen der Lucretia und des Caͤſars nach dem Leben gemachet, in dem Verzeichniſſe der Statuen des Grafen Pembroke, und des Cabinets des Car- dinals Polignac. Unter den Statuen Graf Pembrokes zu Wil-
ton
1)Capac. Antiq. Campon. p. 10.
2)Maffei Stat. ant. n. 30.
3)Montfauc. Diar. Ital. p. 222.
4)Tetii Aedes Barber. p. 185.
5)Braſchius de trib. Stat. c. 13. p. 125.
6)Rom. ant. mod. T. 2. p. 316. p. 378. T. 3. p. 74.
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[XIII/0011]
Vorrede.
te er die Meta Sudante vor dem Coliſeo als ein Muſter der
alten Baukunſt anfuͤhren koͤnnen.
Einige haben aus einem einzigen Buchſtaben den Meiſter
kuͤhnlich angegeben 1), und derjenige, welcher die Namen einiger
Kuͤnſtler an Statuen, wie bey dem gedachten Papirius, oder viel-
mehr Hippolytus, und bey dem Germanicus geſchehen, mit Still-
ſchweigen uͤbergangen, giebt uns den Mars von Johann Bologna
in der Villa Medicis fuͤr eine Statue aus dem Alterthume an 2);
dieſes hat zugleich andere verfuͤhret 3). Ein anderer, um eine
ſchlechte alte Statue, den vermeynten Narciſſus in dem Pallaſte
Barberini 4), anſtatt einer guten Figur, zu beſchreiben, erzaͤhlet
uns die Fabel deſſelben, und der Verfaſſer einer Abhandlung von
drey Statuen im Campidoglio, der Roma, und zween Barbari-
ſcher gefangener Koͤnige, giebt uns wider Vermuthen eine Ge-
ſchichte von Numidien 5): das heißt, wie die Griechen ſagen, Leu-
con traͤgt ein Ding, und ſein Eſel ein ganz anderes.
Aus Beſchreibungen der uͤbrigen Alterthuͤmer, der Gallerien
und Villen zu Rom, iſt eben ſo wenig Unterricht fuͤr die Kunſt zu
ziehen; ſie verfuͤhren mehr, als ſie unterrichten. Zwo Statuen
der Herſilia, der Frau des Romulus, und eine Venus vom Phi-
dias beym Pinaroli 6), gehoͤren zu den Koͤpfen der Lucretia
und des Caͤſars nach dem Leben gemachet, in dem Verzeichniſſe
der Statuen des Grafen Pembroke, und des Cabinets des Car-
dinals Polignac. Unter den Statuen Graf Pembrokes zu Wil-
ton
1) Capac. Antiq. Campon. p. 10.
2) Maffei Stat. ant. n. 30.
3) Montfauc. Diar. Ital. p. 222.
4) Tetii Aedes Barber. p. 185.
5) Braſchius de trib. Stat. c. 13. p. 125.
6) Rom. ant. mod. T. 2. p. 316. p. 378. T. 3. p. 74.
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Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764, S. XIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte01_1764/11>, abgerufen am 16.07.2024.
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