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Wildermuth, Ottilie: Streit in der Liebe und Liebe im Streit. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 175–210. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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einen neuen Hopswalzer anheben wollte, stellte sich Georg in den Weg und streckte den Fuß aus, das tanzende Paar bemerkte es nicht und stürzte heftig zu Boden; Kaspar fuhr wüthend auf und packte Georg an der Gurgel, es entstand ein allgemeines Gemenge, Geschrei und Geprügel, Liesbeth war mit blutendem Kopf aufgehoben und heimgeführt worden. Der Wirth und der Schultheiß brachten mit vieler Mühe den Knäul der Streitenden auseinander; Kaspar blutete aus der Nase, Georg hatte eine Beule an der Stirn, wo ihn Kaspar's Faust getroffen, und der Wirth meinte, da es bei Keinem von Beiden einen edlen Theil getroffen, so werden sie sich im Frieden vergleichen können.

Liesbeth saß allein daheim und machte Umschläge um ihre Stirn, voll Zornes, wie sie glaubte, über den wüsten Georg, der sie so gezeichnet. Aber seltsam, eigentlich war sie viel besser aufgelegt, als vor dem Tanz, wo sie so schön geschmückt mit dem Kaspar ausgezogen war. Freilich trug sie ein blutig Liebeszeichen an der Stirn, aber ein Liebeszeichen war es doch, Georg hatte mit keiner Andern getanzt und die Schuhmachers Gustel nicht einmal angesehen! und ihr, ihr allein hatte er den Fuß gestellt, alle andern Paare waren ihm gleich, die hatte er ungehindert springen lassen. Aber doch sann sie darüber nach, wie sie ihm das recht vergelten könne.

Da hörte sie ein gewaltiges Rütteln und einen heftigen Stoß an die verschloßne Hausthür, und ehe sie

einen neuen Hopswalzer anheben wollte, stellte sich Georg in den Weg und streckte den Fuß aus, das tanzende Paar bemerkte es nicht und stürzte heftig zu Boden; Kaspar fuhr wüthend auf und packte Georg an der Gurgel, es entstand ein allgemeines Gemenge, Geschrei und Geprügel, Liesbeth war mit blutendem Kopf aufgehoben und heimgeführt worden. Der Wirth und der Schultheiß brachten mit vieler Mühe den Knäul der Streitenden auseinander; Kaspar blutete aus der Nase, Georg hatte eine Beule an der Stirn, wo ihn Kaspar's Faust getroffen, und der Wirth meinte, da es bei Keinem von Beiden einen edlen Theil getroffen, so werden sie sich im Frieden vergleichen können.

Liesbeth saß allein daheim und machte Umschläge um ihre Stirn, voll Zornes, wie sie glaubte, über den wüsten Georg, der sie so gezeichnet. Aber seltsam, eigentlich war sie viel besser aufgelegt, als vor dem Tanz, wo sie so schön geschmückt mit dem Kaspar ausgezogen war. Freilich trug sie ein blutig Liebeszeichen an der Stirn, aber ein Liebeszeichen war es doch, Georg hatte mit keiner Andern getanzt und die Schuhmachers Gustel nicht einmal angesehen! und ihr, ihr allein hatte er den Fuß gestellt, alle andern Paare waren ihm gleich, die hatte er ungehindert springen lassen. Aber doch sann sie darüber nach, wie sie ihm das recht vergelten könne.

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[0020] einen neuen Hopswalzer anheben wollte, stellte sich Georg in den Weg und streckte den Fuß aus, das tanzende Paar bemerkte es nicht und stürzte heftig zu Boden; Kaspar fuhr wüthend auf und packte Georg an der Gurgel, es entstand ein allgemeines Gemenge, Geschrei und Geprügel, Liesbeth war mit blutendem Kopf aufgehoben und heimgeführt worden. Der Wirth und der Schultheiß brachten mit vieler Mühe den Knäul der Streitenden auseinander; Kaspar blutete aus der Nase, Georg hatte eine Beule an der Stirn, wo ihn Kaspar's Faust getroffen, und der Wirth meinte, da es bei Keinem von Beiden einen edlen Theil getroffen, so werden sie sich im Frieden vergleichen können. Liesbeth saß allein daheim und machte Umschläge um ihre Stirn, voll Zornes, wie sie glaubte, über den wüsten Georg, der sie so gezeichnet. Aber seltsam, eigentlich war sie viel besser aufgelegt, als vor dem Tanz, wo sie so schön geschmückt mit dem Kaspar ausgezogen war. Freilich trug sie ein blutig Liebeszeichen an der Stirn, aber ein Liebeszeichen war es doch, Georg hatte mit keiner Andern getanzt und die Schuhmachers Gustel nicht einmal angesehen! und ihr, ihr allein hatte er den Fuß gestellt, alle andern Paare waren ihm gleich, die hatte er ungehindert springen lassen. Aber doch sann sie darüber nach, wie sie ihm das recht vergelten könne. Da hörte sie ein gewaltiges Rütteln und einen heftigen Stoß an die verschloßne Hausthür, und ehe sie

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T13:35:23Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T13:35:23Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: nein; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Wildermuth, Ottilie: Streit in der Liebe und Liebe im Streit. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 175–210. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wildermuth_streit_1910/20>, abgerufen am 19.04.2024.