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Wildermuth, Ottilie: Streit in der Liebe und Liebe im Streit. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 175–210. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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hatte sie, scheint's noch, Geschäfte im Hausgärtchen, sie sah ihn aber gar nicht, bewahre! Guten Abend! rief Georg hinüber. -- Keine Antwort. Warum bist nicht auch spazieren gegangen? -- Hab' noch gar nicht Zeit gehabt nur zum 'Nausgucken, meine Dote ist hier gewesen, sagte Liesbeth kurz. -- Schön Wetter heut, hub etwas verlegen Georg wieder an, der nicht recht wußte, wie er anknüpfen sollte. -- Freilich, schnurrte Liesbeth, wenn man mit so schönen Jungfern 'rumspaziert, ist's Wetter alleweil schön. -- So, ich hab' glaubt, du habst heut gar nichts gesehen, woher weißt du's denn, mit wem ich spazieren gegangen bin? -- Ha, wenn des Schulzen Bub des lumpigen Schuhmachers Mädle nachlauft, so kann man's erfahren, ohne zu gucken. -- Ei, wenn du dich hättest sehen lassen, hättest du mit mir spazieren dürfen! -- Ich mit dir? nicht mit einer Meßstang' möcht' ich dich anrühren. -- Gelt, was man veracht, das hätt' man gern, lachte Georg und ging ins Haus. Am selben Abend aber trug er ihr noch den Wasserkübel heim und half ihr die flüchtigen Hühner einfangen, und der Friede oder doch Waffenstillstand war für eine Weile wieder geschlossen.

Georg wurde zum Soldaten ausgehoben und gab nicht zu, daß sein Vater ihn loskaufte; Liesbeth hatte einmal gesagt, als ein schmucker Gardist durchs Dorf ging: Da muß man doch Respect haben. Nun soll sie auch vor mir Respect lernen, dachte er und ließ sich nicht abhalten, wie auch die Leute meinten, so ein heiß-

hatte sie, scheint's noch, Geschäfte im Hausgärtchen, sie sah ihn aber gar nicht, bewahre! Guten Abend! rief Georg hinüber. — Keine Antwort. Warum bist nicht auch spazieren gegangen? — Hab' noch gar nicht Zeit gehabt nur zum 'Nausgucken, meine Dote ist hier gewesen, sagte Liesbeth kurz. — Schön Wetter heut, hub etwas verlegen Georg wieder an, der nicht recht wußte, wie er anknüpfen sollte. — Freilich, schnurrte Liesbeth, wenn man mit so schönen Jungfern 'rumspaziert, ist's Wetter alleweil schön. — So, ich hab' glaubt, du habst heut gar nichts gesehen, woher weißt du's denn, mit wem ich spazieren gegangen bin? — Ha, wenn des Schulzen Bub des lumpigen Schuhmachers Mädle nachlauft, so kann man's erfahren, ohne zu gucken. — Ei, wenn du dich hättest sehen lassen, hättest du mit mir spazieren dürfen! — Ich mit dir? nicht mit einer Meßstang' möcht' ich dich anrühren. — Gelt, was man veracht, das hätt' man gern, lachte Georg und ging ins Haus. Am selben Abend aber trug er ihr noch den Wasserkübel heim und half ihr die flüchtigen Hühner einfangen, und der Friede oder doch Waffenstillstand war für eine Weile wieder geschlossen.

Georg wurde zum Soldaten ausgehoben und gab nicht zu, daß sein Vater ihn loskaufte; Liesbeth hatte einmal gesagt, als ein schmucker Gardist durchs Dorf ging: Da muß man doch Respect haben. Nun soll sie auch vor mir Respect lernen, dachte er und ließ sich nicht abhalten, wie auch die Leute meinten, so ein heiß-

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[0016] hatte sie, scheint's noch, Geschäfte im Hausgärtchen, sie sah ihn aber gar nicht, bewahre! Guten Abend! rief Georg hinüber. — Keine Antwort. Warum bist nicht auch spazieren gegangen? — Hab' noch gar nicht Zeit gehabt nur zum 'Nausgucken, meine Dote ist hier gewesen, sagte Liesbeth kurz. — Schön Wetter heut, hub etwas verlegen Georg wieder an, der nicht recht wußte, wie er anknüpfen sollte. — Freilich, schnurrte Liesbeth, wenn man mit so schönen Jungfern 'rumspaziert, ist's Wetter alleweil schön. — So, ich hab' glaubt, du habst heut gar nichts gesehen, woher weißt du's denn, mit wem ich spazieren gegangen bin? — Ha, wenn des Schulzen Bub des lumpigen Schuhmachers Mädle nachlauft, so kann man's erfahren, ohne zu gucken. — Ei, wenn du dich hättest sehen lassen, hättest du mit mir spazieren dürfen! — Ich mit dir? nicht mit einer Meßstang' möcht' ich dich anrühren. — Gelt, was man veracht, das hätt' man gern, lachte Georg und ging ins Haus. Am selben Abend aber trug er ihr noch den Wasserkübel heim und half ihr die flüchtigen Hühner einfangen, und der Friede oder doch Waffenstillstand war für eine Weile wieder geschlossen. Georg wurde zum Soldaten ausgehoben und gab nicht zu, daß sein Vater ihn loskaufte; Liesbeth hatte einmal gesagt, als ein schmucker Gardist durchs Dorf ging: Da muß man doch Respect haben. Nun soll sie auch vor mir Respect lernen, dachte er und ließ sich nicht abhalten, wie auch die Leute meinten, so ein heiß-

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T13:35:23Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T13:35:23Z)

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Zitationshilfe: Wildermuth, Ottilie: Streit in der Liebe und Liebe im Streit. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 175–210. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wildermuth_streit_1910/16>, abgerufen am 29.03.2024.