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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Einleitung in die attische Tragödie (Euripides Herakles erklärt, Bd. 1). Berlin, 1889.

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philosophia.
fach eines der gedichte berücksichtigt, welche auf den namen des Epi-
charmos giengen 54). seine eigene ansicht von den arkhai, ein dualismus

losophen des 5. jahrhunderts zukommt, aber zu der zeit des Archytas schon un-
denkbar wäre: damals war diese ionische pflanze längst für das Dorertum reclamirt.
die herstellung des pythagoreischen evangeliums ist eine schöne aufgabe: denn er-
sichtlich gehört die älteste schicht der wunder, z. b. die daunische wölfin, auch in
so gute zeit hinauf.
54) Die wichtige sache wird verkannt; es soll kurz der beweis gegeben werden.
Epicharm: naphe kai memnas apistein; arthra tauta tan phrenon (zuerst von Poly-
bios citirt, damals schon fliegendes wort): Eur. Hel. 1650 sophronos d apistias ouk
estin ouden khresimoteron brotois. Epich. emori nolo: sed me esse mortuum nil
aestimo
(Cic. Tusc. I 15, griechisch nicht herzustellen): Eur. Herakl. 1016 thanein
men ou khrezo; lipon d an ouden akhthoimen bion, wie das vorige als schlusseffect
längerer rede. Ep. sunekrithe kai diekrithe kapelthen othen elthen palin, ga men
eis gan, pneuma d ano; ti tonde khalepon; oude en. (Consol. ad Apoll. 110a)
dasselbe Eur. öfter, z. B. Hik. 533. wo haben diese epicharmischen sprüche gestanden?
komödien hat Eur. nicht citirt und wahrlich auch Xenophon nicht, der Mem. II 1, 20
(vgl. Hell. VI 1 15, damit man das athetiren lasse) epicharmische sprüche anführt.
es gab ja aber gnomai, welche nach dem durch Apollodor (bei Athen. 648d) er-
haltenen urteil des Philochoros von einem gewissen Axiopistos herrührten. allein
ob das sittensprüche waren ist fraglich. Philochoros besprach sie in dem buche
über mantik zugleich mit einem kanon, und als traumdeuter nennt Tertullian de
anim.
46 Epicharm neben Philochoros, so dass man diese schriften eher unter die
technischen pseudepigrapha rechnen möchte, die es auch über tierarzneikunst u. dgl.
unter Epicharms namen gegeben hat. nun hat aber schon Aristoxenos (wie Apol-
lodor am gleichen orte bezeugt) eine Politeia unter Epicharms namen gekannt, so
dass der sonst nahe liegende verdacht schweigen muss, dass die aus dieser citirten
sprüche aus alexandrinischer zeit stammten und ihre verherrlichung des theios logos,
von dem ein teil der menschliche ist (Clem. strom. V 719), stoisch wäre; auch zeigt
ein von Clemens zugleich angeführter vers, dass dieser logos oder vielmehr seine
betätigung, logismos, mit der zahl gleichgesetzt wird, wir also in pythagoreischer
gegend sind, wenn auch der einfluss des Anaxagoras kenntlich ist: denn noos ore
kai noos akouei, talla kopha kai tuphla (zuerst citirt von Aristoteles probl. XI 33:
nicht von Platon Phaid. 65b, der auf einen wol euripideischen tragikervers geht)
gehört offenbar eben dahin. nun tritt wieder Euripides ein. Hel. 122 autos gar
ossois eidomen, kai nous ora. das tilgt man, weil man die beziehung verkennt. die
echte Helene fragt den Teukros, ob er ihre doppelgängerin gesehen habe. der sagt
'so wie ich dich jetzt mit augen sehe'. sie wirft ein 'es kann ein trugbild gewesen
sein'. er weist das rund ab. sie 'ihr traut also ganz auf die zuverlässigkeit der
erscheinung?' (spiel mit dokesis, vgl. zu v. 287). er 'ja ich habe sie mit eignen
augen gesehen, und der nous sieht', d. h. weil der nous sieht, ist keine dokesis, pseudes
doxa möglich. Helene verstummt: sie kann nichts ausrichten, wenn die sinneswahr-
nehmungen gelten sollen, weil die sinne nicht sehen, sondern die infallible vernunft.
aber der dichter widerlegt die misdeutung des epicharmischen wortes durch die
tat: Teukros täuscht sich doppelt, sein nous hat die falsche Helene anerkannt, die
echte verworfen. allerdings ist die Helenestelle nur durch eine beziehung auf etwas

φιλοσοφία.
fach eines der gedichte berücksichtigt, welche auf den namen des Epi-
charmos giengen 54). seine eigene ansicht von den ἀρχαί, ein dualismus

losophen des 5. jahrhunderts zukommt, aber zu der zeit des Archytas schon un-
denkbar wäre: damals war diese ionische pflanze längst für das Dorertum reclamirt.
die herstellung des pythagoreischen evangeliums ist eine schöne aufgabe: denn er-
sichtlich gehört die älteste schicht der wunder, z. b. die daunische wölfin, auch in
so gute zeit hinauf.
54) Die wichtige sache wird verkannt; es soll kurz der beweis gegeben werden.
Epicharm: νᾶφε καἰ μέμνασ̕ ἀπιστεῖν· ἄρϑρα ταῦτα τᾶν φρενῶν (zuerst von Poly-
bios citirt, damals schon fliegendes wort): Eur. Hel. 1650 σώφρονος δ̕ ἀπιστίας οὐκ
ἔστιν οὐδὲν χρησιμώτερον βροτοῖς. Epich. emori nolo: sed me esse mortuum nil
aestimo
(Cic. Tusc. I 15, griechisch nicht herzustellen): Eur. Herakl. 1016 ϑανεῖν
μὲν οὐ χρῄζω· λιπὼν δ̕ ἂν οὐδὲν ἀχϑοίμην βίον, wie das vorige als schluſseffect
längerer rede. Ep. συνεκρίϑη καὶ διεκρίϑη κἀπῆλϑεν ὅϑεν ἦλϑεν πάλιν, γᾶ μὲν
εἰς γᾶν, πνεῦμα δ̕ ἄνω· τί τῶνδε χαλεπόν; οὐδὲ ἕν. (Consol. ad Apoll. 110a)
dasselbe Eur. öfter, z. B. Hik. 533. wo haben diese epicharmischen sprüche gestanden?
komödien hat Eur. nicht citirt und wahrlich auch Xenophon nicht, der Mem. II 1, 20
(vgl. Hell. VI 1 15, damit man das athetiren lasse) epicharmische sprüche anführt.
es gab ja aber γνῶμαι, welche nach dem durch Apollodor (bei Athen. 648d) er-
haltenen urteil des Philochoros von einem gewiſsen Axiopistos herrührten. allein
ob das sittensprüche waren ist fraglich. Philochoros besprach sie in dem buche
über mantik zugleich mit einem κανών, und als traumdeuter nennt Tertullian de
anim.
46 Epicharm neben Philochoros, so daſs man diese schriften eher unter die
technischen pseudepigrapha rechnen möchte, die es auch über tierarzneikunst u. dgl.
unter Epicharms namen gegeben hat. nun hat aber schon Aristoxenos (wie Apol-
lodor am gleichen orte bezeugt) eine Πολιτεία unter Epicharms namen gekannt, so
daſs der sonst nahe liegende verdacht schweigen muſs, daſs die aus dieser citirten
sprüche aus alexandrinischer zeit stammten und ihre verherrlichung des ϑεῖος λόγος,
von dem ein teil der menschliche ist (Clem. strom. V 719), stoisch wäre; auch zeigt
ein von Clemens zugleich angeführter vers, daſs dieser λόγος oder vielmehr seine
betätigung, λογισμός, mit der zahl gleichgesetzt wird, wir also in pythagoreischer
gegend sind, wenn auch der einfluſs des Anaxagoras kenntlich ist: denn νόος ὁρῇ
καὶ νόος ἀκούει, τἄλλα κωφὰ καὶ τυφλά (zuerst citirt von Aristoteles probl. XI 33:
nicht von Platon Phaid. 65b, der auf einen wol euripideischen tragikervers geht)
gehört offenbar eben dahin. nun tritt wieder Euripides ein. Hel. 122 αὐτὸς γὰρ
ὄσσοις εἰδόμην, καὶ νοῦς ὁρᾷ. das tilgt man, weil man die beziehung verkennt. die
echte Helene fragt den Teukros, ob er ihre doppelgängerin gesehen habe. der sagt
‘so wie ich dich jetzt mit augen sehe’. sie wirft ein ‘es kann ein trugbild gewesen
sein’. er weist das rund ab. sie ‘ihr traut also ganz auf die zuverlässigkeit der
erscheinung?’ (spiel mit δόκησις, vgl. zu v. 287). er ‘ja ich habe sie mit eignen
augen gesehen, und der νοῦς sieht’, d. h. weil der νοῦς sieht, ist keine δόκησις, ψευδὴς
δόξα möglich. Helene verstummt: sie kann nichts ausrichten, wenn die sinneswahr-
nehmungen gelten sollen, weil die sinne nicht sehen, sondern die infallible vernunft.
aber der dichter widerlegt die misdeutung des epicharmischen wortes durch die
tat: Teukros täuscht sich doppelt, sein νοῦς hat die falsche Helene anerkannt, die
echte verworfen. allerdings ist die Helenestelle nur durch eine beziehung auf etwas
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[29/0049] φιλοσοφία. fach eines der gedichte berücksichtigt, welche auf den namen des Epi- charmos giengen 54). seine eigene ansicht von den ἀρχαί, ein dualismus 53) 54) Die wichtige sache wird verkannt; es soll kurz der beweis gegeben werden. Epicharm: νᾶφε καἰ μέμνασ̕ ἀπιστεῖν· ἄρϑρα ταῦτα τᾶν φρενῶν (zuerst von Poly- bios citirt, damals schon fliegendes wort): Eur. Hel. 1650 σώφρονος δ̕ ἀπιστίας οὐκ ἔστιν οὐδὲν χρησιμώτερον βροτοῖς. Epich. emori nolo: sed me esse mortuum nil aestimo (Cic. Tusc. I 15, griechisch nicht herzustellen): Eur. Herakl. 1016 ϑανεῖν μὲν οὐ χρῄζω· λιπὼν δ̕ ἂν οὐδὲν ἀχϑοίμην βίον, wie das vorige als schluſseffect längerer rede. Ep. συνεκρίϑη καὶ διεκρίϑη κἀπῆλϑεν ὅϑεν ἦλϑεν πάλιν, γᾶ μὲν εἰς γᾶν, πνεῦμα δ̕ ἄνω· τί τῶνδε χαλεπόν; οὐδὲ ἕν. (Consol. ad Apoll. 110a) dasselbe Eur. öfter, z. B. Hik. 533. wo haben diese epicharmischen sprüche gestanden? komödien hat Eur. nicht citirt und wahrlich auch Xenophon nicht, der Mem. II 1, 20 (vgl. Hell. VI 1 15, damit man das athetiren lasse) epicharmische sprüche anführt. es gab ja aber γνῶμαι, welche nach dem durch Apollodor (bei Athen. 648d) er- haltenen urteil des Philochoros von einem gewiſsen Axiopistos herrührten. allein ob das sittensprüche waren ist fraglich. Philochoros besprach sie in dem buche über mantik zugleich mit einem κανών, und als traumdeuter nennt Tertullian de anim. 46 Epicharm neben Philochoros, so daſs man diese schriften eher unter die technischen pseudepigrapha rechnen möchte, die es auch über tierarzneikunst u. dgl. unter Epicharms namen gegeben hat. nun hat aber schon Aristoxenos (wie Apol- lodor am gleichen orte bezeugt) eine Πολιτεία unter Epicharms namen gekannt, so daſs der sonst nahe liegende verdacht schweigen muſs, daſs die aus dieser citirten sprüche aus alexandrinischer zeit stammten und ihre verherrlichung des ϑεῖος λόγος, von dem ein teil der menschliche ist (Clem. strom. V 719), stoisch wäre; auch zeigt ein von Clemens zugleich angeführter vers, daſs dieser λόγος oder vielmehr seine betätigung, λογισμός, mit der zahl gleichgesetzt wird, wir also in pythagoreischer gegend sind, wenn auch der einfluſs des Anaxagoras kenntlich ist: denn νόος ὁρῇ καὶ νόος ἀκούει, τἄλλα κωφὰ καὶ τυφλά (zuerst citirt von Aristoteles probl. XI 33: nicht von Platon Phaid. 65b, der auf einen wol euripideischen tragikervers geht) gehört offenbar eben dahin. nun tritt wieder Euripides ein. Hel. 122 αὐτὸς γὰρ ὄσσοις εἰδόμην, καὶ νοῦς ὁρᾷ. das tilgt man, weil man die beziehung verkennt. die echte Helene fragt den Teukros, ob er ihre doppelgängerin gesehen habe. der sagt ‘so wie ich dich jetzt mit augen sehe’. sie wirft ein ‘es kann ein trugbild gewesen sein’. er weist das rund ab. sie ‘ihr traut also ganz auf die zuverlässigkeit der erscheinung?’ (spiel mit δόκησις, vgl. zu v. 287). er ‘ja ich habe sie mit eignen augen gesehen, und der νοῦς sieht’, d. h. weil der νοῦς sieht, ist keine δόκησις, ψευδὴς δόξα möglich. Helene verstummt: sie kann nichts ausrichten, wenn die sinneswahr- nehmungen gelten sollen, weil die sinne nicht sehen, sondern die infallible vernunft. aber der dichter widerlegt die misdeutung des epicharmischen wortes durch die tat: Teukros täuscht sich doppelt, sein νοῦς hat die falsche Helene anerkannt, die echte verworfen. allerdings ist die Helenestelle nur durch eine beziehung auf etwas 53) losophen des 5. jahrhunderts zukommt, aber zu der zeit des Archytas schon un- denkbar wäre: damals war diese ionische pflanze längst für das Dorertum reclamirt. die herstellung des pythagoreischen evangeliums ist eine schöne aufgabe: denn er- sichtlich gehört die älteste schicht der wunder, z. b. die daunische wölfin, auch in so gute zeit hinauf.

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Einleitung in die attische Tragödie (Euripides Herakles erklärt, Bd. 1). Berlin, 1889, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_tragoedie_1889/49>, abgerufen am 19.04.2024.