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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Einleitung in die attische Tragödie (Euripides Herakles erklärt, Bd. 1). Berlin, 1889.

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Das leben des Euripides.
verbreiter der eleatischen lehre, Zenon und Melissos, ist keine spur. die
zeitgenössischen philosophen kennt er wenig. auf Empedokles deutet
nichts. Diogenes von Apollonia wird nur einmal so berücksichtigt, dass
das schlagwort seines systemes in einer aufzählung von doxai erscheint 51).
Leukippos ist, wie zu erwarten, unbekannt: denn die bei Demokritos
allerdings stark hervortretende ansicht von der gewalt des nomos als
des nicht im wesen ruhenden conventionellen hat nichts mit der atomen-
lehre zu tun: das kann ebensogut von protagoreischem und auch von elea-
tischem standpunkte vertreten werden; wahrscheinlich stammt es von
Archelaos. Euripides hat es, wie natürlich, sehr fruchtbar gefunden und
bis in die letzten consequenzen verfolgt (Hek. 799). die orphischen
poesien waren ein attisches erzeugnis; sie hatten stark auf Pindaros ge-
wirkt, einigermassen auf Aischylos: dass Euripides sie kannte, ist natür-
lich. und er hat zwar an sühnungen und ihren einfluss auf das leben
im jenseits nicht geglaubt 52), auch dem widerwillen der menge wider
ihr pharisäertum mit wohlgefallen worte geliehen (Hipp. 953), aber in
den Kretern ihre doctrinen im feierlichsten ernste behandelt. schon dieses
führt auf die Pythagoreer. Euripides redet zwar nicht von der zahl noch
von der harmonie, auch nicht vom sündenfall der geister und der seelen-
wanderung. aber er hat nicht nur auf einen ethischen ausspruch des
Pythagoras so bestimmt verwiesen, dass er die existenz einer schrift
unter Pythagoras namen zu bezeugen scheint 53), sondern er hat mehr-

51) Tr. 884 ges okhema kapi ges ekhon edran Zeus Hippokrat. p. phuson 3
(aer) ges okhema; dies ist eine schöne entdeckung von Diels.
52) Überhaupt an kein leben nach dem tode. tis oiden ei to zen men esti
katthanein gehört in die heraklitische lehre; der so ganz modern anmutende spruch
Hipp. 194 constatirt nur das ewige rätsel, auf das er nicht mehr antwort gibt als
Hamlet.
53) Fgm. 392 (Theseus spricht; drama unbekannt, d. h. Aigeus Theseus Hippo-
lytos I möglich; da der spruch für einen knaben nicht passt, wol der letzte) ego
de touto para sophou tinos mathon es phrontidas noun sumphoras t eballomen
phugas t emauto prostitheis patras emes thanatous t aorous kai kakon allas
odous, in, ei ti paskhoim on edoxazon phreni, me moi neores prospeson mallon
daknoi. Poseidonios (auf den das citat bei Cicero, Galen, Ps.-Plutarch an Apollon.
zurückgeht) hat in Anaxagoras jenen weisen gesehen, doch ohne anhalt. das richtige
hat Cobet entdeckt: Jamblich vit. Pyth. 196 en autois paraggelma, os ouden dei ton
anthropinon sumptomaton aprosdoketon e[I]nai para tois noun ekhousi. das steht
hier in einer partie, deren herkunft unbekannt ist; wahrscheinlich stammt es von Ari-
stoxenos. die benutzung einer Pythagorasschrift durch beide ist nicht abzuweisen. aber
es ist auch durchaus verkehrt, diese alle als junge fälschungen zu betrachten. die
reste bei Diogenes zeigen ja ionischen dialekt, der zwar dem Samier und dem phi-

Das leben des Euripides.
verbreiter der eleatischen lehre, Zenon und Melissos, ist keine spur. die
zeitgenössischen philosophen kennt er wenig. auf Empedokles deutet
nichts. Diogenes von Apollonia wird nur einmal so berücksichtigt, daſs
das schlagwort seines systemes in einer aufzählung von δόξαι erscheint 51).
Leukippos ist, wie zu erwarten, unbekannt: denn die bei Demokritos
allerdings stark hervortretende ansicht von der gewalt des νόμος als
des nicht im wesen ruhenden conventionellen hat nichts mit der atomen-
lehre zu tun: das kann ebensogut von protagoreischem und auch von elea-
tischem standpunkte vertreten werden; wahrscheinlich stammt es von
Archelaos. Euripides hat es, wie natürlich, sehr fruchtbar gefunden und
bis in die letzten consequenzen verfolgt (Hek. 799). die orphischen
poesien waren ein attisches erzeugnis; sie hatten stark auf Pindaros ge-
wirkt, einigermaſsen auf Aischylos: daſs Euripides sie kannte, ist natür-
lich. und er hat zwar an sühnungen und ihren einfluſs auf das leben
im jenseits nicht geglaubt 52), auch dem widerwillen der menge wider
ihr pharisäertum mit wohlgefallen worte geliehen (Hipp. 953), aber in
den Kretern ihre doctrinen im feierlichsten ernste behandelt. schon dieses
führt auf die Pythagoreer. Euripides redet zwar nicht von der zahl noch
von der harmonie, auch nicht vom sündenfall der geister und der seelen-
wanderung. aber er hat nicht nur auf einen ethischen ausspruch des
Pythagoras so bestimmt verwiesen, daſs er die existenz einer schrift
unter Pythagoras namen zu bezeugen scheint 53), sondern er hat mehr-

51) Tr. 884 γῆς ὄχημα κἀπὶ γῆς ἔχων ἕδραν Ζεύς Hippokrat. π. φυσῶν 3
(ἀἡρ) γῆς ὄχημα; dies ist eine schöne entdeckung von Diels.
52) Überhaupt an kein leben nach dem tode. τίς οἶδεν εἰ τὸ ζῆν μὲν ἔστι
κατϑανεῖν gehört in die heraklitische lehre; der so ganz modern anmutende spruch
Hipp. 194 constatirt nur das ewige rätsel, auf das er nicht mehr antwort gibt als
Hamlet.
53) Fgm. 392 (Theseus spricht; drama unbekannt, d. h. Aigeus Theseus Hippo-
lytos I möglich; da der spruch für einen knaben nicht paſst, wol der letzte) ἐγὼ
δὲ τοῦτο παρὰ σοφοῦ τινὸς μαϑὼν ἐς φροντίδας νοῦν συμφοράς τ̕ ἐβαλλόμην
φυγάς τ̕ ἐμαυτῷ προστιϑεὶς πάτρας ἐμῆς ϑανάτους τ̕ ἀώρους καὶ κακῶν ἄλλας
ὁδούς, ἵν̕, εἴ τι πάσχοιμ̕ ὧν ἐδόξαζον φρενί, μή μοι νεῶρες προσπεσὸν μᾶλλον
δάκνοι. Poseidonios (auf den das citat bei Cicero, Galen, Ps.-Plutarch an Apollon.
zurückgeht) hat in Anaxagoras jenen weisen gesehen, doch ohne anhalt. das richtige
hat Cobet entdeckt: Jamblich vit. Pyth. 196 ἦν αὐτοῖς παράγγελμα, ὡς οὐδὲν δεῖ τῶν
ἀνϑρωπίνων συμπτωμάτων ἀπροσδόκητον ε[ΐ]ναι παρὰ τοῖς νοῦν ἔχουσι. das steht
hier in einer partie, deren herkunft unbekannt ist; wahrscheinlich stammt es von Ari-
stoxenos. die benutzung einer Pythagorasschrift durch beide ist nicht abzuweisen. aber
es ist auch durchaus verkehrt, diese alle als junge fälschungen zu betrachten. die
reste bei Diogenes zeigen ja ionischen dialekt, der zwar dem Samier und dem phi-
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[28/0048] Das leben des Euripides. verbreiter der eleatischen lehre, Zenon und Melissos, ist keine spur. die zeitgenössischen philosophen kennt er wenig. auf Empedokles deutet nichts. Diogenes von Apollonia wird nur einmal so berücksichtigt, daſs das schlagwort seines systemes in einer aufzählung von δόξαι erscheint 51). Leukippos ist, wie zu erwarten, unbekannt: denn die bei Demokritos allerdings stark hervortretende ansicht von der gewalt des νόμος als des nicht im wesen ruhenden conventionellen hat nichts mit der atomen- lehre zu tun: das kann ebensogut von protagoreischem und auch von elea- tischem standpunkte vertreten werden; wahrscheinlich stammt es von Archelaos. Euripides hat es, wie natürlich, sehr fruchtbar gefunden und bis in die letzten consequenzen verfolgt (Hek. 799). die orphischen poesien waren ein attisches erzeugnis; sie hatten stark auf Pindaros ge- wirkt, einigermaſsen auf Aischylos: daſs Euripides sie kannte, ist natür- lich. und er hat zwar an sühnungen und ihren einfluſs auf das leben im jenseits nicht geglaubt 52), auch dem widerwillen der menge wider ihr pharisäertum mit wohlgefallen worte geliehen (Hipp. 953), aber in den Kretern ihre doctrinen im feierlichsten ernste behandelt. schon dieses führt auf die Pythagoreer. Euripides redet zwar nicht von der zahl noch von der harmonie, auch nicht vom sündenfall der geister und der seelen- wanderung. aber er hat nicht nur auf einen ethischen ausspruch des Pythagoras so bestimmt verwiesen, daſs er die existenz einer schrift unter Pythagoras namen zu bezeugen scheint 53), sondern er hat mehr- 51) Tr. 884 γῆς ὄχημα κἀπὶ γῆς ἔχων ἕδραν Ζεύς Hippokrat. π. φυσῶν 3 (ἀἡρ) γῆς ὄχημα; dies ist eine schöne entdeckung von Diels. 52) Überhaupt an kein leben nach dem tode. τίς οἶδεν εἰ τὸ ζῆν μὲν ἔστι κατϑανεῖν gehört in die heraklitische lehre; der so ganz modern anmutende spruch Hipp. 194 constatirt nur das ewige rätsel, auf das er nicht mehr antwort gibt als Hamlet. 53) Fgm. 392 (Theseus spricht; drama unbekannt, d. h. Aigeus Theseus Hippo- lytos I möglich; da der spruch für einen knaben nicht paſst, wol der letzte) ἐγὼ δὲ τοῦτο παρὰ σοφοῦ τινὸς μαϑὼν ἐς φροντίδας νοῦν συμφοράς τ̕ ἐβαλλόμην φυγάς τ̕ ἐμαυτῷ προστιϑεὶς πάτρας ἐμῆς ϑανάτους τ̕ ἀώρους καὶ κακῶν ἄλλας ὁδούς, ἵν̕, εἴ τι πάσχοιμ̕ ὧν ἐδόξαζον φρενί, μή μοι νεῶρες προσπεσὸν μᾶλλον δάκνοι. Poseidonios (auf den das citat bei Cicero, Galen, Ps.-Plutarch an Apollon. zurückgeht) hat in Anaxagoras jenen weisen gesehen, doch ohne anhalt. das richtige hat Cobet entdeckt: Jamblich vit. Pyth. 196 ἦν αὐτοῖς παράγγελμα, ὡς οὐδὲν δεῖ τῶν ἀνϑρωπίνων συμπτωμάτων ἀπροσδόκητον εΐναι παρὰ τοῖς νοῦν ἔχουσι. das steht hier in einer partie, deren herkunft unbekannt ist; wahrscheinlich stammt es von Ari- stoxenos. die benutzung einer Pythagorasschrift durch beide ist nicht abzuweisen. aber es ist auch durchaus verkehrt, diese alle als junge fälschungen zu betrachten. die reste bei Diogenes zeigen ja ionischen dialekt, der zwar dem Samier und dem phi-

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Einleitung in die attische Tragödie (Euripides Herakles erklärt, Bd. 1). Berlin, 1889, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_tragoedie_1889/48>, abgerufen am 28.03.2024.