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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893.

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II. 6. Trittyen und demen.
lande trennt, ein provinzielles sondergefühl gar nicht denkbar. wo ein
alter cultverband bedenklich schien, sind einzelne seiner glieder ge-
waltsam selbst auf kosten der örtlichen continuität der kreise losgetrennt;
so sind die befremdlichen enclaven Xypete in der stadtprovinz, Proba-
linthos und Azenia (hier ohne nachweisbares religiöses centrum) in der
küstenprovinz, Hekale und Semachidai mit Pentele in der landprovinz
entstanden: die neuen phylen könnten aber dem beschauer der karte
einige furcht vor localen aspirationen erwecken. denn die ganze Oineis
liegt zwischen dem eleusinischen und attischen Kephisos, die ganze
Kekropis (ausser Xypete) zwischen der innern stadt und der linie Bri-
lettos Hymettos. fast der ganze nordosten gehört der Aiantis, die süd-
spitze der Antiochis, von denen beiden je zwei kreise sich berühren;
dasselbe geschieht, wenn auch auf schmalerem striche, von der Aigeis
und vielleicht auch der Akamantis. beabsichtigt kann Kleisthenes dies
schwerlich haben; es wird die tücke des zufalls, des loses sein. 44)

Gleichheit
der phylen
und kreise.
In der stadt Athen hilft die neue erkenntnis nur wenig dazu, die
schwebenden fragen zu entscheiden. einzelne phylen, wie die Pandionis
mit Kydathenaion, die Kekropis mit Melite, die Aiantis mit Phaleron
sind nur mit einem demos beteiligt, machen also keine schwierigkeit.
die Hippothontis hat in der südwestecke eine compacte masse, die Oineis
nördlich von ihr (Xypete wieder nicht gerechnet), die Erechtheis im
osten. die Aigeis zieht sich am nordrande der provinz in einem streifen
vom Kolonos bis zum Hymettos, und ich kann nicht bestreiten, dass
dies dafür spricht, Kollytos nördlich und nordöstlich vom Eridanos an-
zusetzen. aber sieht man dann, dass Skambonidai und Halimus, Kera-
meikos und Hermos, Alopeke und der Marktkolonos zusammengehören,
die wirklich nicht aneinanderstossen, so verliert man das zutrauen, und
trotz allem guten willen umzulernen, kann ich hier die fragen nur
stehen lassen wie sie standen. 45)

Die natürlichste annahme ist, dass Kleisthenes beabsichtigt hat, die

44) Diesem möchte ich auch selbst die zuteilung von Kydathenaion an die
Pandionis zutrauen. hätte man für die burg einen phylenheros gewählt, so würde
es doch nur Kekrops haben sein können. die Kekropiden und Erechthiden haben
sich nicht abhalten lassen, ihre eponyme an ihren heimstätten auf der burg zu ver-
ehren; das würde nicht anders gewesen sein, wenn Antiochos der phylenheros von
Kydathenaion geworden wäre.
45) Halimus Hermos Alopeke sitzen allerdings alle am rande der provinz; man
könnte wol glauben, dass sie bei einer schliesslichen correctur der provinzialgrenzen
oder auch zur ausgleichung der phylen innerhalb der stadt, sei es von den aussen
anstossenden provinzen, sei es von den innen anstossenden kreisen, abgetrennt wären.

II. 6. Trittyen und demen.
lande trennt, ein provinzielles sondergefühl gar nicht denkbar. wo ein
alter cultverband bedenklich schien, sind einzelne seiner glieder ge-
waltsam selbst auf kosten der örtlichen continuität der kreise losgetrennt;
so sind die befremdlichen enclaven Xypete in der stadtprovinz, Proba-
linthos und Azenia (hier ohne nachweisbares religiöses centrum) in der
küstenprovinz, Hekale und Semachidai mit Pentele in der landprovinz
entstanden: die neuen phylen könnten aber dem beschauer der karte
einige furcht vor localen aspirationen erwecken. denn die ganze Oineis
liegt zwischen dem eleusinischen und attischen Kephisos, die ganze
Kekropis (auſser Xypete) zwischen der innern stadt und der linie Bri-
lettos Hymettos. fast der ganze nordosten gehört der Aiantis, die süd-
spitze der Antiochis, von denen beiden je zwei kreise sich berühren;
dasselbe geschieht, wenn auch auf schmalerem striche, von der Aigeis
und vielleicht auch der Akamantis. beabsichtigt kann Kleisthenes dies
schwerlich haben; es wird die tücke des zufalls, des loses sein. 44)

Gleichheit
der phylen
und kreise.
In der stadt Athen hilft die neue erkenntnis nur wenig dazu, die
schwebenden fragen zu entscheiden. einzelne phylen, wie die Pandionis
mit Kydathenaion, die Kekropis mit Melite, die Aiantis mit Phaleron
sind nur mit einem demos beteiligt, machen also keine schwierigkeit.
die Hippothontis hat in der südwestecke eine compacte masse, die Oineis
nördlich von ihr (Xypete wieder nicht gerechnet), die Erechtheis im
osten. die Aigeis zieht sich am nordrande der provinz in einem streifen
vom Kolonos bis zum Hymettos, und ich kann nicht bestreiten, daſs
dies dafür spricht, Kollytos nördlich und nordöstlich vom Eridanos an-
zusetzen. aber sieht man dann, daſs Skambonidai und Halimus, Kera-
meikos und Hermos, Alopeke und der Marktkolonos zusammengehören,
die wirklich nicht aneinanderstoſsen, so verliert man das zutrauen, und
trotz allem guten willen umzulernen, kann ich hier die fragen nur
stehen lassen wie sie standen. 45)

Die natürlichste annahme ist, daſs Kleisthenes beabsichtigt hat, die

44) Diesem möchte ich auch selbst die zuteilung von Kydathenaion an die
Pandionis zutrauen. hätte man für die burg einen phylenheros gewählt, so würde
es doch nur Kekrops haben sein können. die Kekropiden und Erechthiden haben
sich nicht abhalten lassen, ihre eponyme an ihren heimstätten auf der burg zu ver-
ehren; das würde nicht anders gewesen sein, wenn Antiochos der phylenheros von
Kydathenaion geworden wäre.
45) Halimus Hermos Alopeke sitzen allerdings alle am rande der provinz; man
könnte wol glauben, daſs sie bei einer schlieſslichen correctur der provinzialgrenzen
oder auch zur ausgleichung der phylen innerhalb der stadt, sei es von den auſsen
anstoſsenden provinzen, sei es von den innen anstoſsenden kreisen, abgetrennt wären.
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[160/0170] II. 6. Trittyen und demen. lande trennt, ein provinzielles sondergefühl gar nicht denkbar. wo ein alter cultverband bedenklich schien, sind einzelne seiner glieder ge- waltsam selbst auf kosten der örtlichen continuität der kreise losgetrennt; so sind die befremdlichen enclaven Xypete in der stadtprovinz, Proba- linthos und Azenia (hier ohne nachweisbares religiöses centrum) in der küstenprovinz, Hekale und Semachidai mit Pentele in der landprovinz entstanden: die neuen phylen könnten aber dem beschauer der karte einige furcht vor localen aspirationen erwecken. denn die ganze Oineis liegt zwischen dem eleusinischen und attischen Kephisos, die ganze Kekropis (auſser Xypete) zwischen der innern stadt und der linie Bri- lettos Hymettos. fast der ganze nordosten gehört der Aiantis, die süd- spitze der Antiochis, von denen beiden je zwei kreise sich berühren; dasselbe geschieht, wenn auch auf schmalerem striche, von der Aigeis und vielleicht auch der Akamantis. beabsichtigt kann Kleisthenes dies schwerlich haben; es wird die tücke des zufalls, des loses sein. 44) In der stadt Athen hilft die neue erkenntnis nur wenig dazu, die schwebenden fragen zu entscheiden. einzelne phylen, wie die Pandionis mit Kydathenaion, die Kekropis mit Melite, die Aiantis mit Phaleron sind nur mit einem demos beteiligt, machen also keine schwierigkeit. die Hippothontis hat in der südwestecke eine compacte masse, die Oineis nördlich von ihr (Xypete wieder nicht gerechnet), die Erechtheis im osten. die Aigeis zieht sich am nordrande der provinz in einem streifen vom Kolonos bis zum Hymettos, und ich kann nicht bestreiten, daſs dies dafür spricht, Kollytos nördlich und nordöstlich vom Eridanos an- zusetzen. aber sieht man dann, daſs Skambonidai und Halimus, Kera- meikos und Hermos, Alopeke und der Marktkolonos zusammengehören, die wirklich nicht aneinanderstoſsen, so verliert man das zutrauen, und trotz allem guten willen umzulernen, kann ich hier die fragen nur stehen lassen wie sie standen. 45) Gleichheit der phylen und kreise. Die natürlichste annahme ist, daſs Kleisthenes beabsichtigt hat, die 44) Diesem möchte ich auch selbst die zuteilung von Kydathenaion an die Pandionis zutrauen. hätte man für die burg einen phylenheros gewählt, so würde es doch nur Kekrops haben sein können. die Kekropiden und Erechthiden haben sich nicht abhalten lassen, ihre eponyme an ihren heimstätten auf der burg zu ver- ehren; das würde nicht anders gewesen sein, wenn Antiochos der phylenheros von Kydathenaion geworden wäre. 45) Halimus Hermos Alopeke sitzen allerdings alle am rande der provinz; man könnte wol glauben, daſs sie bei einer schlieſslichen correctur der provinzialgrenzen oder auch zur ausgleichung der phylen innerhalb der stadt, sei es von den auſsen anstoſsenden provinzen, sei es von den innen anstoſsenden kreisen, abgetrennt wären.

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles02_1893/170>, abgerufen am 25.11.2024.