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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 1. Berlin, 1893.

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I. 3. Solon.
hatte, unter anderem ausgeführt, dass sie ausgaben für heilige zwecke
leisteten, und zum belege aus Androtion citirt tois de iousi Puthode
theorois tous kolakretas didonai ek ton naukrarikon (nauklerikon
codd.) ephodion arguria kai eis allo o ti an dee analosai. das ist
offenbar keine rede des Androtion, sondern ein gesetzesfragment, das
Androtion als beleg angeführt hatte. die worte selbst sind verdorben;
wie man sie aber auch herstellt, stehen sie den von Aristoteles angeführten
sehr nahe, wenn sie nicht gar identisch sind.18) wie dem auch sei: dass
Kleidemos und Androtion und Aristoteles alle drei die solonischen ge-
setze durchsuchen und sätzchen excerpiren, die das wort naukraros oder
naukrarikos enthielten, ist äusserst wenig wahrscheinlich. ungleich
näher liegt es, dass sich die atthidographen der gesetze bedient haben,
um die competenzen verschollener behörden festzustellen, wie der naukraren
und der kolakreten19), und dass Aristoteles hier ebenso wie sonst auch
die beweise mit den behauptungen von ihnen geborgt hat.

18) Die theoren erhalten offenbar geld einmal als diäten für sich, zweitens zu
sachlichen ausgaben, für opfertiere, tempelschoss u. s. w. also steht parallel ephodia
und eis allo o ti an dee analosai. das zwischenstehende arguria ist an sich
unsinnig. man erwartet eine bestimmte summe, die im citate leicht ausfallen konnte,
H z. b. sie konnte in dem allgemeinen gesetze (didonai steht da) auch durch das
unbestimmte argurion ersetzt sein, und demgemäss könnte man auch bei Aristoteles
ek tou naukrarikou arguri[on ergänzen. nur spricht dagegen in dem scholion die
wortstellung: argurion sollte am schlusse des satzes stehn; bei Aristoteles der singular:
man erwartet auch da ek ton naukrarikon. also dürfte eher im scholion auch her-
zustellen sein ek tou naukrarikou arguriou, und am schlusse ein zahlzeichen. iden-
tität der gesetze ist in beiden fällen das wahrscheinlichste.
19) Aristoteles erklärt ihren auch uns unverständlichen namen überhaupt nicht:
das ist mit seinen zwecken vereinbar, aber die leser seiner geschichtlichen übersicht
müssen doch den mangel empfinden. dass Androtion die kolakreten auch sonst be-
handelt hat, folgt aus Harp. apodektai. es ist selbstverständlich schuld dieses oder
eines anderen epitomators, dass es so aussieht, als wären nach Androtion die apo-
dekten durch Kleisthenes an stelle der kolakreten getreten. denn dass letztere eine
ziemlich zahlungsfähige casse bis gegen ende des 5. jahrhunderts hatten, steht fest.
ebenso folgt aus CIA IV 53a (p. 66), dass 418 die apodekten dieselben com-
petenzen wie in der aristotelischen Politie 48 hatten, während Aristoteles nur die
kolakreten für die solonische zeit nennt. also ist zu schliessen, dass Androtion das
richtige berichtet hat, nämlich dass Kleisthenes die eincassirung der aus pachten,
zöllen u. dgl. fliessenden gelder und die aufstellung des merismos 10 apodekten
unter controlle des rates übertragen hat, während das vorher die kolakreten be-
sorgten, dass aber eine gewisse anzahl einnahmen den kolakreten blieben, die aus
dieser casse auch selbständig ausgaben leisteten, was die apodekten nie tun. die
abschaffung der kolakreten ist 403 geschehn, aber schon 411 hatten die oligarchen
sie in aussicht genommen.

I. 3. Solon.
hatte, unter anderem ausgeführt, daſs sie ausgaben für heilige zwecke
leisteten, und zum belege aus Androtion citirt τοῖς δὲ ἰοῦσι Πυϑὼ͂δε
ϑεωϱοῖς τοὺς κωλακϱέτας διδόναι ἐκ τῶν ναυκϱαϱικῶν (ναυκληϱικῶν
codd.) ἐφόδιον ἀϱγύϱια καὶ εἰς ἄλλο ὅ τι ἂν δέῃ ἀναλῶσαι. das ist
offenbar keine rede des Androtion, sondern ein gesetzesfragment, das
Androtion als beleg angeführt hatte. die worte selbst sind verdorben;
wie man sie aber auch herstellt, stehen sie den von Aristoteles angeführten
sehr nahe, wenn sie nicht gar identisch sind.18) wie dem auch sei: daſs
Kleidemos und Androtion und Aristoteles alle drei die solonischen ge-
setze durchsuchen und sätzchen excerpiren, die das wort ναύκϱαϱος oder
ναυκϱαϱικός enthielten, ist äuſserst wenig wahrscheinlich. ungleich
näher liegt es, daſs sich die atthidographen der gesetze bedient haben,
um die competenzen verschollener behörden festzustellen, wie der naukraren
und der kolakreten19), und daſs Aristoteles hier ebenso wie sonst auch
die beweise mit den behauptungen von ihnen geborgt hat.

18) Die theoren erhalten offenbar geld einmal als diäten für sich, zweitens zu
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und εἰς ἄλλο ὅ τι ἂν δέῃ ἀναλῶσαι. das zwischenstehende ἀϱγύϱια ist an sich
unsinnig. man erwartet eine bestimmte summe, die im citate leicht ausfallen konnte,
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man erwartet auch da ἐκ τῶν ναυκϱαϱικῶν. also dürfte eher im scholion auch her-
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tität der gesetze ist in beiden fällen das wahrscheinlichste.
19) Aristoteles erklärt ihren auch uns unverständlichen namen überhaupt nicht:
das ist mit seinen zwecken vereinbar, aber die leser seiner geschichtlichen übersicht
müssen doch den mangel empfinden. daſs Androtion die kolakreten auch sonst be-
handelt hat, folgt aus Harp. ἀποδέκται. es ist selbstverständlich schuld dieses oder
eines anderen epitomators, daſs es so aussieht, als wären nach Androtion die apo-
dekten durch Kleisthenes an stelle der kolakreten getreten. denn daſs letztere eine
ziemlich zahlungsfähige casse bis gegen ende des 5. jahrhunderts hatten, steht fest.
ebenso folgt aus CIA IV 53a (p. 66), daſs 418 die apodekten dieselben com-
petenzen wie in der aristotelischen Politie 48 hatten, während Aristoteles nur die
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[52/0066] I. 3. Solon. hatte, unter anderem ausgeführt, daſs sie ausgaben für heilige zwecke leisteten, und zum belege aus Androtion citirt τοῖς δὲ ἰοῦσι Πυϑὼ͂δε ϑεωϱοῖς τοὺς κωλακϱέτας διδόναι ἐκ τῶν ναυκϱαϱικῶν (ναυκληϱικῶν codd.) ἐφόδιον ἀϱγύϱια καὶ εἰς ἄλλο ὅ τι ἂν δέῃ ἀναλῶσαι. das ist offenbar keine rede des Androtion, sondern ein gesetzesfragment, das Androtion als beleg angeführt hatte. die worte selbst sind verdorben; wie man sie aber auch herstellt, stehen sie den von Aristoteles angeführten sehr nahe, wenn sie nicht gar identisch sind. 18) wie dem auch sei: daſs Kleidemos und Androtion und Aristoteles alle drei die solonischen ge- setze durchsuchen und sätzchen excerpiren, die das wort ναύκϱαϱος oder ναυκϱαϱικός enthielten, ist äuſserst wenig wahrscheinlich. ungleich näher liegt es, daſs sich die atthidographen der gesetze bedient haben, um die competenzen verschollener behörden festzustellen, wie der naukraren und der kolakreten 19), und daſs Aristoteles hier ebenso wie sonst auch die beweise mit den behauptungen von ihnen geborgt hat. 18) Die theoren erhalten offenbar geld einmal als diäten für sich, zweitens zu sachlichen ausgaben, für opfertiere, tempelschoſs u. s. w. also steht parallel ἐφόδια und εἰς ἄλλο ὅ τι ἂν δέῃ ἀναλῶσαι. das zwischenstehende ἀϱγύϱια ist an sich unsinnig. man erwartet eine bestimmte summe, die im citate leicht ausfallen konnte, H z. b. sie konnte in dem allgemeinen gesetze (διδόναι steht da) auch durch das unbestimmte ἀϱγύϱιον ersetzt sein, und demgemäſs könnte man auch bei Aristoteles ἐκ τοῦ ναυκϱαϱικοῦ ἀϱγύϱι[ον ergänzen. nur spricht dagegen in dem scholion die wortstellung: ἀϱγύϱιον sollte am schlusse des satzes stehn; bei Aristoteles der singular: man erwartet auch da ἐκ τῶν ναυκϱαϱικῶν. also dürfte eher im scholion auch her- zustellen sein ἐκ τοῦ ναυκϱαϱικοῦ ἀϱγυϱίου, und am schlusse ein zahlzeichen. iden- tität der gesetze ist in beiden fällen das wahrscheinlichste. 19) Aristoteles erklärt ihren auch uns unverständlichen namen überhaupt nicht: das ist mit seinen zwecken vereinbar, aber die leser seiner geschichtlichen übersicht müssen doch den mangel empfinden. daſs Androtion die kolakreten auch sonst be- handelt hat, folgt aus Harp. ἀποδέκται. es ist selbstverständlich schuld dieses oder eines anderen epitomators, daſs es so aussieht, als wären nach Androtion die apo- dekten durch Kleisthenes an stelle der kolakreten getreten. denn daſs letztere eine ziemlich zahlungsfähige casse bis gegen ende des 5. jahrhunderts hatten, steht fest. ebenso folgt aus CIA IV 53a (p. 66), daſs 418 die apodekten dieselben com- petenzen wie in der aristotelischen Politie 48 hatten, während Aristoteles nur die kolakreten für die solonische zeit nennt. also ist zu schlieſsen, daſs Androtion das richtige berichtet hat, nämlich daſs Kleisthenes die eincassirung der aus pachten, zöllen u. dgl. flieſsenden gelder und die aufstellung des μεϱισμός 10 apodekten unter controlle des rates übertragen hat, während das vorher die kolakreten be- sorgten, daſs aber eine gewisse anzahl einnahmen den kolakreten blieben, die aus dieser casse auch selbständig ausgaben leisteten, was die apodekten nie tun. die abschaffung der kolakreten ist 403 geschehn, aber schon 411 hatten die oligarchen sie in aussicht genommen.

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 1. Berlin, 1893, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles01_1893/66>, abgerufen am 22.11.2024.