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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 1. Berlin, 1893.

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1. Chronologie.
seinen beiden verbannungen heimkehrt, in der Politik der herrschaft
zurechnete, in der genauern erzählung der Politie den verbannungen.
an den zu grunde liegenden attischen archontenjahren ändert das nichts.
die neuen zeugnisse bestätigen also nur, was wir schon wussten, erstens, tod
des Peisistratos 528/7 unter dem archon, der erst jetzt namhaft gemacht
wird, Philoneos, zweitens, beginn seiner herrschaft unter archon Komeas, der
mit der belanglosen orthographischen variante als Komias auch gut bekannt
war, 561/60 (nicht 560/59).33) und auf den ersten blick muss jeder
leser der Politie, der die jahreszahlen Solon 594 Peisistratos 561 im
kopfe hatte, den schreibfehler 14, 1 berichtigt haben, wo das jahr des
Komeas das zweiunddreissigste nach Solon statt des vierunddreissigsten heisst.

So weit ist alles einfach, aber es lehrt wenig neues. die einzel-
posten, die neues versprechen, sind durch böse verderbnisse entstellt.
denn während die summe 33 für die herrschaft des Peisistratos fest-
steht, lesen wir jetzt als einzelposten: erste herrschaft 5 jahre (etei
ekto nach Komeas, unter Hegesias), erste verbannung 11 jahre (etei
dodekato heimkehr)34), zweite ganz kurze herrschaft 6 (etei malista
ebdomo ou gar polun khronon kateskhen), zweite verbannung 10 (etei
endekato schlacht bei Pallene), worauf die ruhige letzte herrschaft bis
Philoneos 528/7 folgt, die jeder leser für die längste unbedingt halten
muss. das ist also vollkommener unsinn, wolbemerkt, in sich ist es wider-
spruchsvoll, und ich werde mich auf keinen disput mit einer kritik ein-
lassen, die dem Aristoteles zutraut, eine sechsjährige herrschaft ausdrück-
lich als kurz zu bezeichnen, nachdem er eben eine fünfjährige ohne
bemerkung hat passiren lassen.35) und wenn jemand sagt, Aristoteles hätte
gedankenlos die zahlen aus verschiedenen rechnungen vermischt, wobei
ihm selbst nicht wol gewesen wäre, so dass er die summe der jahre für
die verbannungen nicht summirt hätte, so mag der kritiker sich bei seiner
kritik ja wol befinden, aber die gedankenlosigkeit ist nicht bei Aristoteles.
jeder der sich ein bischen überlegt, was er liest, muss zwei fehler be-
merken, den einen schon gerügten, in der zahl für die zweite herrschaft,
den andern in den elf jahren der ersten verbannung, sintemal die summe

33) Diese hauptdaten gut festgestellt von Töpffer quaest. Pisist. 139. die
sache ist freilich jetzt viel einfacher geworden, weil schol. Wesp. 502 erledigt ist.
34) Köhler (Sitzber. Berl. 92, 340) hat durch ein mir rätselhaftes versehn be-
hauptet, Aristoteles rechne für dieses exil 6 jahre.
35) Mögen sich die kritiker doch einmal überlegen, was gar bedeutet: etei
ebdomo; ou gar polun khronon kateskhen. es bedeutet "wirklich so kurze zeit nur,
wie meine zahl angibt, über die sich jeder leser wundern muss, denn ...

1. Chronologie.
seinen beiden verbannungen heimkehrt, in der Politik der herrschaft
zurechnete, in der genauern erzählung der Politie den verbannungen.
an den zu grunde liegenden attischen archontenjahren ändert das nichts.
die neuen zeugnisse bestätigen also nur, was wir schon wuſsten, erstens, tod
des Peisistratos 528/7 unter dem archon, der erst jetzt namhaft gemacht
wird, Philoneos, zweitens, beginn seiner herrschaft unter archon Komeas, der
mit der belanglosen orthographischen variante als Komias auch gut bekannt
war, 561/60 (nicht 560/59).33) und auf den ersten blick muſs jeder
leser der Politie, der die jahreszahlen Solon 594 Peisistratos 561 im
kopfe hatte, den schreibfehler 14, 1 berichtigt haben, wo das jahr des
Komeas das zweiunddreiſsigste nach Solon statt des vierunddreiſsigsten heiſst.

So weit ist alles einfach, aber es lehrt wenig neues. die einzel-
posten, die neues versprechen, sind durch böse verderbnisse entstellt.
denn während die summe 33 für die herrschaft des Peisistratos fest-
steht, lesen wir jetzt als einzelposten: erste herrschaft 5 jahre (ἔτει
ἕκτῳ nach Komeas, unter Hegesias), erste verbannung 11 jahre (ἔτει
δωδεκάτῳ heimkehr)34), zweite ganz kurze herrschaft 6 (ἔτει μάλιστα
ἑβδόμῳ οὐ γὰϱ πολὺν χϱόνον κατέσχεν), zweite verbannung 10 (ἔτει
ἑνδεκάτῳ schlacht bei Pallene), worauf die ruhige letzte herrschaft bis
Philoneos 528/7 folgt, die jeder leser für die längste unbedingt halten
muſs. das ist also vollkommener unsinn, wolbemerkt, in sich ist es wider-
spruchsvoll, und ich werde mich auf keinen disput mit einer kritik ein-
lassen, die dem Aristoteles zutraut, eine sechsjährige herrschaft ausdrück-
lich als kurz zu bezeichnen, nachdem er eben eine fünfjährige ohne
bemerkung hat passiren lassen.35) und wenn jemand sagt, Aristoteles hätte
gedankenlos die zahlen aus verschiedenen rechnungen vermischt, wobei
ihm selbst nicht wol gewesen wäre, so daſs er die summe der jahre für
die verbannungen nicht summirt hätte, so mag der kritiker sich bei seiner
kritik ja wol befinden, aber die gedankenlosigkeit ist nicht bei Aristoteles.
jeder der sich ein bischen überlegt, was er liest, muſs zwei fehler be-
merken, den einen schon gerügten, in der zahl für die zweite herrschaft,
den andern in den elf jahren der ersten verbannung, sintemal die summe

33) Diese hauptdaten gut festgestellt von Töpffer quaest. Pisist. 139. die
sache ist freilich jetzt viel einfacher geworden, weil schol. Wesp. 502 erledigt ist.
34) Köhler (Sitzber. Berl. 92, 340) hat durch ein mir rätselhaftes versehn be-
hauptet, Aristoteles rechne für dieses exil 6 jahre.
35) Mögen sich die kritiker doch einmal überlegen, was γάϱ bedeutet: ἔτει
ἑβδόμῳ· οὐ γὰϱ πολὺν χϱόνον κατέσχεν. es bedeutet “wirklich so kurze zeit nur,
wie meine zahl angibt, über die sich jeder leser wundern muſs, denn …
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[22/0036] 1. Chronologie. seinen beiden verbannungen heimkehrt, in der Politik der herrschaft zurechnete, in der genauern erzählung der Politie den verbannungen. an den zu grunde liegenden attischen archontenjahren ändert das nichts. die neuen zeugnisse bestätigen also nur, was wir schon wuſsten, erstens, tod des Peisistratos 528/7 unter dem archon, der erst jetzt namhaft gemacht wird, Philoneos, zweitens, beginn seiner herrschaft unter archon Komeas, der mit der belanglosen orthographischen variante als Komias auch gut bekannt war, 561/60 (nicht 560/59). 33) und auf den ersten blick muſs jeder leser der Politie, der die jahreszahlen Solon 594 Peisistratos 561 im kopfe hatte, den schreibfehler 14, 1 berichtigt haben, wo das jahr des Komeas das zweiunddreiſsigste nach Solon statt des vierunddreiſsigsten heiſst. So weit ist alles einfach, aber es lehrt wenig neues. die einzel- posten, die neues versprechen, sind durch böse verderbnisse entstellt. denn während die summe 33 für die herrschaft des Peisistratos fest- steht, lesen wir jetzt als einzelposten: erste herrschaft 5 jahre (ἔτει ἕκτῳ nach Komeas, unter Hegesias), erste verbannung 11 jahre (ἔτει δωδεκάτῳ heimkehr) 34), zweite ganz kurze herrschaft 6 (ἔτει μάλιστα ἑβδόμῳ οὐ γὰϱ πολὺν χϱόνον κατέσχεν), zweite verbannung 10 (ἔτει ἑνδεκάτῳ schlacht bei Pallene), worauf die ruhige letzte herrschaft bis Philoneos 528/7 folgt, die jeder leser für die längste unbedingt halten muſs. das ist also vollkommener unsinn, wolbemerkt, in sich ist es wider- spruchsvoll, und ich werde mich auf keinen disput mit einer kritik ein- lassen, die dem Aristoteles zutraut, eine sechsjährige herrschaft ausdrück- lich als kurz zu bezeichnen, nachdem er eben eine fünfjährige ohne bemerkung hat passiren lassen. 35) und wenn jemand sagt, Aristoteles hätte gedankenlos die zahlen aus verschiedenen rechnungen vermischt, wobei ihm selbst nicht wol gewesen wäre, so daſs er die summe der jahre für die verbannungen nicht summirt hätte, so mag der kritiker sich bei seiner kritik ja wol befinden, aber die gedankenlosigkeit ist nicht bei Aristoteles. jeder der sich ein bischen überlegt, was er liest, muſs zwei fehler be- merken, den einen schon gerügten, in der zahl für die zweite herrschaft, den andern in den elf jahren der ersten verbannung, sintemal die summe 33) Diese hauptdaten gut festgestellt von Töpffer quaest. Pisist. 139. die sache ist freilich jetzt viel einfacher geworden, weil schol. Wesp. 502 erledigt ist. 34) Köhler (Sitzber. Berl. 92, 340) hat durch ein mir rätselhaftes versehn be- hauptet, Aristoteles rechne für dieses exil 6 jahre. 35) Mögen sich die kritiker doch einmal überlegen, was γάϱ bedeutet: ἔτει ἑβδόμῳ· οὐ γὰϱ πολὺν χϱόνον κατέσχεν. es bedeutet “wirklich so kurze zeit nur, wie meine zahl angibt, über die sich jeder leser wundern muſs, denn …

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 1. Berlin, 1893, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles01_1893/36>, abgerufen am 21.11.2024.