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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 1. Berlin, 1893.

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I. 7. Die verfassung.
entstanden; ihre rationalistische umbildung, dass ehedem Athen allein
oliven gebaut hätte, lesen wir schon bei Herodotos 5, 82. natürlich
kannte man den wert dieser cultur und vertraute auf ihre rentabilität,
als man sie also von staatswegen betrieb; es gab damals in Hellas ölbäume
schon vieler orten, aber in Eleusis führt der Demeterhymnus ihre nymphen
als gespielinnen der Kore ein (23): dort standen sie nicht zu hunderten.
in Boeotien rechnet der bauer des Hesiodos nicht mit ihnen: wie alt wird
der attische ölbau sein? älter als Drakon, viel älter, nun ja, dafür
zeugt die macht des Areopages und die todesstrafe. aber wie viel?
wüssten wir, welche grundstücke mit oliven Athenas besetzt waren, so
wäre eine antwort gegeben. da sagt nun der sprecher der Lysiasrede 7, 24
epistasthe en to pedio pollas morias ousas kai purkaias (ustrinas)
en tois allois tois emois khoriois. wenn der mann bloss suburbane
grundstücke hatte, so lehrt das nichts; aber so pflegt attischer besitz
nicht zu liegen. sowol die demioprata wie die redner wie Platons
Gesetze zeigen die bürger im besitze von meist weit von einander gelegnen
parzellen. standen etwa moriai nur im pedion?113) so waren sie gesetzt
zu einer zeit, wo den herren des burgfelsens nur das pedion gehorchte,
wie das attische regengebet nur diesem gilt.114) es wäre vermessen, das
behaupten zu wollen: aber in eine altersgraue zeit tun wir hier einen
blick. und die Areopagiten die die olive zum baume Athenas machten haben
es verdient, dass Goethes Pandora in ihrer tat die potenzirt prometheische
schöpfung, von kunst und wissenschaft, gefeiert hat: an der moria der
Akademie hat sich die kypsele geöffnet, die weder die moria der modernen
banausen noch der Moriah der Juden je verdrängen oder ersetzen können.

Archonten.Den archonten sind wenigstens ein par seiten gewidmet, und doch
tritt hier ganz besonders deutlich hervor, dass eine vorlage von Aristo-
teles zu grunde gelegt und gekürzt ist. er hat so disponirt, dass er
erst die formalitäten des amtsantrittes ziemlich breit beschreibt (55.
56, 1), dann die befugnisse der einzelnen mitglieder des collegiums,
endlich die ihnen allen gleich zustehende auslosung der richter (59, 7).

113) Das gesetz, das überhaupt den ölbaum schützt (Rede gg. Makartatos 71),
gilt natürlich für ganz Attika; es ist in der formulirung, die vorliegt, nicht alt,
durchaus profan. aber es ist an sich ein altes complement des schutzes der heiligen
ölbäume, und dient dem schutze der baumzucht. gerade weil dieser schutz bestand,
konnte man die religiöse sanction fallen lassen.
114) uson uson o phile Zeu kata tes arouras tes Athenaion kai ton
pedion (Marcus pros eauton 5, 7). darin ist das letzte völlig unverständlich. tou
pediou macht es klar: neben dem lande da der pflug geht stehn die gärten mit öl
und wein und die steinigen phelles, wo das kleinvieh weidet.

I. 7. Die verfassung.
entstanden; ihre rationalistische umbildung, daſs ehedem Athen allein
oliven gebaut hätte, lesen wir schon bei Herodotos 5, 82. natürlich
kannte man den wert dieser cultur und vertraute auf ihre rentabilität,
als man sie also von staatswegen betrieb; es gab damals in Hellas ölbäume
schon vieler orten, aber in Eleusis führt der Demeterhymnus ihre nymphen
als gespielinnen der Kore ein (23): dort standen sie nicht zu hunderten.
in Boeotien rechnet der bauer des Hesiodos nicht mit ihnen: wie alt wird
der attische ölbau sein? älter als Drakon, viel älter, nun ja, dafür
zeugt die macht des Areopages und die todesstrafe. aber wie viel?
wüssten wir, welche grundstücke mit oliven Athenas besetzt waren, so
wäre eine antwort gegeben. da sagt nun der sprecher der Lysiasrede 7, 24
ἐπίστασϑε ἐν τῷ πεδίῳ πολλὰς μοϱίας οὔσας καὶ πυϱκαιάς (ustrinas)
ἐν τοῖς ἄλλοις τοῖς ἐμοῖς χωϱίοις. wenn der mann bloſs suburbane
grundstücke hatte, so lehrt das nichts; aber so pflegt attischer besitz
nicht zu liegen. sowol die δημιόπϱατα wie die redner wie Platons
Gesetze zeigen die bürger im besitze von meist weit von einander gelegnen
parzellen. standen etwa μοϱίαι nur im πεδίον?113) so waren sie gesetzt
zu einer zeit, wo den herren des burgfelsens nur das πεδίον gehorchte,
wie das attische regengebet nur diesem gilt.114) es wäre vermessen, das
behaupten zu wollen: aber in eine altersgraue zeit tun wir hier einen
blick. und die Areopagiten die die olive zum baume Athenas machten haben
es verdient, daſs Goethes Pandora in ihrer tat die potenzirt prometheische
schöpfung, von kunst und wissenschaft, gefeiert hat: an der μοϱία der
Akademie hat sich die kypsele geöffnet, die weder die μωϱία der modernen
banausen noch der Moriah der Juden je verdrängen oder ersetzen können.

Archonten.Den archonten sind wenigstens ein par seiten gewidmet, und doch
tritt hier ganz besonders deutlich hervor, daſs eine vorlage von Aristo-
teles zu grunde gelegt und gekürzt ist. er hat so disponirt, daſs er
erst die formalitäten des amtsantrittes ziemlich breit beschreibt (55.
56, 1), dann die befugnisse der einzelnen mitglieder des collegiums,
endlich die ihnen allen gleich zustehende auslosung der richter (59, 7).

113) Das gesetz, das überhaupt den ölbaum schützt (Rede gg. Makartatos 71),
gilt natürlich für ganz Attika; es ist in der formulirung, die vorliegt, nicht alt,
durchaus profan. aber es ist an sich ein altes complement des schutzes der heiligen
ölbäume, und dient dem schutze der baumzucht. gerade weil dieser schutz bestand,
konnte man die religiöse sanction fallen lassen.
114) ὗσον ὗσον ὦ φίλε Ζεῦ κατὰ τῆς ἀϱούϱας τῆς Ἀϑηναίων καὶ τῶν
πεδίων (Marcus πϱὸς έαυτόν 5, 7). darin ist das letzte völlig unverständlich. τοῦ
πεδίου macht es klar: neben dem lande da der pflug geht stehn die gärten mit öl
und wein und die steinigen φελλῆς, wo das kleinvieh weidet.
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[242/0256] I. 7. Die verfassung. entstanden; ihre rationalistische umbildung, daſs ehedem Athen allein oliven gebaut hätte, lesen wir schon bei Herodotos 5, 82. natürlich kannte man den wert dieser cultur und vertraute auf ihre rentabilität, als man sie also von staatswegen betrieb; es gab damals in Hellas ölbäume schon vieler orten, aber in Eleusis führt der Demeterhymnus ihre nymphen als gespielinnen der Kore ein (23): dort standen sie nicht zu hunderten. in Boeotien rechnet der bauer des Hesiodos nicht mit ihnen: wie alt wird der attische ölbau sein? älter als Drakon, viel älter, nun ja, dafür zeugt die macht des Areopages und die todesstrafe. aber wie viel? wüssten wir, welche grundstücke mit oliven Athenas besetzt waren, so wäre eine antwort gegeben. da sagt nun der sprecher der Lysiasrede 7, 24 ἐπίστασϑε ἐν τῷ πεδίῳ πολλὰς μοϱίας οὔσας καὶ πυϱκαιάς (ustrinas) ἐν τοῖς ἄλλοις τοῖς ἐμοῖς χωϱίοις. wenn der mann bloſs suburbane grundstücke hatte, so lehrt das nichts; aber so pflegt attischer besitz nicht zu liegen. sowol die δημιόπϱατα wie die redner wie Platons Gesetze zeigen die bürger im besitze von meist weit von einander gelegnen parzellen. standen etwa μοϱίαι nur im πεδίον? 113) so waren sie gesetzt zu einer zeit, wo den herren des burgfelsens nur das πεδίον gehorchte, wie das attische regengebet nur diesem gilt. 114) es wäre vermessen, das behaupten zu wollen: aber in eine altersgraue zeit tun wir hier einen blick. und die Areopagiten die die olive zum baume Athenas machten haben es verdient, daſs Goethes Pandora in ihrer tat die potenzirt prometheische schöpfung, von kunst und wissenschaft, gefeiert hat: an der μοϱία der Akademie hat sich die kypsele geöffnet, die weder die μωϱία der modernen banausen noch der Moriah der Juden je verdrängen oder ersetzen können. Den archonten sind wenigstens ein par seiten gewidmet, und doch tritt hier ganz besonders deutlich hervor, daſs eine vorlage von Aristo- teles zu grunde gelegt und gekürzt ist. er hat so disponirt, daſs er erst die formalitäten des amtsantrittes ziemlich breit beschreibt (55. 56, 1), dann die befugnisse der einzelnen mitglieder des collegiums, endlich die ihnen allen gleich zustehende auslosung der richter (59, 7). Archonten. 113) Das gesetz, das überhaupt den ölbaum schützt (Rede gg. Makartatos 71), gilt natürlich für ganz Attika; es ist in der formulirung, die vorliegt, nicht alt, durchaus profan. aber es ist an sich ein altes complement des schutzes der heiligen ölbäume, und dient dem schutze der baumzucht. gerade weil dieser schutz bestand, konnte man die religiöse sanction fallen lassen. 114) ὗσον ὗσον ὦ φίλε Ζεῦ κατὰ τῆς ἀϱούϱας τῆς Ἀϑηναίων καὶ τῶν πεδίων (Marcus πϱὸς έαυτόν 5, 7). darin ist das letzte völlig unverständlich. τοῦ πεδίου macht es klar: neben dem lande da der pflug geht stehn die gärten mit öl und wein und die steinigen φελλῆς, wo das kleinvieh weidet.

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 1. Berlin, 1893, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles01_1893/256>, abgerufen am 22.11.2024.