steller sind von dieser sichern Höhe herabgestiegen, sie machen einen Theil des Publikums aus, sie stoßen sich mit der Menge herum, sie ereifern sich, freuen sich, lieben und zürnen, wie jeder Andere, sie schwimmen mitten im Strom der Welt und wenn sie sich durch etwas von den Ue¬ brigen unterscheiden, so ist es, daß sie die Vor¬ schwimmer sind, und sei es nur trocken und ele¬ gant auf dem Rücken eines Delphins, wie Heine, oder naß und bespritzt, wie Börne, den Ge¬ staden der Zukunft entgegeneilen, welche die Zeit für "ihre hesperischen Gärten glücklicher Inseln" ansieht.
Behaglichkeit ist in solcher Lage und bei sol¬ chem Streben nicht wohl denkbar, die Schriftstel¬ lerei ist kein Spiel schöner Geister, kein unschul¬ diges Ergötzen, keine leichte Beschäftigung der Phantasie mehr, sondern der Geist der Zeit, der unsichtbar über allen Köpfen waltet, ergreift des Schriftstellers Hand und schreibt im Buch des Lebens mit dem ehernen Griffel der Geschichte, die Dichter und ästhetischen Prosaisten stehen nicht mehr, wie vormals, allein im Dienst der Musen, sondern auch im Dienst des Vaterlandes und allen mächtigen Zeitbestrebungen sind sie Verbündete. Ja, sie finden sich nicht selten im Streit mit jenem schönen Dienst, dem ihre Vorgänger hul¬
ſteller ſind von dieſer ſichern Hoͤhe herabgeſtiegen, ſie machen einen Theil des Publikums aus, ſie ſtoßen ſich mit der Menge herum, ſie ereifern ſich, freuen ſich, lieben und zuͤrnen, wie jeder Andere, ſie ſchwimmen mitten im Strom der Welt und wenn ſie ſich durch etwas von den Ue¬ brigen unterſcheiden, ſo iſt es, daß ſie die Vor¬ ſchwimmer ſind, und ſei es nur trocken und ele¬ gant auf dem Ruͤcken eines Delphins, wie Heine, oder naß und beſpritzt, wie Boͤrne, den Ge¬ ſtaden der Zukunft entgegeneilen, welche die Zeit fuͤr „ihre hesperiſchen Gaͤrten gluͤcklicher Inſeln“ anſieht.
Behaglichkeit iſt in ſolcher Lage und bei ſol¬ chem Streben nicht wohl denkbar, die Schriftſtel¬ lerei iſt kein Spiel ſchoͤner Geiſter, kein unſchul¬ diges Ergoͤtzen, keine leichte Beſchaͤftigung der Phantaſie mehr, ſondern der Geiſt der Zeit, der unſichtbar uͤber allen Koͤpfen waltet, ergreift des Schriftſtellers Hand und ſchreibt im Buch des Lebens mit dem ehernen Griffel der Geſchichte, die Dichter und aͤſthetiſchen Proſaiſten ſtehen nicht mehr, wie vormals, allein im Dienſt der Muſen, ſondern auch im Dienſt des Vaterlandes und allen maͤchtigen Zeitbeſtrebungen ſind ſie Verbuͤndete. Ja, ſie finden ſich nicht ſelten im Streit mit jenem ſchoͤnen Dienſt, dem ihre Vorgaͤnger hul¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0312"n="298"/>ſteller ſind von dieſer ſichern Hoͤhe herabgeſtiegen,<lb/>ſie machen einen Theil des Publikums aus, ſie<lb/>ſtoßen ſich mit der Menge herum, ſie ereifern<lb/>ſich, freuen ſich, lieben und zuͤrnen, wie jeder<lb/>
Andere, ſie ſchwimmen mitten im Strom der<lb/>
Welt und wenn ſie ſich durch etwas von den Ue¬<lb/>
brigen unterſcheiden, ſo iſt es, daß ſie die Vor¬<lb/>ſchwimmer ſind, und ſei es nur trocken und ele¬<lb/>
gant auf dem Ruͤcken eines Delphins, wie Heine,<lb/>
oder naß und beſpritzt, wie Boͤrne, den Ge¬<lb/>ſtaden der Zukunft entgegeneilen, welche die Zeit<lb/>
fuͤr „ihre hesperiſchen Gaͤrten gluͤcklicher Inſeln“<lb/>
anſieht.</p><lb/><p>Behaglichkeit iſt in ſolcher Lage und bei ſol¬<lb/>
chem Streben nicht wohl denkbar, die Schriftſtel¬<lb/>
lerei iſt kein Spiel ſchoͤner Geiſter, kein unſchul¬<lb/>
diges Ergoͤtzen, keine leichte Beſchaͤftigung der<lb/>
Phantaſie mehr, ſondern der Geiſt der Zeit, der<lb/>
unſichtbar uͤber allen Koͤpfen waltet, ergreift des<lb/>
Schriftſtellers Hand und ſchreibt im Buch des<lb/>
Lebens mit dem ehernen Griffel der Geſchichte,<lb/>
die Dichter und aͤſthetiſchen Proſaiſten ſtehen nicht<lb/>
mehr, wie vormals, allein im Dienſt der Muſen,<lb/>ſondern auch im Dienſt des Vaterlandes und allen<lb/>
maͤchtigen Zeitbeſtrebungen ſind ſie Verbuͤndete.<lb/>
Ja, ſie finden ſich nicht ſelten im Streit mit<lb/>
jenem ſchoͤnen Dienſt, dem ihre Vorgaͤnger hul¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[298/0312]
ſteller ſind von dieſer ſichern Hoͤhe herabgeſtiegen,
ſie machen einen Theil des Publikums aus, ſie
ſtoßen ſich mit der Menge herum, ſie ereifern
ſich, freuen ſich, lieben und zuͤrnen, wie jeder
Andere, ſie ſchwimmen mitten im Strom der
Welt und wenn ſie ſich durch etwas von den Ue¬
brigen unterſcheiden, ſo iſt es, daß ſie die Vor¬
ſchwimmer ſind, und ſei es nur trocken und ele¬
gant auf dem Ruͤcken eines Delphins, wie Heine,
oder naß und beſpritzt, wie Boͤrne, den Ge¬
ſtaden der Zukunft entgegeneilen, welche die Zeit
fuͤr „ihre hesperiſchen Gaͤrten gluͤcklicher Inſeln“
anſieht.
Behaglichkeit iſt in ſolcher Lage und bei ſol¬
chem Streben nicht wohl denkbar, die Schriftſtel¬
lerei iſt kein Spiel ſchoͤner Geiſter, kein unſchul¬
diges Ergoͤtzen, keine leichte Beſchaͤftigung der
Phantaſie mehr, ſondern der Geiſt der Zeit, der
unſichtbar uͤber allen Koͤpfen waltet, ergreift des
Schriftſtellers Hand und ſchreibt im Buch des
Lebens mit dem ehernen Griffel der Geſchichte,
die Dichter und aͤſthetiſchen Proſaiſten ſtehen nicht
mehr, wie vormals, allein im Dienſt der Muſen,
ſondern auch im Dienſt des Vaterlandes und allen
maͤchtigen Zeitbeſtrebungen ſind ſie Verbuͤndete.
Ja, ſie finden ſich nicht ſelten im Streit mit
jenem ſchoͤnen Dienſt, dem ihre Vorgaͤnger hul¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/312>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.