etwas ihr Eigenthümliches nicht verkennen. Heine bedenkt sich, wo Börne unbedenklich hinschreibt und wo Jean Paul zwei Gedanken für einen in einander mischt. Nicht, daß er um das, was er sagen will, verlegen wäre, nicht, daß ihm irgend eine Anspielung, eine Vergleichung, eine geistreiche Wendung nicht zu Gebot stände, er bedenkt sich, um den Ausdruck zu treffen, der das, was er sa¬ gen will, unvergeßlich macht, das Wort zu fin¬ den, das seinen Gedanken auf das Eigen¬ thümlichste und Schlagendste wiedergibt.
Hält man nun diese Züge der bewährtesten Schriftsteller mit einander zusammen, so möchte man eher Börne mit Jean Paul, Heine mit Goe¬ the in Vergleichung setzen, wenn man bei Beur¬ theilung eines Stilistikers von der Idee der Kunst als tertium comparationis ausgeht. Heine und Goethe, Börne und Jean Paul sind sich in der That auch in Anlagen und geistigem Vermö¬ gen verwandt, was auch von ihnen selbst, ich meine von den Jüngeren, Heine und Börne, rich¬ tig gefühlt und ausgesprochen ist; von Letzterem in der herrlichen Rede auf Jean Pauls Tod, das schönste Denkmal, das den Manen des großen Dichters errichtet worden und das zugleich, so¬ wohl durch die Begeisterung der Sprache, als durch diese selbst dem Redner einige unverwelkliche
etwas ihr Eigenthuͤmliches nicht verkennen. Heine bedenkt ſich, wo Boͤrne unbedenklich hinſchreibt und wo Jean Paul zwei Gedanken fuͤr einen in einander miſcht. Nicht, daß er um das, was er ſagen will, verlegen waͤre, nicht, daß ihm irgend eine Anſpielung, eine Vergleichung, eine geiſtreiche Wendung nicht zu Gebot ſtaͤnde, er bedenkt ſich, um den Ausdruck zu treffen, der das, was er ſa¬ gen will, unvergeßlich macht, das Wort zu fin¬ den, das ſeinen Gedanken auf das Eigen¬ thuͤmlichſte und Schlagendſte wiedergibt.
Haͤlt man nun dieſe Zuͤge der bewaͤhrteſten Schriftſteller mit einander zuſammen, ſo moͤchte man eher Boͤrne mit Jean Paul, Heine mit Goe¬ the in Vergleichung ſetzen, wenn man bei Beur¬ theilung eines Stiliſtikers von der Idee der Kunſt als tertium comparationis ausgeht. Heine und Goethe, Boͤrne und Jean Paul ſind ſich in der That auch in Anlagen und geiſtigem Vermoͤ¬ gen verwandt, was auch von ihnen ſelbſt, ich meine von den Juͤngeren, Heine und Boͤrne, rich¬ tig gefuͤhlt und ausgeſprochen iſt; von Letzterem in der herrlichen Rede auf Jean Pauls Tod, das ſchoͤnſte Denkmal, das den Manen des großen Dichters errichtet worden und das zugleich, ſo¬ wohl durch die Begeiſterung der Sprache, als durch dieſe ſelbſt dem Redner einige unverwelkliche
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0309"n="295"/>
etwas ihr Eigenthuͤmliches nicht verkennen. Heine<lb/>
bedenkt ſich, wo Boͤrne unbedenklich hinſchreibt<lb/>
und wo Jean Paul zwei Gedanken fuͤr einen in<lb/>
einander miſcht. Nicht, daß er um das, was er<lb/>ſagen will, verlegen waͤre, nicht, daß ihm irgend<lb/>
eine Anſpielung, eine Vergleichung, eine geiſtreiche<lb/>
Wendung nicht zu Gebot ſtaͤnde, er bedenkt ſich,<lb/>
um den Ausdruck zu treffen, der das, was er ſa¬<lb/>
gen will, unvergeßlich macht, das Wort zu fin¬<lb/>
den, das <hirendition="#g">ſeinen</hi> Gedanken auf das <hirendition="#g">Eigen¬<lb/>
thuͤmlichſte</hi> und <hirendition="#g">Schlagendſte</hi> wiedergibt.</p><lb/><p>Haͤlt man nun dieſe Zuͤge der bewaͤhrteſten<lb/>
Schriftſteller mit einander zuſammen, ſo moͤchte<lb/>
man eher Boͤrne mit Jean Paul, Heine mit Goe¬<lb/>
the in Vergleichung ſetzen, wenn man bei Beur¬<lb/>
theilung eines Stiliſtikers von der <hirendition="#g">Idee der<lb/>
Kunſt</hi> als <hirendition="#aq">tertium comparationis</hi> ausgeht. Heine<lb/>
und Goethe, Boͤrne und Jean Paul ſind ſich in<lb/>
der That auch in Anlagen und geiſtigem Vermoͤ¬<lb/>
gen verwandt, was auch von ihnen ſelbſt, ich<lb/>
meine von den Juͤngeren, Heine und Boͤrne, rich¬<lb/>
tig gefuͤhlt und ausgeſprochen iſt; von Letzterem<lb/>
in der herrlichen Rede auf Jean Pauls Tod, das<lb/>ſchoͤnſte Denkmal, das den Manen des großen<lb/>
Dichters errichtet worden und das zugleich, ſo¬<lb/>
wohl durch die Begeiſterung der Sprache, als<lb/>
durch dieſe ſelbſt dem Redner einige unverwelkliche<lb/></p></div></body></text></TEI>
[295/0309]
etwas ihr Eigenthuͤmliches nicht verkennen. Heine
bedenkt ſich, wo Boͤrne unbedenklich hinſchreibt
und wo Jean Paul zwei Gedanken fuͤr einen in
einander miſcht. Nicht, daß er um das, was er
ſagen will, verlegen waͤre, nicht, daß ihm irgend
eine Anſpielung, eine Vergleichung, eine geiſtreiche
Wendung nicht zu Gebot ſtaͤnde, er bedenkt ſich,
um den Ausdruck zu treffen, der das, was er ſa¬
gen will, unvergeßlich macht, das Wort zu fin¬
den, das ſeinen Gedanken auf das Eigen¬
thuͤmlichſte und Schlagendſte wiedergibt.
Haͤlt man nun dieſe Zuͤge der bewaͤhrteſten
Schriftſteller mit einander zuſammen, ſo moͤchte
man eher Boͤrne mit Jean Paul, Heine mit Goe¬
the in Vergleichung ſetzen, wenn man bei Beur¬
theilung eines Stiliſtikers von der Idee der
Kunſt als tertium comparationis ausgeht. Heine
und Goethe, Boͤrne und Jean Paul ſind ſich in
der That auch in Anlagen und geiſtigem Vermoͤ¬
gen verwandt, was auch von ihnen ſelbſt, ich
meine von den Juͤngeren, Heine und Boͤrne, rich¬
tig gefuͤhlt und ausgeſprochen iſt; von Letzterem
in der herrlichen Rede auf Jean Pauls Tod, das
ſchoͤnſte Denkmal, das den Manen des großen
Dichters errichtet worden und das zugleich, ſo¬
wohl durch die Begeiſterung der Sprache, als
durch dieſe ſelbſt dem Redner einige unverwelkliche
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/309>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.