nen Bilde der Humanität, und wie selten kann man beim Anblick des Wirkens der in diesen und durch diese Disziplinen ausgebildeten Männer freudig ausrufen, hier ist ein Charakter, der rein und freudig im Geiste seines Volks und im Hö¬ heren der Menschheit ruht, ein individueller Mensch, der natürlich und aus dem Grunde lebt, der die Wissenschaft, die Kunst und Alles, was er treibt, nicht auf angelernte Weise handwerksmäßig treibt, sondern mit innerem Drang, mit eigenem Den¬ ken und nach selbstgemachten Erfahrungen, ein Geist, dessen charakterischer Zug es eben ist, die Bahn, die Art und Weise seiner Thätigkeit sich weder von außen aufdringen zu lassen, noch sich selber mit Willkühr zu setzen, sondern mit klarer Besonnenheit zu wählen. An der Bildung eines solchen Mannes, meine Herren, mag vielleicht die letzte Feile fehlen, seiner geistigen Gestaltung, sei¬ ner leiblichen Erscheinung noch Manches abgehen, was der Grieche des Perikles, der auf jeden Zug, auf jedes Wort, auf jede Bewegung achtete, Sorg¬ falt verwandte, was der ungern vermißt hätte, es mag ihm noch nicht der rechte Sinn aufgegangen sein für die tiefe Bedeutsamkeit der äußeren schö¬ nen Form, für die himmlische Blüthe des Gei¬ stes, für den reinen Abdruck der innern Harmo¬ nie, es mag ihm Sinn und Gemüth noch nicht
nen Bilde der Humanitaͤt, und wie ſelten kann man beim Anblick des Wirkens der in dieſen und durch dieſe Disziplinen ausgebildeten Maͤnner freudig ausrufen, hier iſt ein Charakter, der rein und freudig im Geiſte ſeines Volks und im Hoͤ¬ heren der Menſchheit ruht, ein individueller Menſch, der natuͤrlich und aus dem Grunde lebt, der die Wiſſenſchaft, die Kunſt und Alles, was er treibt, nicht auf angelernte Weiſe handwerksmaͤßig treibt, ſondern mit innerem Drang, mit eigenem Den¬ ken und nach ſelbſtgemachten Erfahrungen, ein Geiſt, deſſen charakteriſcher Zug es eben iſt, die Bahn, die Art und Weiſe ſeiner Thaͤtigkeit ſich weder von außen aufdringen zu laſſen, noch ſich ſelber mit Willkuͤhr zu ſetzen, ſondern mit klarer Beſonnenheit zu waͤhlen. An der Bildung eines ſolchen Mannes, meine Herren, mag vielleicht die letzte Feile fehlen, ſeiner geiſtigen Geſtaltung, ſei¬ ner leiblichen Erſcheinung noch Manches abgehen, was der Grieche des Perikles, der auf jeden Zug, auf jedes Wort, auf jede Bewegung achtete, Sorg¬ falt verwandte, was der ungern vermißt haͤtte, es mag ihm noch nicht der rechte Sinn aufgegangen ſein fuͤr die tiefe Bedeutſamkeit der aͤußeren ſchoͤ¬ nen Form, fuͤr die himmliſche Bluͤthe des Gei¬ ſtes, fuͤr den reinen Abdruck der innern Harmo¬ nie, es mag ihm Sinn und Gemuͤth noch nicht
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0030"n="16"/>
nen Bilde der Humanitaͤt, und wie ſelten kann<lb/>
man beim Anblick des Wirkens der <hirendition="#g">in</hi> dieſen und<lb/><hirendition="#g">durch</hi> dieſe Disziplinen ausgebildeten Maͤnner<lb/>
freudig ausrufen, hier iſt ein Charakter, der rein<lb/>
und freudig im Geiſte ſeines Volks und im Hoͤ¬<lb/>
heren der Menſchheit ruht, ein individueller Menſch,<lb/>
der natuͤrlich und aus dem Grunde lebt, der die<lb/>
Wiſſenſchaft, die Kunſt und Alles, was er treibt,<lb/>
nicht auf angelernte Weiſe handwerksmaͤßig treibt,<lb/>ſondern mit innerem Drang, mit eigenem Den¬<lb/>
ken und nach ſelbſtgemachten Erfahrungen, ein<lb/>
Geiſt, deſſen charakteriſcher Zug es eben iſt, die<lb/>
Bahn, die Art und Weiſe ſeiner Thaͤtigkeit ſich<lb/>
weder von außen aufdringen zu laſſen, noch ſich<lb/>ſelber mit Willkuͤhr zu ſetzen, ſondern mit klarer<lb/>
Beſonnenheit zu waͤhlen. An der Bildung eines<lb/>ſolchen Mannes, meine Herren, mag vielleicht die<lb/>
letzte Feile fehlen, ſeiner geiſtigen Geſtaltung, ſei¬<lb/>
ner leiblichen Erſcheinung noch Manches abgehen,<lb/>
was der Grieche des Perikles, der auf jeden Zug,<lb/>
auf jedes Wort, auf jede Bewegung achtete, Sorg¬<lb/>
falt verwandte, was der ungern vermißt haͤtte, es<lb/>
mag ihm noch nicht der rechte Sinn aufgegangen<lb/>ſein fuͤr die tiefe Bedeutſamkeit der aͤußeren ſchoͤ¬<lb/>
nen Form, fuͤr die himmliſche Bluͤthe des Gei¬<lb/>ſtes, fuͤr den reinen Abdruck der innern Harmo¬<lb/>
nie, es mag ihm Sinn und Gemuͤth noch nicht<lb/></p></div></body></text></TEI>
[16/0030]
nen Bilde der Humanitaͤt, und wie ſelten kann
man beim Anblick des Wirkens der in dieſen und
durch dieſe Disziplinen ausgebildeten Maͤnner
freudig ausrufen, hier iſt ein Charakter, der rein
und freudig im Geiſte ſeines Volks und im Hoͤ¬
heren der Menſchheit ruht, ein individueller Menſch,
der natuͤrlich und aus dem Grunde lebt, der die
Wiſſenſchaft, die Kunſt und Alles, was er treibt,
nicht auf angelernte Weiſe handwerksmaͤßig treibt,
ſondern mit innerem Drang, mit eigenem Den¬
ken und nach ſelbſtgemachten Erfahrungen, ein
Geiſt, deſſen charakteriſcher Zug es eben iſt, die
Bahn, die Art und Weiſe ſeiner Thaͤtigkeit ſich
weder von außen aufdringen zu laſſen, noch ſich
ſelber mit Willkuͤhr zu ſetzen, ſondern mit klarer
Beſonnenheit zu waͤhlen. An der Bildung eines
ſolchen Mannes, meine Herren, mag vielleicht die
letzte Feile fehlen, ſeiner geiſtigen Geſtaltung, ſei¬
ner leiblichen Erſcheinung noch Manches abgehen,
was der Grieche des Perikles, der auf jeden Zug,
auf jedes Wort, auf jede Bewegung achtete, Sorg¬
falt verwandte, was der ungern vermißt haͤtte, es
mag ihm noch nicht der rechte Sinn aufgegangen
ſein fuͤr die tiefe Bedeutſamkeit der aͤußeren ſchoͤ¬
nen Form, fuͤr die himmliſche Bluͤthe des Gei¬
ſtes, fuͤr den reinen Abdruck der innern Harmo¬
nie, es mag ihm Sinn und Gemuͤth noch nicht
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/30>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.