die sich ihm als verjährte und abgestandene dar¬ stellen, hat er alle diese Ansichten, und die Trä¬ ger derselben, ein ungeheurer Haufe, wider sich und dagegen nur eine Waffe, den Witz, während Byron außer seinem Talent auch Reichthum und Adel bei seinen Anfeindungen ins Feld stellen konnte. Dennoch weiß er sich mit dieser einen Waffe hinlängliches Ansehen zu verschaffen und wenn man es auch selten wagt, oder würdigt, ihn öffentlich hoch anzuschlagen, so läßt man ihm doch, selbst feindlich gesinnt, im Stillen die Ge¬ rechtigkeit widerfahren, daß sein Kopf in der deut¬ schen Literatur über den Köpfen seiner Nebenbuh¬ ler hervorrage.
Schöpfen wir, wie wir es bei Goethe und Byron gethan, aus der Geschichte seines Lebens diejenigen Andeutungen, welche uns die besondere Art und Richtung seines Talents erklären helfen. Er ward in Düsseldorf geboren als Jude, aber von einer christlichen Mutter, war zum Handel bestimmt und handelte wirklich eine Zeitlang, stu¬ dirte dann in Göttingen, schrieb seine Reisebilder, führte ein flüchtiges Reiseleben, war in England, Italien und seit der französischen Juli-Revolution in Paris, wo er sich an die französischen Revolu¬ tionaire, besonders unter den Schriftstellern, an¬
die ſich ihm als verjaͤhrte und abgeſtandene dar¬ ſtellen, hat er alle dieſe Anſichten, und die Traͤ¬ ger derſelben, ein ungeheurer Haufe, wider ſich und dagegen nur eine Waffe, den Witz, waͤhrend Byron außer ſeinem Talent auch Reichthum und Adel bei ſeinen Anfeindungen ins Feld ſtellen konnte. Dennoch weiß er ſich mit dieſer einen Waffe hinlaͤngliches Anſehen zu verſchaffen und wenn man es auch ſelten wagt, oder wuͤrdigt, ihn oͤffentlich hoch anzuſchlagen, ſo laͤßt man ihm doch, ſelbſt feindlich geſinnt, im Stillen die Ge¬ rechtigkeit widerfahren, daß ſein Kopf in der deut¬ ſchen Literatur uͤber den Koͤpfen ſeiner Nebenbuh¬ ler hervorrage.
Schoͤpfen wir, wie wir es bei Goethe und Byron gethan, aus der Geſchichte ſeines Lebens diejenigen Andeutungen, welche uns die beſondere Art und Richtung ſeines Talents erklaͤren helfen. Er ward in Duͤſſeldorf geboren als Jude, aber von einer chriſtlichen Mutter, war zum Handel beſtimmt und handelte wirklich eine Zeitlang, ſtu¬ dirte dann in Goͤttingen, ſchrieb ſeine Reiſebilder, fuͤhrte ein fluͤchtiges Reiſeleben, war in England, Italien und ſeit der franzoͤſiſchen Juli-Revolution in Paris, wo er ſich an die franzoͤſiſchen Revolu¬ tionaire, beſonders unter den Schriftſtellern, an¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0299"n="285"/>
die ſich ihm als verjaͤhrte und abgeſtandene dar¬<lb/>ſtellen, hat er alle dieſe Anſichten, und die Traͤ¬<lb/>
ger derſelben, ein ungeheurer Haufe, wider ſich<lb/>
und dagegen nur eine Waffe, den Witz, waͤhrend<lb/>
Byron außer ſeinem Talent auch Reichthum und<lb/>
Adel bei ſeinen Anfeindungen ins Feld ſtellen<lb/>
konnte. Dennoch weiß er ſich mit dieſer einen<lb/>
Waffe hinlaͤngliches Anſehen zu verſchaffen und<lb/>
wenn man es auch ſelten wagt, oder wuͤrdigt, ihn<lb/>
oͤffentlich hoch anzuſchlagen, ſo laͤßt man ihm<lb/>
doch, ſelbſt feindlich geſinnt, im Stillen die Ge¬<lb/>
rechtigkeit widerfahren, daß ſein Kopf in der deut¬<lb/>ſchen Literatur uͤber den Koͤpfen ſeiner Nebenbuh¬<lb/>
ler hervorrage.</p><lb/><p>Schoͤpfen wir, wie wir es bei Goethe und<lb/>
Byron gethan, aus der Geſchichte ſeines Lebens<lb/>
diejenigen Andeutungen, welche uns die beſondere<lb/>
Art und Richtung ſeines Talents erklaͤren helfen.<lb/>
Er ward in Duͤſſeldorf geboren als Jude, aber<lb/>
von einer chriſtlichen Mutter, war zum Handel<lb/>
beſtimmt und handelte wirklich eine Zeitlang, ſtu¬<lb/>
dirte dann in Goͤttingen, ſchrieb ſeine Reiſebilder,<lb/>
fuͤhrte ein fluͤchtiges Reiſeleben, war in England,<lb/>
Italien und ſeit der franzoͤſiſchen Juli-Revolution<lb/>
in Paris, wo er ſich an die franzoͤſiſchen Revolu¬<lb/>
tionaire, beſonders unter den Schriftſtellern, an¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[285/0299]
die ſich ihm als verjaͤhrte und abgeſtandene dar¬
ſtellen, hat er alle dieſe Anſichten, und die Traͤ¬
ger derſelben, ein ungeheurer Haufe, wider ſich
und dagegen nur eine Waffe, den Witz, waͤhrend
Byron außer ſeinem Talent auch Reichthum und
Adel bei ſeinen Anfeindungen ins Feld ſtellen
konnte. Dennoch weiß er ſich mit dieſer einen
Waffe hinlaͤngliches Anſehen zu verſchaffen und
wenn man es auch ſelten wagt, oder wuͤrdigt, ihn
oͤffentlich hoch anzuſchlagen, ſo laͤßt man ihm
doch, ſelbſt feindlich geſinnt, im Stillen die Ge¬
rechtigkeit widerfahren, daß ſein Kopf in der deut¬
ſchen Literatur uͤber den Koͤpfen ſeiner Nebenbuh¬
ler hervorrage.
Schoͤpfen wir, wie wir es bei Goethe und
Byron gethan, aus der Geſchichte ſeines Lebens
diejenigen Andeutungen, welche uns die beſondere
Art und Richtung ſeines Talents erklaͤren helfen.
Er ward in Duͤſſeldorf geboren als Jude, aber
von einer chriſtlichen Mutter, war zum Handel
beſtimmt und handelte wirklich eine Zeitlang, ſtu¬
dirte dann in Goͤttingen, ſchrieb ſeine Reiſebilder,
fuͤhrte ein fluͤchtiges Reiſeleben, war in England,
Italien und ſeit der franzoͤſiſchen Juli-Revolution
in Paris, wo er ſich an die franzoͤſiſchen Revolu¬
tionaire, beſonders unter den Schriftſtellern, an¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/299>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.