nach jenen europäischen Ruf erlangt hat, in wel¬ chem es gegenwärtig steht. Dieser Faust ist der Wendepunkt des Goetheschen Genies, von dieser höchsten Spitze der Begeisterung und Herzensfülle stieg es plötzlich wieder herunter, und begann die zweite Epoche seines Ruhms, die der ruhigen Plastik, der beschränkten, gegen Stoff gleichgültig sich verhaltenden Kunstdarstellung, welche das Tiefste, Aufregendste, Leidenschaftlichste sorgfältig vermeidet, sich mit der Gegenwart versöhnt und auf deren Niveau die Gestalten der Poesie auf¬ trägt. Doch bezeichnen und verfolgen wir diese Richtung nicht weiter, denn wir haben noch Ge¬ legenheit, auf sie zurückzukommen. Zunächst ist es uns um die geschichtliche Stelle, welche dem Faust zukommt, zu thun gewesen und da wir diese ermittelt haben, so fragt es sich, nach jener über¬ geschichtlichen Bedeutung, die Jedermann gewohnt ist, darin zu suchen. Ich habe bereits erklärt, daß sich diese nicht im Zusammenhang des Goe¬ theschen Lebens und aus der Zeit entwickeln läßt; Faust ist ein Werk, das weit über seiner Zeit, ja selbst über dem steht, dessen Feder wir es ver¬ danken. Faust war einmal ein Moment im Goe¬ theschen Geiste, Goethe war einmal Faust, näm¬ lich in den großen heiligen Jugendstunden, als der Geist dieser Dichtung über ihn kam. Aber Goe¬
nach jenen europaͤiſchen Ruf erlangt hat, in wel¬ chem es gegenwaͤrtig ſteht. Dieſer Fauſt iſt der Wendepunkt des Goetheſchen Genies‚ von dieſer hoͤchſten Spitze der Begeiſterung und Herzensfuͤlle ſtieg es ploͤtzlich wieder herunter‚ und begann die zweite Epoche ſeines Ruhms, die der ruhigen Plaſtik‚ der beſchraͤnkten, gegen Stoff gleichguͤltig ſich verhaltenden Kunſtdarſtellung‚ welche das Tiefſte, Aufregendſte‚ Leidenſchaftlichſte ſorgfaͤltig vermeidet, ſich mit der Gegenwart verſoͤhnt und auf deren Niveau die Geſtalten der Poeſie auf¬ traͤgt. Doch bezeichnen und verfolgen wir dieſe Richtung nicht weiter, denn wir haben noch Ge¬ legenheit‚ auf ſie zuruͤckzukommen. Zunaͤchſt iſt es uns um die geſchichtliche Stelle‚ welche dem Fauſt zukommt‚ zu thun geweſen und da wir dieſe ermittelt haben, ſo fragt es ſich‚ nach jener uͤber¬ geſchichtlichen Bedeutung‚ die Jedermann gewohnt iſt‚ darin zu ſuchen. Ich habe bereits erklaͤrt‚ daß ſich dieſe nicht im Zuſammenhang des Goe¬ theſchen Lebens und aus der Zeit entwickeln laͤßt; Fauſt iſt ein Werk‚ das weit uͤber ſeiner Zeit‚ ja ſelbſt uͤber dem ſteht‚ deſſen Feder wir es ver¬ danken. Fauſt war einmal ein Moment im Goe¬ theſchen Geiſte‚ Goethe war einmal Fauſt‚ naͤm¬ lich in den großen heiligen Jugendſtunden‚ als der Geiſt dieſer Dichtung uͤber ihn kam. Aber Goe¬
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nach jenen europaͤiſchen Ruf erlangt hat, in wel¬
chem es gegenwaͤrtig ſteht. Dieſer Fauſt iſt der
Wendepunkt des Goetheſchen Genies‚ von dieſer
hoͤchſten Spitze der Begeiſterung und Herzensfuͤlle
ſtieg es ploͤtzlich wieder herunter‚ und begann die
zweite Epoche ſeines Ruhms, die der ruhigen
Plaſtik‚ der beſchraͤnkten, gegen Stoff gleichguͤltig
ſich verhaltenden Kunſtdarſtellung‚ welche das
Tiefſte, Aufregendſte‚ Leidenſchaftlichſte ſorgfaͤltig
vermeidet, ſich mit der Gegenwart verſoͤhnt und
auf deren Niveau die Geſtalten der Poeſie auf¬
traͤgt. Doch bezeichnen und verfolgen wir dieſe
Richtung nicht weiter, denn wir haben noch Ge¬
legenheit‚ auf ſie zuruͤckzukommen. Zunaͤchſt iſt
es uns um die geſchichtliche Stelle‚ welche dem
Fauſt zukommt‚ zu thun geweſen und da wir dieſe
ermittelt haben, ſo fragt es ſich‚ nach jener uͤber¬
geſchichtlichen Bedeutung‚ die Jedermann gewohnt
iſt‚ darin zu ſuchen. Ich habe bereits erklaͤrt‚
daß ſich dieſe nicht im Zuſammenhang des Goe¬
theſchen Lebens und aus der Zeit entwickeln laͤßt;
Fauſt iſt ein Werk‚ das weit uͤber ſeiner Zeit‚
ja ſelbſt uͤber dem ſteht‚ deſſen Feder wir es ver¬
danken. Fauſt war einmal ein Moment im Goe¬
theſchen Geiſte‚ Goethe war einmal Fauſt‚ naͤm¬
lich in den großen heiligen Jugendſtunden‚ als der
Geiſt dieſer Dichtung uͤber ihn kam. Aber Goe¬
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Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/280>, abgerufen am 25.11.2024.
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