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Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834.

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Und alle starken Herzensbande
Um Kinder, Eltern und Verwandte
Und Vorfahr'n, aller Lebensnoth
Entrückt zum Götterstande.

Der Mutter, die uns Alle trug,
Der Erde pflegen sie und warten,
Der Kaiser selber lenkt den Pflug,
Und um ihn blüht des Reiches Garten.
Dann Landesnoth und Kriegesjammer,
Beweinte Bräut' in öder Kammer,
Und Unmuth, der die Saiten schlug,
Heiligen Zorns Entflammer.

Und den letzten Vers schließt Rückert mit den
tiefsinnigen Worten:

Daß ihr erkennt: Weltpoesie
Allein ist Weltversöhnung.

Bleibe ich zum Schluß noch einige Augenblicke
bei diesem neugewonnenen Liederschatze stehen und
hebe eins derselben heraus. Der bei weitem
größte Theil derselben enthält Reklamationen des
menschlichen Gefühls, Klagen und Protestationen,
gegenüber dem strengen Gesetz oder der willkühr¬
lichen Handhabung desselben. Nur der kleinste

Und alle ſtarken Herzensbande
Um Kinder, Eltern und Verwandte
Und Vorfahr'n, aller Lebensnoth
Entruͤckt zum Goͤtterſtande.

Der Mutter, die uns Alle trug,
Der Erde pflegen ſie und warten,
Der Kaiſer ſelber lenkt den Pflug,
Und um ihn bluͤht des Reiches Garten.
Dann Landesnoth und Kriegesjammer,
Beweinte Braͤut' in oͤder Kammer,
Und Unmuth, der die Saiten ſchlug,
Heiligen Zorns Entflammer.

Und den letzten Vers ſchließt Ruͤckert mit den
tiefſinnigen Worten:

Daß ihr erkennt: Weltpoeſie
Allein iſt Weltverſoͤhnung.

Bleibe ich zum Schluß noch einige Augenblicke
bei dieſem neugewonnenen Liederſchatze ſtehen und
hebe eins derſelben heraus. Der bei weitem
groͤßte Theil derſelben enthaͤlt Reklamationen des
menſchlichen Gefuͤhls, Klagen und Proteſtationen,
gegenuͤber dem ſtrengen Geſetz oder der willkuͤhr¬
lichen Handhabung deſſelben. Nur der kleinſte

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[234/0248] Und alle ſtarken Herzensbande Um Kinder, Eltern und Verwandte Und Vorfahr'n, aller Lebensnoth Entruͤckt zum Goͤtterſtande. Der Mutter, die uns Alle trug, Der Erde pflegen ſie und warten, Der Kaiſer ſelber lenkt den Pflug, Und um ihn bluͤht des Reiches Garten. Dann Landesnoth und Kriegesjammer, Beweinte Braͤut' in oͤder Kammer, Und Unmuth, der die Saiten ſchlug, Heiligen Zorns Entflammer. Und den letzten Vers ſchließt Ruͤckert mit den tiefſinnigen Worten: Daß ihr erkennt: Weltpoeſie Allein iſt Weltverſoͤhnung. Bleibe ich zum Schluß noch einige Augenblicke bei dieſem neugewonnenen Liederſchatze ſtehen und hebe eins derſelben heraus. Der bei weitem groͤßte Theil derſelben enthaͤlt Reklamationen des menſchlichen Gefuͤhls, Klagen und Proteſtationen, gegenuͤber dem ſtrengen Geſetz oder der willkuͤhr¬ lichen Handhabung deſſelben. Nur der kleinſte

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Zitationshilfe: Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/248>, abgerufen am 24.11.2024.