Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

men, mehr oder weniger in die abstrakten For¬
meln der Kantischen Philosophie gebannt, z. B.
die von Ben David und von Krug, welcher schon
als solcher und inmitten seiner Philosophie, der
leibhaftige Tod für die Aesthetik ist.

An sich, meine Herren, gehört das Element
der Aesthetik, das Schöne, ohne Zweifel in den
Kreis der erhabensten Philosophie. Die Wirkun¬
gen der Schönheit, die Schönheit selber ist uns
ein Geheimniß, ein Räthsel, zu dessen Auflösung
wir den Schlüssel bei einer Wissenschaft suchen,
von der, wie Sie wissen, wenigstens die Rede
geht, daß sie den großen goldenen Schlüssel zu
allen Geheimnissen der Welt, wenn auch nicht be¬
sitzt, doch wenigstens zu schmieden beflissen sei.
Dennoch, meine Herren, und wenn der Schlüs¬
sel auch gefunden wäre, ist aufschließen und schauen,
offenbar zweierlei. Nehmen wir z. B. an, daß der ver¬
storbene Hegel, unter dessen Schriften man ebenfalls
eine Aesthetik findet, die im geschlossenen Ringe seiner
Philosophie ihren bestimmten Platz und Namen hat,
daß Hegel den Grund und das Wesen aller Dinge
nicht allein tiefer erforscht hätte, als alle seine
Vorgänger, sondern auch wirklich und wahrhaftig
in diesem Grunde angelangt wäre und von da
aus im Stände wäre, die ganze Welt dem lieben
Gott nachzukonstruiren und zu beweisen, warum

men, mehr oder weniger in die abſtrakten For¬
meln der Kantiſchen Philoſophie gebannt, z. B.
die von Ben David und von Krug, welcher ſchon
als ſolcher und inmitten ſeiner Philoſophie, der
leibhaftige Tod fuͤr die Aeſthetik iſt.

An ſich, meine Herren, gehoͤrt das Element
der Aeſthetik, das Schoͤne, ohne Zweifel in den
Kreis der erhabenſten Philoſophie. Die Wirkun¬
gen der Schoͤnheit, die Schoͤnheit ſelber iſt uns
ein Geheimniß, ein Raͤthſel, zu deſſen Aufloͤſung
wir den Schluͤſſel bei einer Wiſſenſchaft ſuchen,
von der, wie Sie wiſſen, wenigſtens die Rede
geht, daß ſie den großen goldenen Schluͤſſel zu
allen Geheimniſſen der Welt, wenn auch nicht be¬
ſitzt, doch wenigſtens zu ſchmieden befliſſen ſei.
Dennoch, meine Herren, und wenn der Schluͤſ¬
ſel auch gefunden waͤre, iſt aufſchließen und ſchauen,
offenbar zweierlei. Nehmen wir z. B. an, daß der ver¬
ſtorbene Hegel, unter deſſen Schriften man ebenfalls
eine Aeſthetik findet, die im geſchloſſenen Ringe ſeiner
Philoſophie ihren beſtimmten Platz und Namen hat,
daß Hegel den Grund und das Weſen aller Dinge
nicht allein tiefer erforſcht haͤtte, als alle ſeine
Vorgaͤnger, ſondern auch wirklich und wahrhaftig
in dieſem Grunde angelangt waͤre und von da
aus im Staͤnde waͤre, die ganze Welt dem lieben
Gott nachzukonſtruiren und zu beweiſen, warum

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0020" n="6"/>
men, mehr oder weniger in die ab&#x017F;trakten For¬<lb/>
meln der Kanti&#x017F;chen Philo&#x017F;ophie gebannt, z. B.<lb/>
die von Ben David und von Krug, welcher &#x017F;chon<lb/>
als &#x017F;olcher und inmitten &#x017F;einer Philo&#x017F;ophie, der<lb/>
leibhaftige Tod fu&#x0364;r die Ae&#x017F;thetik i&#x017F;t.</p><lb/>
        <p>An &#x017F;ich, meine Herren, geho&#x0364;rt das Element<lb/>
der Ae&#x017F;thetik, das Scho&#x0364;ne, ohne Zweifel in den<lb/>
Kreis der erhaben&#x017F;ten Philo&#x017F;ophie. Die Wirkun¬<lb/>
gen der Scho&#x0364;nheit, die Scho&#x0364;nheit &#x017F;elber i&#x017F;t uns<lb/>
ein Geheimniß, ein Ra&#x0364;th&#x017F;el, zu de&#x017F;&#x017F;en Auflo&#x0364;&#x017F;ung<lb/>
wir den Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el bei einer Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft &#x017F;uchen,<lb/>
von der, wie Sie wi&#x017F;&#x017F;en, wenig&#x017F;tens die Rede<lb/>
geht, daß &#x017F;ie den großen goldenen Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el zu<lb/>
allen Geheimni&#x017F;&#x017F;en der Welt, wenn auch nicht be¬<lb/>
&#x017F;itzt, doch wenig&#x017F;tens zu &#x017F;chmieden befli&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ei.<lb/>
Dennoch, meine Herren, und wenn der Schlu&#x0364;&#x017F;¬<lb/>
&#x017F;el auch gefunden wa&#x0364;re, i&#x017F;t auf&#x017F;chließen und &#x017F;chauen,<lb/>
offenbar zweierlei. Nehmen wir z. B. an, daß der ver¬<lb/>
&#x017F;torbene Hegel, unter de&#x017F;&#x017F;en Schriften man ebenfalls<lb/>
eine Ae&#x017F;thetik findet, die im ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Ringe &#x017F;einer<lb/>
Philo&#x017F;ophie ihren be&#x017F;timmten Platz und Namen hat,<lb/>
daß Hegel den Grund und das We&#x017F;en aller Dinge<lb/>
nicht allein tiefer erfor&#x017F;cht ha&#x0364;tte, als alle &#x017F;eine<lb/>
Vorga&#x0364;nger, &#x017F;ondern auch wirklich und wahrhaftig<lb/>
in die&#x017F;em Grunde angelangt wa&#x0364;re und von da<lb/>
aus im Sta&#x0364;nde wa&#x0364;re, die ganze Welt dem lieben<lb/>
Gott nachzukon&#x017F;truiren und zu bewei&#x017F;en, warum<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[6/0020] men, mehr oder weniger in die abſtrakten For¬ meln der Kantiſchen Philoſophie gebannt, z. B. die von Ben David und von Krug, welcher ſchon als ſolcher und inmitten ſeiner Philoſophie, der leibhaftige Tod fuͤr die Aeſthetik iſt. An ſich, meine Herren, gehoͤrt das Element der Aeſthetik, das Schoͤne, ohne Zweifel in den Kreis der erhabenſten Philoſophie. Die Wirkun¬ gen der Schoͤnheit, die Schoͤnheit ſelber iſt uns ein Geheimniß, ein Raͤthſel, zu deſſen Aufloͤſung wir den Schluͤſſel bei einer Wiſſenſchaft ſuchen, von der, wie Sie wiſſen, wenigſtens die Rede geht, daß ſie den großen goldenen Schluͤſſel zu allen Geheimniſſen der Welt, wenn auch nicht be¬ ſitzt, doch wenigſtens zu ſchmieden befliſſen ſei. Dennoch, meine Herren, und wenn der Schluͤſ¬ ſel auch gefunden waͤre, iſt aufſchließen und ſchauen, offenbar zweierlei. Nehmen wir z. B. an, daß der ver¬ ſtorbene Hegel, unter deſſen Schriften man ebenfalls eine Aeſthetik findet, die im geſchloſſenen Ringe ſeiner Philoſophie ihren beſtimmten Platz und Namen hat, daß Hegel den Grund und das Weſen aller Dinge nicht allein tiefer erforſcht haͤtte, als alle ſeine Vorgaͤnger, ſondern auch wirklich und wahrhaftig in dieſem Grunde angelangt waͤre und von da aus im Staͤnde waͤre, die ganze Welt dem lieben Gott nachzukonſtruiren und zu beweiſen, warum

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/20
Zitationshilfe: Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/20>, abgerufen am 22.11.2024.