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Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834.

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und hat sie von Tage zu Tage mehr ausgebreitet.
Man legte Bänder um ihn her, aber er schlüpfte
hindurch wie eine Sylfe, man wollte ihn gewalt¬
sam greifen und halten, aber er zerrann in den
Händen seiner Feinde und spottete ihres nichtigen
Beginnens. Er war es auch, der die Riegel weg¬
schob vor der eingekerkerten Sinnlichkeit, und nun
im Verein mit der sinnlichen Kraft offen die Spitze
bot und die französische Revolution zu Stande
brachte.

Verstand und Sinnlichkeit habe ich schon in
voriger Stunde als diejenigen Kräfte gedacht, welche
die entschiedenste Richtung gegen die Anschauungs¬
weise der alten Zeit eingeschlagen. Unzweifelhaft
sind es diese beiden Elemente, auf deren harmo¬
nischer Vereinigung die Form der neuen Anschau¬
ungsweise beruhen wird. Historisch denkreich ist
es wieder, daß unser protestirendes Deutschland
auch der geistige Herd war, wo der zurückge¬
drängte Funke des sinnlichen Lebens zuerst aus
der Asche der Schulweisheit aufblitzte. Nicht nur
poetische, sondern historische Bedeutsamkeit hat die
Sage vom Faustus, der seine Bücher an die
Wand wirft und im Ueberdruß nichtiger Weisheit
sich in das bunte Leben stürzt, um sein verwelk¬
tes Herz wieder mit den Strömen der Liebe und
des Hasses aufzufrischen. Daß diese deutsche Volks¬

und hat ſie von Tage zu Tage mehr ausgebreitet.
Man legte Baͤnder um ihn her, aber er ſchluͤpfte
hindurch wie eine Sylfe, man wollte ihn gewalt¬
ſam greifen und halten, aber er zerrann in den
Haͤnden ſeiner Feinde und ſpottete ihres nichtigen
Beginnens. Er war es auch, der die Riegel weg¬
ſchob vor der eingekerkerten Sinnlichkeit, und nun
im Verein mit der ſinnlichen Kraft offen die Spitze
bot und die franzoͤſiſche Revolution zu Stande
brachte.

Verſtand und Sinnlichkeit habe ich ſchon in
voriger Stunde als diejenigen Kraͤfte gedacht, welche
die entſchiedenſte Richtung gegen die Anſchauungs¬
weiſe der alten Zeit eingeſchlagen. Unzweifelhaft
ſind es dieſe beiden Elemente, auf deren harmo¬
niſcher Vereinigung die Form der neuen Anſchau¬
ungsweiſe beruhen wird. Hiſtoriſch denkreich iſt
es wieder, daß unſer proteſtirendes Deutſchland
auch der geiſtige Herd war, wo der zuruͤckge¬
draͤngte Funke des ſinnlichen Lebens zuerſt aus
der Aſche der Schulweisheit aufblitzte. Nicht nur
poetiſche, ſondern hiſtoriſche Bedeutſamkeit hat die
Sage vom Fauſtus, der ſeine Buͤcher an die
Wand wirft und im Ueberdruß nichtiger Weisheit
ſich in das bunte Leben ſtuͤrzt, um ſein verwelk¬
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[122/0136] und hat ſie von Tage zu Tage mehr ausgebreitet. Man legte Baͤnder um ihn her, aber er ſchluͤpfte hindurch wie eine Sylfe, man wollte ihn gewalt¬ ſam greifen und halten, aber er zerrann in den Haͤnden ſeiner Feinde und ſpottete ihres nichtigen Beginnens. Er war es auch, der die Riegel weg¬ ſchob vor der eingekerkerten Sinnlichkeit, und nun im Verein mit der ſinnlichen Kraft offen die Spitze bot und die franzoͤſiſche Revolution zu Stande brachte. Verſtand und Sinnlichkeit habe ich ſchon in voriger Stunde als diejenigen Kraͤfte gedacht, welche die entſchiedenſte Richtung gegen die Anſchauungs¬ weiſe der alten Zeit eingeſchlagen. Unzweifelhaft ſind es dieſe beiden Elemente, auf deren harmo¬ niſcher Vereinigung die Form der neuen Anſchau¬ ungsweiſe beruhen wird. Hiſtoriſch denkreich iſt es wieder, daß unſer proteſtirendes Deutſchland auch der geiſtige Herd war, wo der zuruͤckge¬ draͤngte Funke des ſinnlichen Lebens zuerſt aus der Aſche der Schulweisheit aufblitzte. Nicht nur poetiſche, ſondern hiſtoriſche Bedeutſamkeit hat die Sage vom Fauſtus, der ſeine Buͤcher an die Wand wirft und im Ueberdruß nichtiger Weisheit ſich in das bunte Leben ſtuͤrzt, um ſein verwelk¬ tes Herz wieder mit den Stroͤmen der Liebe und des Haſſes aufzufriſchen. Daß dieſe deutſche Volks¬

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Zitationshilfe: Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/136>, abgerufen am 25.11.2024.