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Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834.

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und alle drei Welten in Schrecken gerathen, wird
zu Schanden vor dem einfachen Stabe, den Wu¬
schista in der Hand führt. So groß ist Brahma's
Macht. Der König sieht es, seufzt und fängt
eine neue Laufbahn strenger Uebungen und Ab¬
straktionen an, um nur erst Brahmane zu wer¬
den. Darüber bringt er tausend Jahre zu.

Dieses gefällt Brahma und nach Verlauf der
Zeit erklärt er ihn für einen königlichen
Weisen
.

Wischwamitra läßt aber sein Haupt mit
Scham hängen und spricht voll Verdruß: nach¬
dem ich solche Uebungen vollbracht, nur ein könig¬
licher Weiser (die königliche Weisheit muß schon
damals für nicht weit her gehalten sein). Ich
achte mich für nichts und damit beginnt er von
Neuem seine Uebungen und Abstraktionen. In¬
dessen fällt es einem gewissen Fürsten Trichunko,
einem Mann der Wahrheit, von besiegten Leiden¬
schaften, ein, ob er nicht in seinem körperlichen
Zustande unter die Götter kommen könne. Er
wendet sich an Wuschista, allein dieser erklärt ihm
die Unmöglichkeit der Sache, spricht einen Fluch
über seinen Frevel und macht eine niedrige Krea¬
tur aus ihm. Der eifersüchtige Wischwamitra
aber erbietet sich, durch ein Opfer den unglückli¬
chen Fürsten wirklich in den Himmel zu versetzen.

und alle drei Welten in Schrecken gerathen, wird
zu Schanden vor dem einfachen Stabe, den Wu¬
ſchiſta in der Hand fuͤhrt. So groß iſt Brahma's
Macht. Der Koͤnig ſieht es, ſeufzt und faͤngt
eine neue Laufbahn ſtrenger Uebungen und Ab¬
ſtraktionen an, um nur erſt Brahmane zu wer¬
den. Daruͤber bringt er tauſend Jahre zu.

Dieſes gefaͤllt Brahma und nach Verlauf der
Zeit erklaͤrt er ihn fuͤr einen koͤniglichen
Weiſen
.

Wiſchwamitra laͤßt aber ſein Haupt mit
Scham haͤngen und ſpricht voll Verdruß: nach¬
dem ich ſolche Uebungen vollbracht, nur ein koͤnig¬
licher Weiſer (die koͤnigliche Weisheit muß ſchon
damals fuͤr nicht weit her gehalten ſein). Ich
achte mich fuͤr nichts und damit beginnt er von
Neuem ſeine Uebungen und Abſtraktionen. In¬
deſſen faͤllt es einem gewiſſen Fuͤrſten Trichunko,
einem Mann der Wahrheit, von beſiegten Leiden¬
ſchaften, ein, ob er nicht in ſeinem koͤrperlichen
Zuſtande unter die Goͤtter kommen koͤnne. Er
wendet ſich an Wuſchiſta, allein dieſer erklaͤrt ihm
die Unmoͤglichkeit der Sache, ſpricht einen Fluch
uͤber ſeinen Frevel und macht eine niedrige Krea¬
tur aus ihm. Der eiferſuͤchtige Wiſchwamitra
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[96/0110] und alle drei Welten in Schrecken gerathen, wird zu Schanden vor dem einfachen Stabe, den Wu¬ ſchiſta in der Hand fuͤhrt. So groß iſt Brahma's Macht. Der Koͤnig ſieht es, ſeufzt und faͤngt eine neue Laufbahn ſtrenger Uebungen und Ab¬ ſtraktionen an, um nur erſt Brahmane zu wer¬ den. Daruͤber bringt er tauſend Jahre zu. Dieſes gefaͤllt Brahma und nach Verlauf der Zeit erklaͤrt er ihn fuͤr einen koͤniglichen Weiſen. Wiſchwamitra laͤßt aber ſein Haupt mit Scham haͤngen und ſpricht voll Verdruß: nach¬ dem ich ſolche Uebungen vollbracht, nur ein koͤnig¬ licher Weiſer (die koͤnigliche Weisheit muß ſchon damals fuͤr nicht weit her gehalten ſein). Ich achte mich fuͤr nichts und damit beginnt er von Neuem ſeine Uebungen und Abſtraktionen. In¬ deſſen faͤllt es einem gewiſſen Fuͤrſten Trichunko, einem Mann der Wahrheit, von beſiegten Leiden¬ ſchaften, ein, ob er nicht in ſeinem koͤrperlichen Zuſtande unter die Goͤtter kommen koͤnne. Er wendet ſich an Wuſchiſta, allein dieſer erklaͤrt ihm die Unmoͤglichkeit der Sache, ſpricht einen Fluch uͤber ſeinen Frevel und macht eine niedrige Krea¬ tur aus ihm. Der eiferſuͤchtige Wiſchwamitra aber erbietet ſich, durch ein Opfer den ungluͤckli¬ chen Fuͤrſten wirklich in den Himmel zu verſetzen.

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Zitationshilfe: Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/110>, abgerufen am 04.05.2024.