Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.6. Das feld liegt grauenhaft mit leichen und mit stümmelnVon roß und mann bedeckt, die durch einander wimmeln. Der held, sobald sein neuer spießgesell Das beste roß, das seinen herrn verlohren, Nebst einem guten schwert sich aus der beut' erkohren, Spornt seinen schnaubenden hengst und eilet vogelschnell Den thälern zu, die sich in unabsehbarn weiten An des gebürges fuß vor ihrem blick verbreiten. 7. Es schien ein wohlgebautes land,Mit bächen überall durchschnitten, Mit schaafen die anger bedeckt, die auen im blumengewand, Und zwischen palmen die friedlichen hütten Der braunen bewoner verstreut, die froh ihr tagwerk thun, In ihrer armut reich sich dünken, Und wenn sie hungrig und müd in kühlen schatten ruhn, Zum rohen bäurischen mahl dem pilger freundlich winken. 8. Hier läßt der Ritter, da ihn die sonne zu drücken begann,Sich brodt in frische milch von einer hirtin brocken. Das gute volk begafft, zur seite, halberschrocken, Wie er im grase liegt, den fremden eisernen mann; Allein da blick und ton ihm bald ihr herz gewann, So wagen schon kinder sich hin und spielen mit seinen locken. Den tapfern mann ergözt ihr traulich frohes gewühl, Er wird mit ihnen kind, und theilt ihr süßes spiel. 9. Wie
6. Das feld liegt grauenhaft mit leichen und mit ſtuͤmmelnVon roß und mann bedeckt, die durch einander wimmeln. Der held, ſobald ſein neuer ſpießgeſell Das beſte roß, das ſeinen herrn verlohren, Nebſt einem guten ſchwert ſich aus der beut' erkohren, Spornt ſeinen ſchnaubenden hengſt und eilet vogelſchnell Den thaͤlern zu, die ſich in unabſehbarn weiten An des gebuͤrges fuß vor ihrem blick verbreiten. 7. Es ſchien ein wohlgebautes land,Mit baͤchen uͤberall durchſchnitten, Mit ſchaafen die anger bedeckt, die auen im blumengewand, Und zwiſchen palmen die friedlichen huͤtten Der braunen bewoner verſtreut, die froh ihr tagwerk thun, In ihrer armut reich ſich duͤnken, Und wenn ſie hungrig und muͤd in kuͤhlen ſchatten ruhn, Zum rohen baͤuriſchen mahl dem pilger freundlich winken. 8. Hier laͤßt der Ritter, da ihn die ſonne zu druͤcken begann,Sich brodt in friſche milch von einer hirtin brocken. Das gute volk begafft, zur ſeite, halberſchrocken, Wie er im graſe liegt, den fremden eiſernen mann; Allein da blick und ton ihm bald ihr herz gewann, So wagen ſchon kinder ſich hin und ſpielen mit ſeinen locken. Den tapfern mann ergoͤzt ihr traulich frohes gewuͤhl, Er wird mit ihnen kind, und theilt ihr ſuͤßes ſpiel. 9. Wie
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6.
Das feld liegt grauenhaft mit leichen und mit ſtuͤmmeln
Von roß und mann bedeckt, die durch einander wimmeln.
Der held, ſobald ſein neuer ſpießgeſell
Das beſte roß, das ſeinen herrn verlohren,
Nebſt einem guten ſchwert ſich aus der beut' erkohren,
Spornt ſeinen ſchnaubenden hengſt und eilet vogelſchnell
Den thaͤlern zu, die ſich in unabſehbarn weiten
An des gebuͤrges fuß vor ihrem blick verbreiten.
7.
Es ſchien ein wohlgebautes land,
Mit baͤchen uͤberall durchſchnitten,
Mit ſchaafen die anger bedeckt, die auen im blumengewand,
Und zwiſchen palmen die friedlichen huͤtten
Der braunen bewoner verſtreut, die froh ihr tagwerk thun,
In ihrer armut reich ſich duͤnken,
Und wenn ſie hungrig und muͤd in kuͤhlen ſchatten ruhn,
Zum rohen baͤuriſchen mahl dem pilger freundlich winken.
8.
Hier laͤßt der Ritter, da ihn die ſonne zu druͤcken begann,
Sich brodt in friſche milch von einer hirtin brocken.
Das gute volk begafft, zur ſeite, halberſchrocken,
Wie er im graſe liegt, den fremden eiſernen mann;
Allein da blick und ton ihm bald ihr herz gewann,
So wagen ſchon kinder ſich hin und ſpielen mit ſeinen locken.
Den tapfern mann ergoͤzt ihr traulich frohes gewuͤhl,
Er wird mit ihnen kind, und theilt ihr ſuͤßes ſpiel.
9. Wie
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