Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite
6.
So flüstert ihr aus einer Zofe mund
Der kleine Dämon zu, den ihr, mit vollem Köcher,
Gebietrisch sitzen seht auf diesem Erdenrund!
Der alle welt aus seinem zauberbecher
Berauscht, und den, wer ihn nicht besser kennt,
Zur ungebühr, den Gott der Liebe nennt:
Denn -- jeder jungen unerfahrnen Dame
Zur nachricht sey es kund! -- Asmodi ist sein name.
7.
Almansaris, in deren warmen blut
Schon ein Verführer schleicht, ist gegen den Betrüger
Von Außen, weniger als jemals auf der hut;
Sein anhauch nährt und fächelt ihre glut,
Und kaum daß sie, zur zier, dergleichen thut
Als widerstünde sie, so ist Asmodi Sieger.
Die Zofe Schmeichlerin, sein würdiges Organ,
Legt den entwurf sogleich mit vieler klugheit an.
8.
O! raubet nun dem bliz die feuerschwingen,
Ihr stunden, ihn herbeyzubringen,
Den süßen Augenblik! Zu langsam schleichet ihr
(Wie schnell ihr eilt!) der lechzenden Begier!
Doch -- Sie ists nicht allein, die izt Secunden zählet:
Auch Hüon überlebt, von ungeduld gequälet,
Den trägen Gang der drey verhaßten tage kaum,
Und wachend und im schlaf ist Rezia sein traum.
9. Der
6.
So fluͤſtert ihr aus einer Zofe mund
Der kleine Daͤmon zu, den ihr, mit vollem Koͤcher,
Gebietriſch ſitzen ſeht auf dieſem Erdenrund!
Der alle welt aus ſeinem zauberbecher
Berauſcht, und den, wer ihn nicht beſſer kennt,
Zur ungebuͤhr, den Gott der Liebe nennt:
Denn — jeder jungen unerfahrnen Dame
Zur nachricht ſey es kund! — Asmodi iſt ſein name.
7.
Almanſaris, in deren warmen blut
Schon ein Verfuͤhrer ſchleicht, iſt gegen den Betruͤger
Von Außen, weniger als jemals auf der hut;
Sein anhauch naͤhrt und faͤchelt ihre glut,
Und kaum daß ſie, zur zier, dergleichen thut
Als widerſtuͤnde ſie, ſo iſt Asmodi Sieger.
Die Zofe Schmeichlerin, ſein wuͤrdiges Organ,
Legt den entwurf ſogleich mit vieler klugheit an.
8.
O! raubet nun dem bliz die feuerſchwingen,
Ihr ſtunden, ihn herbeyzubringen,
Den ſuͤßen Augenblik! Zu langſam ſchleichet ihr
(Wie ſchnell ihr eilt!) der lechzenden Begier!
Doch — Sie iſts nicht allein, die izt Secunden zaͤhlet:
Auch Huͤon uͤberlebt, von ungeduld gequaͤlet,
Den traͤgen Gang der drey verhaßten tage kaum,
Und wachend und im ſchlaf iſt Rezia ſein traum.
9. Der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0290"/>
            <lg n="6">
              <head> <hi rendition="#c">6.</hi> </head><lb/>
              <l><hi rendition="#in">S</hi>o flu&#x0364;&#x017F;tert ihr aus einer Zofe mund</l><lb/>
              <l>Der kleine Da&#x0364;mon zu, den ihr, mit vollem Ko&#x0364;cher,</l><lb/>
              <l>Gebietri&#x017F;ch &#x017F;itzen &#x017F;eht auf die&#x017F;em Erdenrund!</l><lb/>
              <l>Der alle welt aus &#x017F;einem zauberbecher</l><lb/>
              <l>Berau&#x017F;cht, und den, wer ihn nicht be&#x017F;&#x017F;er kennt,</l><lb/>
              <l>Zur ungebu&#x0364;hr, den Gott der Liebe nennt:</l><lb/>
              <l>Denn &#x2014; jeder jungen unerfahrnen Dame</l><lb/>
              <l>Zur nachricht &#x017F;ey es kund! &#x2014; Asmodi i&#x017F;t &#x017F;ein name.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <head> <hi rendition="#c">7.</hi> </head><lb/>
              <l><hi rendition="#in">A</hi>lman&#x017F;aris, in deren warmen blut</l><lb/>
              <l>Schon ein Verfu&#x0364;hrer &#x017F;chleicht, i&#x017F;t gegen den Betru&#x0364;ger</l><lb/>
              <l>Von Außen, weniger als jemals auf der hut;</l><lb/>
              <l>Sein anhauch na&#x0364;hrt und fa&#x0364;chelt ihre glut,</l><lb/>
              <l>Und kaum daß &#x017F;ie, zur zier, dergleichen thut</l><lb/>
              <l>Als wider&#x017F;tu&#x0364;nde &#x017F;ie, &#x017F;o i&#x017F;t Asmodi Sieger.</l><lb/>
              <l>Die Zofe Schmeichlerin, &#x017F;ein wu&#x0364;rdiges Organ,</l><lb/>
              <l>Legt den entwurf &#x017F;ogleich mit vieler klugheit an.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="8">
              <head> <hi rendition="#c">8.</hi> </head><lb/>
              <l><hi rendition="#in">O</hi>! raubet nun dem bliz die feuer&#x017F;chwingen,</l><lb/>
              <l>Ihr &#x017F;tunden, ihn herbeyzubringen,</l><lb/>
              <l>Den &#x017F;u&#x0364;ßen Augenblik! Zu lang&#x017F;am &#x017F;chleichet ihr</l><lb/>
              <l>(Wie &#x017F;chnell ihr eilt!) der lechzenden Begier!</l><lb/>
              <l>Doch &#x2014; Sie i&#x017F;ts nicht allein, die izt Secunden za&#x0364;hlet:</l><lb/>
              <l>Auch Hu&#x0364;on u&#x0364;berlebt, von ungeduld gequa&#x0364;let,</l><lb/>
              <l>Den tra&#x0364;gen Gang der drey verhaßten tage kaum,</l><lb/>
              <l>Und wachend und im &#x017F;chlaf i&#x017F;t Rezia &#x017F;ein traum.</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">9. Der</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0290] 6. So fluͤſtert ihr aus einer Zofe mund Der kleine Daͤmon zu, den ihr, mit vollem Koͤcher, Gebietriſch ſitzen ſeht auf dieſem Erdenrund! Der alle welt aus ſeinem zauberbecher Berauſcht, und den, wer ihn nicht beſſer kennt, Zur ungebuͤhr, den Gott der Liebe nennt: Denn — jeder jungen unerfahrnen Dame Zur nachricht ſey es kund! — Asmodi iſt ſein name. 7. Almanſaris, in deren warmen blut Schon ein Verfuͤhrer ſchleicht, iſt gegen den Betruͤger Von Außen, weniger als jemals auf der hut; Sein anhauch naͤhrt und faͤchelt ihre glut, Und kaum daß ſie, zur zier, dergleichen thut Als widerſtuͤnde ſie, ſo iſt Asmodi Sieger. Die Zofe Schmeichlerin, ſein wuͤrdiges Organ, Legt den entwurf ſogleich mit vieler klugheit an. 8. O! raubet nun dem bliz die feuerſchwingen, Ihr ſtunden, ihn herbeyzubringen, Den ſuͤßen Augenblik! Zu langſam ſchleichet ihr (Wie ſchnell ihr eilt!) der lechzenden Begier! Doch — Sie iſts nicht allein, die izt Secunden zaͤhlet: Auch Huͤon uͤberlebt, von ungeduld gequaͤlet, Den traͤgen Gang der drey verhaßten tage kaum, Und wachend und im ſchlaf iſt Rezia ſein traum. 9. Der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/290
Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/290>, abgerufen am 23.11.2024.