Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.50. Herr Hüon (der sich nun der gärtner Hassan nennt)So wie sein auge sich zu ihr erhebt -- erkennt Almansaris, erschrikt, verwirrt sich, wankt zurücke. Dies allverblendende wollüst'ge traumgesicht Was soll es ihm? -- Er sieht Amanden nicht! Sie suchte hier sein herz, Sie suchten seine blicke. Almansaris, die sehr verzeyhlich irrt, Glaubt, daß ihr glanz allein ihn blendet und verwirrt. 51. Sie steigt vom thron herab, kömmt lächelnd ihm entgegenUnd nimmt ihn bey der hand, und scheint bereit, für ihn Die Majestät, vor der ihm schwindelt, abzulegen, Und allen vortheil bloß von ihrem Reiz zu ziehn. Unmerklich wird ihr anstand immer freyer; In ihren augen brennt ein lieblichlodernd feuer Und spielt elektrisch sich in seinen busen ein; Sie drükt ihm sanft die hand, und heißt ihn frölich seyn. 52. Halb unentschlossen scheint sein blik ihr was zu sagen;Sie winkt die Nymfen weg, und weg ist auch sein mut. Er scheint zu furchtsam, nur die augen aufzuschlagen. Die scene ändert sich. Ein zweyter vorhang thut Sich auf. Almansaris führt ihren blöden Hirten In einen andern saal, wo rings umher die wand Bekleidet war mit rosen und mit myrten, Und mit erfrischungen ein tisch beladen stand. 53. Beym S 2
50. Herr Huͤon (der ſich nun der gaͤrtner Haſſan nennt)So wie ſein auge ſich zu ihr erhebt — erkennt Almanſaris, erſchrikt, verwirrt ſich, wankt zuruͤcke. Dies allverblendende wolluͤſt'ge traumgeſicht Was ſoll es ihm? — Er ſieht Amanden nicht! Sie ſuchte hier ſein herz, Sie ſuchten ſeine blicke. Almanſaris, die ſehr verzeyhlich irrt, Glaubt, daß ihr glanz allein ihn blendet und verwirrt. 51. Sie ſteigt vom thron herab, koͤmmt laͤchelnd ihm entgegenUnd nimmt ihn bey der hand, und ſcheint bereit, fuͤr ihn Die Majeſtaͤt, vor der ihm ſchwindelt, abzulegen, Und allen vortheil bloß von ihrem Reiz zu ziehn. Unmerklich wird ihr anſtand immer freyer; In ihren augen brennt ein lieblichlodernd feuer Und ſpielt elektriſch ſich in ſeinen buſen ein; Sie druͤkt ihm ſanft die hand, und heißt ihn froͤlich ſeyn. 52. Halb unentſchloſſen ſcheint ſein blik ihr was zu ſagen;Sie winkt die Nymfen weg, und weg iſt auch ſein mut. Er ſcheint zu furchtſam, nur die augen aufzuſchlagen. Die ſcene aͤndert ſich. Ein zweyter vorhang thut Sich auf. Almanſaris fuͤhrt ihren bloͤden Hirten In einen andern ſaal, wo rings umher die wand Bekleidet war mit roſen und mit myrten, Und mit erfriſchungen ein tiſch beladen ſtand. 53. Beym S 2
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50.
Herr Huͤon (der ſich nun der gaͤrtner Haſſan nennt)
So wie ſein auge ſich zu ihr erhebt — erkennt
Almanſaris, erſchrikt, verwirrt ſich, wankt zuruͤcke.
Dies allverblendende wolluͤſt'ge traumgeſicht
Was ſoll es ihm? — Er ſieht Amanden nicht!
Sie ſuchte hier ſein herz, Sie ſuchten ſeine blicke.
Almanſaris, die ſehr verzeyhlich irrt,
Glaubt, daß ihr glanz allein ihn blendet und verwirrt.
51.
Sie ſteigt vom thron herab, koͤmmt laͤchelnd ihm entgegen
Und nimmt ihn bey der hand, und ſcheint bereit, fuͤr ihn
Die Majeſtaͤt, vor der ihm ſchwindelt, abzulegen,
Und allen vortheil bloß von ihrem Reiz zu ziehn.
Unmerklich wird ihr anſtand immer freyer;
In ihren augen brennt ein lieblichlodernd feuer
Und ſpielt elektriſch ſich in ſeinen buſen ein;
Sie druͤkt ihm ſanft die hand, und heißt ihn froͤlich ſeyn.
52.
Halb unentſchloſſen ſcheint ſein blik ihr was zu ſagen;
Sie winkt die Nymfen weg, und weg iſt auch ſein mut.
Er ſcheint zu furchtſam, nur die augen aufzuſchlagen.
Die ſcene aͤndert ſich. Ein zweyter vorhang thut
Sich auf. Almanſaris fuͤhrt ihren bloͤden Hirten
In einen andern ſaal, wo rings umher die wand
Bekleidet war mit roſen und mit myrten,
Und mit erfriſchungen ein tiſch beladen ſtand.
53. Beym
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