Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.57. Daß ich von unserm kampf dir ein gemählde macheVerlangst du nicht. An grimm und stärke war, Und an erfahrenheit, mein gegner offenbar Mir überlegen. Doch, die unschuld meiner sache Beschüzte mich, und machte meine kraft Dem willen gleich. Der sieg blieb lange zweifelhaft; Schon floß aus manchem quell des klägers blut herunter, Und Hüon war noch unverlezt und munter. 58. Der wilde Amory, wie er sein dampfend blutDen panzer färben sieht, entbrennt von neuer wuth. Er stürmt auf Hüon ein, als wie ein ungewitter Das alles vor sich her zertrümmert und verheert, Blizt schlag auf schlag, so daß der junge ritter Der überlegnen macht sich nur mit müh erwehrt. Er weicht, doch stets im kreis, und hält, mit festem blicke Und rastlos schnellem arm, des gegners schwert zurücke. 59. Kaum sieht ihn Der erschöpft und athemlos und bleich,So faßt er straks mit beyden händen Sein mächtig schwert, den kampf auf Einen schlag zu enden. Doch Hüons glück entglischt dem fürchterlichen streich, Und bringt, eh jener sich ins gleichgewicht zu schwingen Vermag, da wo der helm sich an den kragen schnürt, So einen hieb ihm bey, daß ihm die ohren klingen, Und die entnervte hand den degengriff verliehrt. 60. Der
57. Daß ich von unſerm kampf dir ein gemaͤhlde macheVerlangſt du nicht. An grimm und ſtaͤrke war, Und an erfahrenheit, mein gegner offenbar Mir uͤberlegen. Doch, die unſchuld meiner ſache Beſchuͤzte mich, und machte meine kraft Dem willen gleich. Der ſieg blieb lange zweifelhaft; Schon floß aus manchem quell des klaͤgers blut herunter, Und Huͤon war noch unverlezt und munter. 58. Der wilde Amory, wie er ſein dampfend blutDen panzer faͤrben ſieht, entbrennt von neuer wuth. Er ſtuͤrmt auf Huͤon ein, als wie ein ungewitter Das alles vor ſich her zertruͤmmert und verheert, Blizt ſchlag auf ſchlag, ſo daß der junge ritter Der uͤberlegnen macht ſich nur mit muͤh erwehrt. Er weicht, doch ſtets im kreis, und haͤlt, mit feſtem blicke Und raſtlos ſchnellem arm, des gegners ſchwert zuruͤcke. 59. Kaum ſieht ihn Der erſchoͤpft und athemlos und bleich,So faßt er ſtraks mit beyden haͤnden Sein maͤchtig ſchwert, den kampf auf Einen ſchlag zu enden. Doch Huͤons gluͤck entgliſcht dem fuͤrchterlichen ſtreich, Und bringt, eh jener ſich ins gleichgewicht zu ſchwingen Vermag, da wo der helm ſich an den kragen ſchnuͤrt, So einen hieb ihm bey, daß ihm die ohren klingen, Und die entnervte hand den degengriff verliehrt. 60. Der
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0028"/> <lg n="57"> <head> <hi rendition="#c">57.</hi> </head><lb/> <l><hi rendition="#in">D</hi>aß ich von unſerm kampf dir ein gemaͤhlde mache</l><lb/> <l>Verlangſt du nicht. An grimm und ſtaͤrke war,</l><lb/> <l>Und an erfahrenheit, mein gegner offenbar</l><lb/> <l>Mir uͤberlegen. Doch, die unſchuld meiner ſache</l><lb/> <l>Beſchuͤzte mich, und machte meine kraft</l><lb/> <l>Dem willen gleich. Der ſieg blieb lange zweifelhaft;</l><lb/> <l>Schon floß aus manchem quell des klaͤgers blut herunter,</l><lb/> <l>Und Huͤon war noch unverlezt und munter.</l> </lg><lb/> <lg n="58"> <head> <hi rendition="#c">58.</hi> </head><lb/> <l><hi rendition="#in">D</hi>er wilde Amory, wie er ſein dampfend blut</l><lb/> <l>Den panzer faͤrben ſieht, entbrennt von neuer wuth.</l><lb/> <l>Er ſtuͤrmt auf Huͤon ein, als wie ein ungewitter</l><lb/> <l>Das alles vor ſich her zertruͤmmert und verheert,</l><lb/> <l>Blizt ſchlag auf ſchlag, ſo daß der junge ritter</l><lb/> <l>Der uͤberlegnen macht ſich nur mit muͤh erwehrt.</l><lb/> <l>Er weicht, doch ſtets im kreis, und haͤlt, mit feſtem blicke</l><lb/> <l>Und raſtlos ſchnellem arm, des gegners ſchwert zuruͤcke.</l> </lg><lb/> <lg n="59"> <head> <hi rendition="#c">59.</hi> </head><lb/> <l><hi rendition="#in">K</hi>aum ſieht ihn Der erſchoͤpft und athemlos und bleich,</l><lb/> <l>So faßt er ſtraks mit beyden haͤnden</l><lb/> <l>Sein maͤchtig ſchwert, den kampf auf Einen ſchlag zu enden.</l><lb/> <l>Doch Huͤons gluͤck entgliſcht dem fuͤrchterlichen ſtreich,</l><lb/> <l>Und bringt, eh jener ſich ins gleichgewicht zu ſchwingen</l><lb/> <l>Vermag, da wo der helm ſich an den kragen ſchnuͤrt,</l><lb/> <l>So einen hieb ihm bey, daß ihm die ohren klingen,</l><lb/> <l>Und die entnervte hand den degengriff verliehrt.</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="catch">60. Der</fw><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0028]
57.
Daß ich von unſerm kampf dir ein gemaͤhlde mache
Verlangſt du nicht. An grimm und ſtaͤrke war,
Und an erfahrenheit, mein gegner offenbar
Mir uͤberlegen. Doch, die unſchuld meiner ſache
Beſchuͤzte mich, und machte meine kraft
Dem willen gleich. Der ſieg blieb lange zweifelhaft;
Schon floß aus manchem quell des klaͤgers blut herunter,
Und Huͤon war noch unverlezt und munter.
58.
Der wilde Amory, wie er ſein dampfend blut
Den panzer faͤrben ſieht, entbrennt von neuer wuth.
Er ſtuͤrmt auf Huͤon ein, als wie ein ungewitter
Das alles vor ſich her zertruͤmmert und verheert,
Blizt ſchlag auf ſchlag, ſo daß der junge ritter
Der uͤberlegnen macht ſich nur mit muͤh erwehrt.
Er weicht, doch ſtets im kreis, und haͤlt, mit feſtem blicke
Und raſtlos ſchnellem arm, des gegners ſchwert zuruͤcke.
59.
Kaum ſieht ihn Der erſchoͤpft und athemlos und bleich,
So faßt er ſtraks mit beyden haͤnden
Sein maͤchtig ſchwert, den kampf auf Einen ſchlag zu enden.
Doch Huͤons gluͤck entgliſcht dem fuͤrchterlichen ſtreich,
Und bringt, eh jener ſich ins gleichgewicht zu ſchwingen
Vermag, da wo der helm ſich an den kragen ſchnuͤrt,
So einen hieb ihm bey, daß ihm die ohren klingen,
Und die entnervte hand den degengriff verliehrt.
60. Der
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |