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Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

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26.
Der Sultan war vielleicht der allerschönste Mann
Auf den die Sonne je geschienen,
Und wußte dessen sich so siegreich zu bedienen,
Daß ihm noch nie ein weiblich herz entrann.
Zum erstenmal bey dieser Zoradinen
Verlohr er seinen ruhm. Für Sie ist nur Ein mann
Auf erden; Sie hat keine augen, keinen
Gedanken, keinen sinn, als nur für diesen Einen.
27.
Die Würde ohne stolz, die edle sicherheit,
Die anstandvolle, unverstellte
Gleichgültigkeit und ungezwungne kälte,
Womit sie ihn, der hier befehlen kann, so weit
Von sich zu halten weiß, daß er wie sehr er brennet
Ihr kaum durch einen stummen blik
Zu klagen wagt, -- dies alles sieht und nennet
Almansaris der Buhlkunst meisterstük.
28.
Gewohnt, des Sultans herz nach ihrer lust zu drehen,
Zu herrschen über ihn, im Harem unbeschränkt
Zu herrschen, könnte sie den Szepter ungekränkt
Von dieser Fremden aus der hand sich spielen sehen?
Zwar leyht sie ihrem haß ein lächelndes gesicht,
Und thut als zweifle sie an Zoradinen nicht;
Doch überall ist's in des Harems mauern
Verborgner augen voll, die all ihr thun belauern.
29. Allein,
26.
Der Sultan war vielleicht der allerſchoͤnſte Mann
Auf den die Sonne je geſchienen,
Und wußte deſſen ſich ſo ſiegreich zu bedienen,
Daß ihm noch nie ein weiblich herz entrann.
Zum erſtenmal bey dieſer Zoradinen
Verlohr er ſeinen ruhm. Fuͤr Sie iſt nur Ein mann
Auf erden; Sie hat keine augen, keinen
Gedanken, keinen ſinn, als nur fuͤr dieſen Einen.
27.
Die Wuͤrde ohne ſtolz, die edle ſicherheit,
Die anſtandvolle, unverſtellte
Gleichguͤltigkeit und ungezwungne kaͤlte,
Womit ſie ihn, der hier befehlen kann, ſo weit
Von ſich zu halten weiß, daß er wie ſehr er brennet
Ihr kaum durch einen ſtummen blik
Zu klagen wagt, — dies alles ſieht und nennet
Almanſaris der Buhlkunſt meiſterſtuͤk.
28.
Gewohnt, des Sultans herz nach ihrer luſt zu drehen,
Zu herrſchen uͤber ihn, im Harem unbeſchraͤnkt
Zu herrſchen, koͤnnte ſie den Szepter ungekraͤnkt
Von dieſer Fremden aus der hand ſich ſpielen ſehen?
Zwar leyht ſie ihrem haß ein laͤchelndes geſicht,
Und thut als zweifle ſie an Zoradinen nicht;
Doch uͤberall iſt's in des Harems mauern
Verborgner augen voll, die all ihr thun belauern.
29. Allein,
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[0273] 26. Der Sultan war vielleicht der allerſchoͤnſte Mann Auf den die Sonne je geſchienen, Und wußte deſſen ſich ſo ſiegreich zu bedienen, Daß ihm noch nie ein weiblich herz entrann. Zum erſtenmal bey dieſer Zoradinen Verlohr er ſeinen ruhm. Fuͤr Sie iſt nur Ein mann Auf erden; Sie hat keine augen, keinen Gedanken, keinen ſinn, als nur fuͤr dieſen Einen. 27. Die Wuͤrde ohne ſtolz, die edle ſicherheit, Die anſtandvolle, unverſtellte Gleichguͤltigkeit und ungezwungne kaͤlte, Womit ſie ihn, der hier befehlen kann, ſo weit Von ſich zu halten weiß, daß er wie ſehr er brennet Ihr kaum durch einen ſtummen blik Zu klagen wagt, — dies alles ſieht und nennet Almanſaris der Buhlkunſt meiſterſtuͤk. 28. Gewohnt, des Sultans herz nach ihrer luſt zu drehen, Zu herrſchen uͤber ihn, im Harem unbeſchraͤnkt Zu herrſchen, koͤnnte ſie den Szepter ungekraͤnkt Von dieſer Fremden aus der hand ſich ſpielen ſehen? Zwar leyht ſie ihrem haß ein laͤchelndes geſicht, Und thut als zweifle ſie an Zoradinen nicht; Doch uͤberall iſt's in des Harems mauern Verborgner augen voll, die all ihr thun belauern. 29. Allein,

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/273>, abgerufen am 24.11.2024.