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Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

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11.
Wie dem Syrenenton der zauberischen stimme,
Der des gefühls geheimste saiten regt?
Der in der seele schooß die süße täuschung trägt
Als ob sie schon in wollustseufzern schwimme?
Und wenn nun, eh vielleicht die Weisheit sichs versehn,
Verräthrisch jeder sinn, zu ihrem sieg vereinigt,
Den lezten augenblik der trunkenheit beschleunigt:
Wie kann, o sagt, wie kann er widerstehn?
12.
Doch, ruhig! Fern ist noch, und ungewiß vielleicht
Der Schiffbruch, der uns izt fast unvermeidlich däucht;
Zu fliehen (sonst auf alle fälle
Das klügste) gieng in diesem augenblik
Nicht an -- Sie war zu nah -- wiewohl an Hüons stelle
Ein wahrer gärtner doch geflohen wär'. Zum glük
Hilft, falls sie fragt, ein korb mit blumen und mit früchten,
Den er im arme trägt, ihm, eine antwort dichten.
13.
Natürlich stuzt die schöne Königin,
In ihrem wege hier auf einen Mann zu treffen.
Was machst du hier, fragt sie den Paladin
Mit einem blik, der iedem andern Neffen
Des alten gärtners tödlich war.
Doch Hüon, unterm schirm gesenkter augenlieder,
Läßt auf die kniee sich mit edler ehrfurcht nieder,
Und stellt den blumenkorb ihr als ein opfer dar.
14. Er
11.
Wie dem Syrenenton der zauberiſchen ſtimme,
Der des gefuͤhls geheimſte ſaiten regt?
Der in der ſeele ſchooß die ſuͤße taͤuſchung traͤgt
Als ob ſie ſchon in wolluſtſeufzern ſchwimme?
Und wenn nun, eh vielleicht die Weisheit ſichs verſehn,
Verraͤthriſch jeder ſinn, zu ihrem ſieg vereinigt,
Den lezten augenblik der trunkenheit beſchleunigt:
Wie kann, o ſagt, wie kann er widerſtehn?
12.
Doch, ruhig! Fern iſt noch, und ungewiß vielleicht
Der Schiffbruch, der uns izt faſt unvermeidlich daͤucht;
Zu fliehen (ſonſt auf alle faͤlle
Das kluͤgſte) gieng in dieſem augenblik
Nicht an — Sie war zu nah — wiewohl an Huͤons ſtelle
Ein wahrer gaͤrtner doch geflohen waͤr'. Zum gluͤk
Hilft, falls ſie fragt, ein korb mit blumen und mit fruͤchten,
Den er im arme traͤgt, ihm, eine antwort dichten.
13.
Natuͤrlich ſtuzt die ſchoͤne Koͤnigin,
In ihrem wege hier auf einen Mann zu treffen.
Was machſt du hier, fragt ſie den Paladin
Mit einem blik, der iedem andern Neffen
Des alten gaͤrtners toͤdlich war.
Doch Huͤon, unterm ſchirm geſenkter augenlieder,
Laͤßt auf die kniee ſich mit edler ehrfurcht nieder,
Und ſtellt den blumenkorb ihr als ein opfer dar.
14. Er
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[0268] 11. Wie dem Syrenenton der zauberiſchen ſtimme, Der des gefuͤhls geheimſte ſaiten regt? Der in der ſeele ſchooß die ſuͤße taͤuſchung traͤgt Als ob ſie ſchon in wolluſtſeufzern ſchwimme? Und wenn nun, eh vielleicht die Weisheit ſichs verſehn, Verraͤthriſch jeder ſinn, zu ihrem ſieg vereinigt, Den lezten augenblik der trunkenheit beſchleunigt: Wie kann, o ſagt, wie kann er widerſtehn? 12. Doch, ruhig! Fern iſt noch, und ungewiß vielleicht Der Schiffbruch, der uns izt faſt unvermeidlich daͤucht; Zu fliehen (ſonſt auf alle faͤlle Das kluͤgſte) gieng in dieſem augenblik Nicht an — Sie war zu nah — wiewohl an Huͤons ſtelle Ein wahrer gaͤrtner doch geflohen waͤr'. Zum gluͤk Hilft, falls ſie fragt, ein korb mit blumen und mit fruͤchten, Den er im arme traͤgt, ihm, eine antwort dichten. 13. Natuͤrlich ſtuzt die ſchoͤne Koͤnigin, In ihrem wege hier auf einen Mann zu treffen. Was machſt du hier, fragt ſie den Paladin Mit einem blik, der iedem andern Neffen Des alten gaͤrtners toͤdlich war. Doch Huͤon, unterm ſchirm geſenkter augenlieder, Laͤßt auf die kniee ſich mit edler ehrfurcht nieder, Und ſtellt den blumenkorb ihr als ein opfer dar. 14. Er

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/268>, abgerufen am 23.11.2024.