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Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

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35.
Er kann den Mond von seiner stelle rücken;
Auf offnem markt, im hellsten sonnenschein,
Hüllt ihn, sobald er will, auch selbst vor geisterblicken,
Ein unsichtbarer nebel ein.
Soll jemand vor ihm stehn, er darf den ring nur drücken,
Es sey, den er erscheinen heißt,
Ein mensch, ein thier, ein Schatten oder Geist,
So steht er da, und muß zu seinem wink sich bücken.
36.
In erd und luft, in wasser und in feuer,
Sind ihm die Geister unterthan;
Sein anblik schrekt und zähmt die wildsten ungeheuer,
Und selbst der Antichrist muß zitternd ihm sich nahn.
Auch kann durch keine macht im himmel noch auf erden
Dem, der ihn nicht geraubt, der ring entrissen werden:
Die allgewalt, die in ihm ist, beschüzt
Sich selbst und jede hand, die ihn mit recht besizt.
37.
Dies ist der ring der dich, Amanda, rettet,
Dich, und den Mann, der, durch der Liebe band
Und deiner arme kraft an deine brust gekettet,
Unwissend wie, an eines Eylands strand
Dich und sich selbst, o wunder! wiederfand.
Zwar hat euch hier der Zufall hart gebettet;
Die ganze Insel scheint vulkanischer ruin,
Und nirgends ruht das aug auf laub und frischem grün.
38. Doch,
L 5
35.
Er kann den Mond von ſeiner ſtelle ruͤcken;
Auf offnem markt, im hellſten ſonnenſchein,
Huͤllt ihn, ſobald er will, auch ſelbſt vor geiſterblicken,
Ein unſichtbarer nebel ein.
Soll jemand vor ihm ſtehn, er darf den ring nur druͤcken,
Es ſey, den er erſcheinen heißt,
Ein menſch, ein thier, ein Schatten oder Geiſt,
So ſteht er da, und muß zu ſeinem wink ſich buͤcken.
36.
In erd und luft, in waſſer und in feuer,
Sind ihm die Geiſter unterthan;
Sein anblik ſchrekt und zaͤhmt die wildſten ungeheuer,
Und ſelbſt der Antichriſt muß zitternd ihm ſich nahn.
Auch kann durch keine macht im himmel noch auf erden
Dem, der ihn nicht geraubt, der ring entriſſen werden:
Die allgewalt, die in ihm iſt, beſchuͤzt
Sich ſelbſt und jede hand, die ihn mit recht beſizt.
37.
Dies iſt der ring der dich, Amanda, rettet,
Dich, und den Mann, der, durch der Liebe band
Und deiner arme kraft an deine bruſt gekettet,
Unwiſſend wie, an eines Eylands ſtrand
Dich und ſich ſelbſt, o wunder! wiederfand.
Zwar hat euch hier der Zufall hart gebettet;
Die ganze Inſel ſcheint vulkaniſcher ruin,
Und nirgends ruht das aug auf laub und friſchem gruͤn.
38. Doch,
L 5
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[0175] 35. Er kann den Mond von ſeiner ſtelle ruͤcken; Auf offnem markt, im hellſten ſonnenſchein, Huͤllt ihn, ſobald er will, auch ſelbſt vor geiſterblicken, Ein unſichtbarer nebel ein. Soll jemand vor ihm ſtehn, er darf den ring nur druͤcken, Es ſey, den er erſcheinen heißt, Ein menſch, ein thier, ein Schatten oder Geiſt, So ſteht er da, und muß zu ſeinem wink ſich buͤcken. 36. In erd und luft, in waſſer und in feuer, Sind ihm die Geiſter unterthan; Sein anblik ſchrekt und zaͤhmt die wildſten ungeheuer, Und ſelbſt der Antichriſt muß zitternd ihm ſich nahn. Auch kann durch keine macht im himmel noch auf erden Dem, der ihn nicht geraubt, der ring entriſſen werden: Die allgewalt, die in ihm iſt, beſchuͤzt Sich ſelbſt und jede hand, die ihn mit recht beſizt. 37. Dies iſt der ring der dich, Amanda, rettet, Dich, und den Mann, der, durch der Liebe band Und deiner arme kraft an deine bruſt gekettet, Unwiſſend wie, an eines Eylands ſtrand Dich und ſich ſelbſt, o wunder! wiederfand. Zwar hat euch hier der Zufall hart gebettet; Die ganze Inſel ſcheint vulkaniſcher ruin, Und nirgends ruht das aug auf laub und friſchem gruͤn. 38. Doch, L 5

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/175>, abgerufen am 21.11.2024.