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Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

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51.
Unsichtbar saßen sie, und hörten alles an,
Was zwischen mann und frau sich eben zugetragen.
Zum unglük, daß sie auch die Birnbaumsscene sahn!
Dem Elfenkönig gab dies großes mißbehagen.
Da, sprach er zu Titanien, sieht man nun
Wie wahr es ist, was alle Kenner sagen:
Was ist so arg, das nicht, um sich genug zu thun,
Ein weib die stirne hat zu wagen?
52.
Ja wohl, freund Salomon, bekennt dein weiser mund:
"Ein einzler Bidermann wird immer noch gesehen;
Doch wandre einer mir ums weite Erdenrund
Nach einem frommen Weib, er wird vergebens gehen!"
Siehst du, Titania, im birnbaum dort verstekt
Das ungetreue weib des blinden mannes spotten?
Sie glaubt sich in der nacht, die seine augen dekt,
So sicher als in Plutons tiefsten grotten.
53.
Allein, bey meinem thron, bey diesem lilienstab,
Und bey der furchtbarn Macht, die mir das reich der Elfen
Mit diesem Zepter übergab,
Nichts soll ihr ihre list, nichts seine blindheit helfen!
Nein, ungestraft in Ob'rons angesicht
Sich ihres hochverraths erfreuen soll sie nicht!
Ich will den staar von Gangolfs augen schleiffen,
Und auf der frischen that soll sie sein blik ergreiffen!
54. So?
51.
Unſichtbar ſaßen ſie, und hoͤrten alles an,
Was zwiſchen mann und frau ſich eben zugetragen.
Zum ungluͤk, daß ſie auch die Birnbaumsſcene ſahn!
Dem Elfenkoͤnig gab dies großes mißbehagen.
Da, ſprach er zu Titanien, ſieht man nun
Wie wahr es iſt, was alle Kenner ſagen:
Was iſt ſo arg, das nicht, um ſich genug zu thun,
Ein weib die ſtirne hat zu wagen?
52.
Ja wohl, freund Salomon, bekennt dein weiſer mund:
„Ein einzler Bidermann wird immer noch geſehen;
Doch wandre einer mir ums weite Erdenrund
Nach einem frommen Weib, er wird vergebens gehen!“
Siehſt du, Titania, im birnbaum dort verſtekt
Das ungetreue weib des blinden mannes ſpotten?
Sie glaubt ſich in der nacht, die ſeine augen dekt,
So ſicher als in Plutons tiefſten grotten.
53.
Allein, bey meinem thron, bey dieſem lilienſtab,
Und bey der furchtbarn Macht, die mir das reich der Elfen
Mit dieſem Zepter uͤbergab,
Nichts ſoll ihr ihre liſt, nichts ſeine blindheit helfen!
Nein, ungeſtraft in Ob'rons angeſicht
Sich ihres hochverraths erfreuen ſoll ſie nicht!
Ich will den ſtaar von Gangolfs augen ſchleiffen,
Und auf der friſchen that ſoll ſie ſein blik ergreiffen!
54. So?
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[0156] 51. Unſichtbar ſaßen ſie, und hoͤrten alles an, Was zwiſchen mann und frau ſich eben zugetragen. Zum ungluͤk, daß ſie auch die Birnbaumsſcene ſahn! Dem Elfenkoͤnig gab dies großes mißbehagen. Da, ſprach er zu Titanien, ſieht man nun Wie wahr es iſt, was alle Kenner ſagen: Was iſt ſo arg, das nicht, um ſich genug zu thun, Ein weib die ſtirne hat zu wagen? 52. Ja wohl, freund Salomon, bekennt dein weiſer mund: „Ein einzler Bidermann wird immer noch geſehen; Doch wandre einer mir ums weite Erdenrund Nach einem frommen Weib, er wird vergebens gehen!“ Siehſt du, Titania, im birnbaum dort verſtekt Das ungetreue weib des blinden mannes ſpotten? Sie glaubt ſich in der nacht, die ſeine augen dekt, So ſicher als in Plutons tiefſten grotten. 53. Allein, bey meinem thron, bey dieſem lilienſtab, Und bey der furchtbarn Macht, die mir das reich der Elfen Mit dieſem Zepter uͤbergab, Nichts ſoll ihr ihre liſt, nichts ſeine blindheit helfen! Nein, ungeſtraft in Ob'rons angeſicht Sich ihres hochverraths erfreuen ſoll ſie nicht! Ich will den ſtaar von Gangolfs augen ſchleiffen, Und auf der friſchen that ſoll ſie ſein blik ergreiffen! 54. So?

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/156>, abgerufen am 26.11.2024.