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Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

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27.
Zu diesem anmutsvollen ort,
Wo laue lüftchen stets die zweige lispelnd biegen,
Pflegt oft, zur sommerszeit, wenn alles lechzt und dorrt,
Mit seinem Weibchen sich der Alte zu verfügen,
Um an des brunnens kühlem bord
Ein stündchen oder zwoo auf ihrem schoos zu liegen.
Zum garten hat jedoch den schlüssel er allein,
Und außer ihm und ihr kam keine seel' hinein.
28.
Was nun zu thun, den schlüssel zu bekommen,
Den stets im unterkleid der Alte bey sich führt?
Der wird beym schlafengehn ganz sachte weggenommen,
Und, während daß der mann sein Ave psalmodiert,
In wachs gedrükt, sodenn am nächsten morgen
Der abdruk unvermerkt in Walters hand gespielt,
Und ein postscript dazu, das ihm den baum empfiehlt.
Das übrige wird Walter schon besorgen.
29.
Nun, was geschah? Es war ein schöner warmer tag
Zu end' Augusts, als unsern blinden Alten
Die Sonne lokt, wie er zuweilen pflag,
Die mittagsruh im myrtenrund zu halten.
Komm, meine Taube, spricht zu seinem andern Ich
Der graue Tauber, komm, mein Röschen, führe mich
Zu jenem stillen grund, wo, seit er uns verbunden,
Der Gott der Eh', so oft uns arm in arm gefunden.
30. Ro-
27.
Zu dieſem anmutsvollen ort,
Wo laue luͤftchen ſtets die zweige liſpelnd biegen,
Pflegt oft, zur ſommerszeit, wenn alles lechzt und dorrt,
Mit ſeinem Weibchen ſich der Alte zu verfuͤgen,
Um an des brunnens kuͤhlem bord
Ein ſtuͤndchen oder zwoo auf ihrem ſchoos zu liegen.
Zum garten hat jedoch den ſchluͤſſel er allein,
Und außer ihm und ihr kam keine ſeel' hinein.
28.
Was nun zu thun, den ſchluͤſſel zu bekommen,
Den ſtets im unterkleid der Alte bey ſich fuͤhrt?
Der wird beym ſchlafengehn ganz ſachte weggenommen,
Und, waͤhrend daß der mann ſein Ave pſalmodiert,
In wachs gedruͤkt, ſodenn am naͤchſten morgen
Der abdruk unvermerkt in Walters hand geſpielt,
Und ein poſtſcript dazu, das ihm den baum empfiehlt.
Das uͤbrige wird Walter ſchon beſorgen.
29.
Nun, was geſchah? Es war ein ſchoͤner warmer tag
Zu end' Auguſts, als unſern blinden Alten
Die Sonne lokt, wie er zuweilen pflag,
Die mittagsruh im myrtenrund zu halten.
Komm, meine Taube, ſpricht zu ſeinem andern Ich
Der graue Tauber, komm, mein Roͤschen, fuͤhre mich
Zu jenem ſtillen grund, wo, ſeit er uns verbunden,
Der Gott der Eh', ſo oft uns arm in arm gefunden.
30. Ro-
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[0148] 27. Zu dieſem anmutsvollen ort, Wo laue luͤftchen ſtets die zweige liſpelnd biegen, Pflegt oft, zur ſommerszeit, wenn alles lechzt und dorrt, Mit ſeinem Weibchen ſich der Alte zu verfuͤgen, Um an des brunnens kuͤhlem bord Ein ſtuͤndchen oder zwoo auf ihrem ſchoos zu liegen. Zum garten hat jedoch den ſchluͤſſel er allein, Und außer ihm und ihr kam keine ſeel' hinein. 28. Was nun zu thun, den ſchluͤſſel zu bekommen, Den ſtets im unterkleid der Alte bey ſich fuͤhrt? Der wird beym ſchlafengehn ganz ſachte weggenommen, Und, waͤhrend daß der mann ſein Ave pſalmodiert, In wachs gedruͤkt, ſodenn am naͤchſten morgen Der abdruk unvermerkt in Walters hand geſpielt, Und ein poſtſcript dazu, das ihm den baum empfiehlt. Das uͤbrige wird Walter ſchon beſorgen. 29. Nun, was geſchah? Es war ein ſchoͤner warmer tag Zu end' Auguſts, als unſern blinden Alten Die Sonne lokt, wie er zuweilen pflag, Die mittagsruh im myrtenrund zu halten. Komm, meine Taube, ſpricht zu ſeinem andern Ich Der graue Tauber, komm, mein Roͤschen, fuͤhre mich Zu jenem ſtillen grund, wo, ſeit er uns verbunden, Der Gott der Eh', ſo oft uns arm in arm gefunden. 30. Ro-

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/148>, abgerufen am 27.11.2024.