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Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

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11.
Doch Rezia, durchglüht von seinem ersten kuß,
Braucht keines zunders mehr die flamme zu erhitzen.
Wie wenig däucht ihr noch was sie verlassen muß,
Um alles was sie liebt in Hüon zu besitzen!
Von schaam und liebe roth bis an die fingerspitzen,
Verbirgt sie ihr gesicht und einen thränenguß
In seinem arm; indem, hochschlagend von entzücken,
Ihr herz empor sich drängt, an seines sich zu drücken.
12.
Und Oberon bewegt den lilienstab
Sanft gegen sie, als wollt' er seinen seegen
Auf ihrer herzen bündnis legen,
Und eine thräne fällt aus seinem aug' herab
Auf beyder stirn. So eil' auf liebesschwingen,
Spricht er, du holdes Paar! Mein wagen steht bereit,
Bevor das nächste licht der schatten heer zerstreut,
Euch sicher an den strand von Askalon zu bringen.
13.
Er sprachs, und eh des lezten wortes Laut
Verklungen war, entschwand er ihren augen.
Wie einem traum entwacht steht Hüons schöne braut,
Den süßen duft begierig aufzusaugen,
Der noch die luft erfüllt. Drauf sinkt ein scheuer blik
Auf ihren vater hin, der wie im todesschlummer
Zu starren scheint. Sie seufzt, und wehmutsvoller kummer
Mischt bitterkeit in ihres herzens glük.
14. Sie
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11.
Doch Rezia, durchgluͤht von ſeinem erſten kuß,
Braucht keines zunders mehr die flamme zu erhitzen.
Wie wenig daͤucht ihr noch was ſie verlaſſen muß,
Um alles was ſie liebt in Huͤon zu beſitzen!
Von ſchaam und liebe roth bis an die fingerſpitzen,
Verbirgt ſie ihr geſicht und einen thraͤnenguß
In ſeinem arm; indem, hochſchlagend von entzuͤcken,
Ihr herz empor ſich draͤngt, an ſeines ſich zu druͤcken.
12.
Und Oberon bewegt den lilienſtab
Sanft gegen ſie, als wollt' er ſeinen ſeegen
Auf ihrer herzen buͤndnis legen,
Und eine thraͤne faͤllt aus ſeinem aug' herab
Auf beyder ſtirn. So eil' auf liebesſchwingen,
Spricht er, du holdes Paar! Mein wagen ſteht bereit,
Bevor das naͤchſte licht der ſchatten heer zerſtreut,
Euch ſicher an den ſtrand von Aſkalon zu bringen.
13.
Er ſprachs, und eh des lezten wortes Laut
Verklungen war, entſchwand er ihren augen.
Wie einem traum entwacht ſteht Huͤons ſchoͤne braut,
Den ſuͤßen duft begierig aufzuſaugen,
Der noch die luft erfuͤllt. Drauf ſinkt ein ſcheuer blik
Auf ihren vater hin, der wie im todesſchlummer
Zu ſtarren ſcheint. Sie ſeufzt, und wehmutsvoller kummer
Miſcht bitterkeit in ihres herzens gluͤk.
14. Sie
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[0123] 11. Doch Rezia, durchgluͤht von ſeinem erſten kuß, Braucht keines zunders mehr die flamme zu erhitzen. Wie wenig daͤucht ihr noch was ſie verlaſſen muß, Um alles was ſie liebt in Huͤon zu beſitzen! Von ſchaam und liebe roth bis an die fingerſpitzen, Verbirgt ſie ihr geſicht und einen thraͤnenguß In ſeinem arm; indem, hochſchlagend von entzuͤcken, Ihr herz empor ſich draͤngt, an ſeines ſich zu druͤcken. 12. Und Oberon bewegt den lilienſtab Sanft gegen ſie, als wollt' er ſeinen ſeegen Auf ihrer herzen buͤndnis legen, Und eine thraͤne faͤllt aus ſeinem aug' herab Auf beyder ſtirn. So eil' auf liebesſchwingen, Spricht er, du holdes Paar! Mein wagen ſteht bereit, Bevor das naͤchſte licht der ſchatten heer zerſtreut, Euch ſicher an den ſtrand von Aſkalon zu bringen. 13. Er ſprachs, und eh des lezten wortes Laut Verklungen war, entſchwand er ihren augen. Wie einem traum entwacht ſteht Huͤons ſchoͤne braut, Den ſuͤßen duft begierig aufzuſaugen, Der noch die luft erfuͤllt. Drauf ſinkt ein ſcheuer blik Auf ihren vater hin, der wie im todesſchlummer Zu ſtarren ſcheint. Sie ſeufzt, und wehmutsvoller kummer Miſcht bitterkeit in ihres herzens gluͤk. 14. Sie H 3

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/123>, abgerufen am 30.11.2024.