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Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1767.

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Agathon.
Sturm hof' ich, soll uns Gelegenheit dazu geben. Sie
kan uns eine Zuflucht in ihrem Hause nicht versagen;
und wenn wir nur einmal drinnen sind, so wollen wir
wol Mittel finden, vor sie zu kommen, ob wir gleich
die ersten in dieser Gegend wären, denen dieses Glük
zu Theil würde. Man kann sich leicht vorstellen, daß
Agathon, so gleichgültig er auch seit seiner Entfernung
von der schönen Danae gegen die Damen war, den-
noch begierig werden mußte, eine so ausserordentliche
Person kennen zu lernen. Sie kamen vor dem äusser-
sten Thor eines Hauses an, welches einem verwünsch-
ten Schlosse ähnlicher sah, als einem Landhause in
Jonischem oder Corinthischem Geschmake. Das schlimme
Wetter, ihr anhaltendes Bitten, und vielleicht auch
ihre gute Mine brachte zuwegen, daß sie eingelassen
wurden. Einige alte Sclaven führten sie in einen
Saal, wo man sie mit vieler Freundlichkeit nöthigte,
alle die kleinen Dienste anzunehmen, welche sie in dem
Zustande, worinn sie waren, nöthig hatten. Die Figur
dieser Fremden schien die Leute des Hauses in Verwund-
rung zu sezen, und die Meynung von ihnen zu erweken,
daß es Personen von Bedeutung seyn müßten; aber
Agathon, dessen Aufmerksamkeit bald durch einige Ge-
mählde angezogen wurde, womit der Saal ausgeziert
war, wurde nicht gewahr, daß er von einer Sclavin
mit noch weit grösserer Aufmerksamkeit betrachtet wurde.
Diese Sclavin, (wie Critolaus in der Folge erzählte,
denn anfangs hielt er's bloß für eine Würkung der Schön-
heit unsers Helden) schien einer Person gleich zu sehen,
welche nicht weiß, ob sie ihren Augen trauen soll; und

nachdem

Agathon.
Sturm hof’ ich, ſoll uns Gelegenheit dazu geben. Sie
kan uns eine Zuflucht in ihrem Hauſe nicht verſagen;
und wenn wir nur einmal drinnen ſind, ſo wollen wir
wol Mittel finden, vor ſie zu kommen, ob wir gleich
die erſten in dieſer Gegend waͤren, denen dieſes Gluͤk
zu Theil wuͤrde. Man kann ſich leicht vorſtellen, daß
Agathon, ſo gleichguͤltig er auch ſeit ſeiner Entfernung
von der ſchoͤnen Danae gegen die Damen war, den-
noch begierig werden mußte, eine ſo auſſerordentliche
Perſon kennen zu lernen. Sie kamen vor dem aͤuſſer-
ſten Thor eines Hauſes an, welches einem verwuͤnſch-
ten Schloſſe aͤhnlicher ſah, als einem Landhauſe in
Joniſchem oder Corinthiſchem Geſchmake. Das ſchlimme
Wetter, ihr anhaltendes Bitten, und vielleicht auch
ihre gute Mine brachte zuwegen, daß ſie eingelaſſen
wurden. Einige alte Sclaven fuͤhrten ſie in einen
Saal, wo man ſie mit vieler Freundlichkeit noͤthigte,
alle die kleinen Dienſte anzunehmen, welche ſie in dem
Zuſtande, worinn ſie waren, noͤthig hatten. Die Figur
dieſer Fremden ſchien die Leute des Hauſes in Verwund-
rung zu ſezen, und die Meynung von ihnen zu erweken,
daß es Perſonen von Bedeutung ſeyn muͤßten; aber
Agathon, deſſen Aufmerkſamkeit bald durch einige Ge-
maͤhlde angezogen wurde, womit der Saal ausgeziert
war, wurde nicht gewahr, daß er von einer Sclavin
mit noch weit groͤſſerer Aufmerkſamkeit betrachtet wurde.
Dieſe Sclavin, (wie Critolaus in der Folge erzaͤhlte,
denn anfangs hielt er’s bloß fuͤr eine Wuͤrkung der Schoͤn-
heit unſers Helden) ſchien einer Perſon gleich zu ſehen,
welche nicht weiß, ob ſie ihren Augen trauen ſoll; und

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[334/0336] Agathon. Sturm hof’ ich, ſoll uns Gelegenheit dazu geben. Sie kan uns eine Zuflucht in ihrem Hauſe nicht verſagen; und wenn wir nur einmal drinnen ſind, ſo wollen wir wol Mittel finden, vor ſie zu kommen, ob wir gleich die erſten in dieſer Gegend waͤren, denen dieſes Gluͤk zu Theil wuͤrde. Man kann ſich leicht vorſtellen, daß Agathon, ſo gleichguͤltig er auch ſeit ſeiner Entfernung von der ſchoͤnen Danae gegen die Damen war, den- noch begierig werden mußte, eine ſo auſſerordentliche Perſon kennen zu lernen. Sie kamen vor dem aͤuſſer- ſten Thor eines Hauſes an, welches einem verwuͤnſch- ten Schloſſe aͤhnlicher ſah, als einem Landhauſe in Joniſchem oder Corinthiſchem Geſchmake. Das ſchlimme Wetter, ihr anhaltendes Bitten, und vielleicht auch ihre gute Mine brachte zuwegen, daß ſie eingelaſſen wurden. Einige alte Sclaven fuͤhrten ſie in einen Saal, wo man ſie mit vieler Freundlichkeit noͤthigte, alle die kleinen Dienſte anzunehmen, welche ſie in dem Zuſtande, worinn ſie waren, noͤthig hatten. Die Figur dieſer Fremden ſchien die Leute des Hauſes in Verwund- rung zu ſezen, und die Meynung von ihnen zu erweken, daß es Perſonen von Bedeutung ſeyn muͤßten; aber Agathon, deſſen Aufmerkſamkeit bald durch einige Ge- maͤhlde angezogen wurde, womit der Saal ausgeziert war, wurde nicht gewahr, daß er von einer Sclavin mit noch weit groͤſſerer Aufmerkſamkeit betrachtet wurde. Dieſe Sclavin, (wie Critolaus in der Folge erzaͤhlte, denn anfangs hielt er’s bloß fuͤr eine Wuͤrkung der Schoͤn- heit unſers Helden) ſchien einer Perſon gleich zu ſehen, welche nicht weiß, ob ſie ihren Augen trauen ſoll; und nachdem

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1767, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_agathon02_1767/336>, abgerufen am 24.11.2024.