Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1767.Zehentes Buch, viertes Capitel. hört, daß ein Mensch, oder ein Held, der Sohn einerGöttin, oder eines Gottes, oder ein Gott selbst, das- jenige zu Stande gebracht hätte, was Agathon unter- nahm, da er mit der Cither in der Hand sich überreden ließ, der Mentor eines Dionys zu werden. Auf diesen humoristischen Eingang, womit unser Au- sicht
Zehentes Buch, viertes Capitel. hoͤrt, daß ein Menſch, oder ein Held, der Sohn einerGoͤttin, oder eines Gottes, oder ein Gott ſelbſt, das- jenige zu Stande gebracht haͤtte, was Agathon unter- nahm, da er mit der Cither in der Hand ſich uͤberreden ließ, der Mentor eines Dionys zu werden. Auf dieſen humoriſtiſchen Eingang, womit unſer Au- ſicht
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Zehentes Buch, viertes Capitel.
hoͤrt, daß ein Menſch, oder ein Held, der Sohn einer
Goͤttin, oder eines Gottes, oder ein Gott ſelbſt, das-
jenige zu Stande gebracht haͤtte, was Agathon unter-
nahm, da er mit der Cither in der Hand ſich uͤberreden
ließ, der Mentor eines Dionys zu werden.
Auf dieſen humoriſtiſchen Eingang, womit unſer Au-
tor dieſes Capitel beginnt, folget eine lange, und wie
es ſcheint, ein wenig milzſuͤchtige Declamation gegen
diejenige Claſſe der Sterblichen, welche man groſſe
Herren nennt; mit verſchiedenen Digreſſionen uͤber die
Maitreſſen ‒‒ uͤber die Jagdhunde ‒‒ und uͤber die Ur-
ſachen, warum es fuͤr einen erſten Miniſter gefaͤhrlich
ſey, zuviel Genie, zuviel Uneigennuͤzigkeit, und zuviel
Freundſchaft fuͤr ſeinen Herrn zu haben ‒‒ So viel man
ſehen kan, iſt dieſes Capitel eines von den merkwuͤrdig-
ſten, und ſonderbarſten in dem ganzen Werke. Aber
ungluͤklicher Weiſe, befindet ſich das Manuſcript an
dieſem Ort halb von Ratten aufgegeſſen; und die andre
Haͤlfte iſt durch Feuchtigkeit ſo uͤbel zugerichtet worden,
daß es leichter waͤre, aus den Blaͤttern der Cumaͤiſchen
Sibylle, als aus den Bruchſtuͤken von Woͤrtern, Saͤzen
und Perioden, welche noch uͤbrig ſind, etwas Zuſam-
menhaͤngendes herauszubringen. Wir geſtehen, daß
uns dieſer Verluſt ſo nahe geht, daß wir uns eher der
ſinnreichen Ergaͤnzungen, welche Herr Naudot zum
Petronius in ſeinem Kopfe gefunden hat, oder der ſaͤmt-
lichen Werke des Ehrwuͤrdigen Paters *** beraubt
wiſſen wollten. Jndeſſen iſt doch dieſer Verluſt in Ab-
ſicht
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