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Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 1. Frankfurt (Main) u. a., 1766.

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Siebentes Buch, sechstes Capitel.
endlich so gar den König von Persten in den Aufstand
von Euböa verwikelten, um dem Agathon einen desto
grössern Schau-Plaz zu geben, die Athenienser durch
Heldenthaten zu belustigen und durch Eroberungen zu be-
reichern. Jch wurde also (so sehr ich mich entgegen-
sträubte) mit unumschränkter Gewalt über die Armee,
über die Flotten, und über die Schaz-Kammer, zum
Feld-Herrn gegen die abtrünnigen Jnsuln ernannt;
und da ich nun einmal genöthigt war, dem Eigensinn
meiner Mitbürger nachzugeben, so entschloß ich mich,
es mit einer guten Art zu thun, und die Sache von
derjenigen Seite anzusehen, welche mir eine erwünschte
Gelegenheit zu geben schien, den Anfang zur Ausfüh-
rung meiner eigenen Entwürfe zu machen. Da ich
wußte, daß die Jnsulaner gerechte Klagen gegen Athen
zu führen hatten, und eine Regierung nicht lieben konn-
ten, von der sie unterdrükt, ausgesogen, und mit Füs-
sen getretten wurden; so gründete ich meinen ganzen
Plan ihrer Beruhigung und Wiederbringung auf den
Weg der Güte, auf Abstellung der Mißbräuche, wo-
durch sie erbittert worden waren, auf eine billige Mäs-
sigung der Abgaben, welche man gegen ihre Freyheiten
und über ihr Vermögen, von ihnen erpreßt hatte; und
auf ihre Wiedereinsezung in alle Rechte und Vortheile,
deren sie sich als Griechen und als Bunds-Genossen,
vermöge vieler besondern Verträge, zu erfreuen haben
sollten. Allein ehe ich von Athen abreisen konnte, war
es um so nöthiger, die Gemüther vorzubereiten und
auf einen Ton zu stimmen, der mit meinen Grund-

Säzen
Y 3

Siebentes Buch, ſechstes Capitel.
endlich ſo gar den Koͤnig von Perſten in den Aufſtand
von Euboͤa verwikelten, um dem Agathon einen deſto
groͤſſern Schau-Plaz zu geben, die Athenienſer durch
Heldenthaten zu beluſtigen und durch Eroberungen zu be-
reichern. Jch wurde alſo (ſo ſehr ich mich entgegen-
ſtraͤubte) mit unumſchraͤnkter Gewalt uͤber die Armee,
uͤber die Flotten, und uͤber die Schaz-Kammer, zum
Feld-Herrn gegen die abtruͤnnigen Jnſuln ernannt;
und da ich nun einmal genoͤthigt war, dem Eigenſinn
meiner Mitbuͤrger nachzugeben, ſo entſchloß ich mich,
es mit einer guten Art zu thun, und die Sache von
derjenigen Seite anzuſehen, welche mir eine erwuͤnſchte
Gelegenheit zu geben ſchien, den Anfang zur Ausfuͤh-
rung meiner eigenen Entwuͤrfe zu machen. Da ich
wußte, daß die Jnſulaner gerechte Klagen gegen Athen
zu fuͤhren hatten, und eine Regierung nicht lieben konn-
ten, von der ſie unterdruͤkt, ausgeſogen, und mit Fuͤſ-
ſen getretten wurden; ſo gruͤndete ich meinen ganzen
Plan ihrer Beruhigung und Wiederbringung auf den
Weg der Guͤte, auf Abſtellung der Mißbraͤuche, wo-
durch ſie erbittert worden waren, auf eine billige Maͤſ-
ſigung der Abgaben, welche man gegen ihre Freyheiten
und uͤber ihr Vermoͤgen, von ihnen erpreßt hatte; und
auf ihre Wiedereinſezung in alle Rechte und Vortheile,
deren ſie ſich als Griechen und als Bunds-Genoſſen,
vermoͤge vieler beſondern Vertraͤge, zu erfreuen haben
ſollten. Allein ehe ich von Athen abreiſen konnte, war
es um ſo noͤthiger, die Gemuͤther vorzubereiten und
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Saͤzen
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[341/0363] Siebentes Buch, ſechstes Capitel. endlich ſo gar den Koͤnig von Perſten in den Aufſtand von Euboͤa verwikelten, um dem Agathon einen deſto groͤſſern Schau-Plaz zu geben, die Athenienſer durch Heldenthaten zu beluſtigen und durch Eroberungen zu be- reichern. Jch wurde alſo (ſo ſehr ich mich entgegen- ſtraͤubte) mit unumſchraͤnkter Gewalt uͤber die Armee, uͤber die Flotten, und uͤber die Schaz-Kammer, zum Feld-Herrn gegen die abtruͤnnigen Jnſuln ernannt; und da ich nun einmal genoͤthigt war, dem Eigenſinn meiner Mitbuͤrger nachzugeben, ſo entſchloß ich mich, es mit einer guten Art zu thun, und die Sache von derjenigen Seite anzuſehen, welche mir eine erwuͤnſchte Gelegenheit zu geben ſchien, den Anfang zur Ausfuͤh- rung meiner eigenen Entwuͤrfe zu machen. Da ich wußte, daß die Jnſulaner gerechte Klagen gegen Athen zu fuͤhren hatten, und eine Regierung nicht lieben konn- ten, von der ſie unterdruͤkt, ausgeſogen, und mit Fuͤſ- ſen getretten wurden; ſo gruͤndete ich meinen ganzen Plan ihrer Beruhigung und Wiederbringung auf den Weg der Guͤte, auf Abſtellung der Mißbraͤuche, wo- durch ſie erbittert worden waren, auf eine billige Maͤſ- ſigung der Abgaben, welche man gegen ihre Freyheiten und uͤber ihr Vermoͤgen, von ihnen erpreßt hatte; und auf ihre Wiedereinſezung in alle Rechte und Vortheile, deren ſie ſich als Griechen und als Bunds-Genoſſen, vermoͤge vieler beſondern Vertraͤge, zu erfreuen haben ſollten. Allein ehe ich von Athen abreiſen konnte, war es um ſo noͤthiger, die Gemuͤther vorzubereiten und auf einen Ton zu ſtimmen, der mit meinen Grund- Saͤzen Y 3

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 1. Frankfurt (Main) u. a., 1766, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_agathon01_1766/363>, abgerufen am 22.11.2024.